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Spiele, die ich vermisse #80: Knight Games

Kennt ihr das auch, dass ihr euch beim Zurückblicken in eure Spielegeschichte manchmal fragt, welches das erste Spiel eines gewissen Genres war, das ihr jemals gespielt habt? Ganz ehrlich: Bei den meisten Genres kann ich diese Frage nicht beantworten. Das liegt wohl daran, dass ich früher nicht so oft nachgedacht habe, in welche Schublade man ein gewisses Spiel wohl stecken müsste und heute, wo ich es weiß, mir oft nicht mehr einfällt, welcher der vielen Titel dieses Zeitraums wohl „der erste“ gewesen ist. Warum ich darüber nachgedacht habe? Weil ich diese Woche aus mehreren Gründen des Öfteren an Knight Games auf dem C64 gedacht habe. Ob es mein erstes seiner Art war, kann ich euch heute nicht mehr mit Sicherheit sagen – aber dass es ein Spiel ist, das ich noch immer vermisse, sehr wohl!

Halten wir zunächst fest: Knight Games hat trotz seiner Namensgebung nichts mit den Epyx-Titeln Summer-, Winter-, World-, oder California Games zu tun, obwohl man eine gewisse Seelenverwandtschaft dann doch nicht abstreiten kann. Das Spiel von English Software Company simuliert acht verschiedene ritterliche Kampfdisziplinen, Medaillen wird man allerdings ebenso vergeblich suchen wie eine olympische Flamme (wobei eine Kerzenflamme eine wichtige Rolle spielt – aber dazu später mehr). Stattdessen geht es (meistens) Mann gegen Mann im fairen Zweikampf bis einer der Kontrahenten zu Boden geht.

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Aus genau diesen Gründen würde ich Knight Games auch definitiv heutzutage als Beat’em-Up der ganz klassischen Schule einsortieren – und damit meine ich eine Zeit, in der das Prügelgenre noch nicht mit jeder Menge Kombos und etlichen Moves aufwarten konnte. Knight Games beschränkt sich auf einen Feuerknopf und die Handvoll Richtungen, die der Joystick liefert – und präsentiert dennoch etliche Möglichkeiten, um unseren Kontrahenten mit unseren Waffen auf die Knie zu zwingen.

Waffen ist auch ein gutes Stichwort, denn die Wahl der Disziplin läuft eigentlich auf eine simple Frage hinaus: Mit welchem Instrument wollen wir dem Gegner den Kopf einschlagen? Zur Auswahl stehen dabei Schwerter (gleich zwei Mal), der Quarter Staff, die Pike, der Flegel, die Axt sowie der Bogen und die Armbrust. Klingt nach Abwechslung? Leider nicht so ganz, vor allem aus heutiger Sicht. Denn auch wenn die Wahl der Waffen bestimmte, in welcher Arena wir gegeneinander antraten, blieb das Kampfsystem (mit zwei Ausnahmen) gleich.

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Im Kampf auf Leben und Tod (oder auch nur die Ehre, denn gestorben wurde hier nicht) trafen sich immer zwei Kontrahenten (war kein zweiter Spieler zur Hand, übernahm der Computer) in der jeweiligen Arena. Jeder von ihnen hatte zu Beginn 10 Energiepunkte (ersichtlich am linken Rand), die bei jedem Treffer abnahmen. Fielen sie auf null, war das allerdings noch nicht das Ende des Kampfes, denn da gab es noch zehn Schilde pro Spieler (am oberen Bildrand), von denen eines verbraucht wurde, wenn die Energie auf null sank, damit sich diese wieder voll auffüllte. Erst wenn alle Schilde und die Energie verbraucht waren, stand der Sieger fest – außer natürlich, wenn die Zeit vorher ablief.

Dass diese hohe Anzahl an benötigten Treffern dafür sorgte, dass die Matches recht lange dauern, könnt ihr euch vorstellen. Das sieht man auch daran, dass man zu Beginn des Spiels die Dauer der Partie festlegen konnte (was gleichzeitig den Schwierigkeitsgrad der KI bestimmte)  – und die maximale Dauer des Gefechts lag bei acht Minuten. Welches Beat’em-Up hat heute noch so lange Runden? Angezeigt wurde die verbleibende Zeit übrigens mithilfe einer Kerze am linken Bildrand, die langsam nach unten brannte – ein schöner, passender Effekt.

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Die beiden Ausnahmen der „alles ist gleich“-Regel waren die beiden Fernkampf-Disziplinen. Sowohl mit Bogen als auch Armbrust wurde auf Ziele geschossen, wobei die Bolzen auf statische, aufgehängte Ziele (die sich ab und an drehten) gefeuert wurden und der Mann mit dem Bogen auf sich von rechts nach links bewegende Pferdemodelle schoss. Wer hier am besten mit dem Zittern des Cursors (der natürlich auch mit dem Joystick bewegt wurde) umgehen konnte und gutes Timing bewies, machte hier ordentlich Punkte. Wer nicht genug Geduld hatte, schoss allerdings regelmäßig vorbei.

Die gerade erwähnten Punkte gab es übrigens in jeder Disziplin und er blieb auch das große Ziel des Spiels – wie bei vielen Titeln der damaligen Zeit galt es als große (und oft einzige) Motivation, sich in die Highscore-Listen einzutragen. Die wesentlich interessantere Möglichkeit – ein großes Turnier zu simulieren und a la Summer Games einen Gesamtsieger zu küren, gab es in Knight Games übrigens nicht – man spielte einfach jene Kampfarten, die einem Spaß machten, und trug sich in die Listen ein. Eine andere Motivation gab es nicht, noch nicht einmal einen „Spiele alle Level nacheinander“-Modus.

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Bei all den Haaren in der Suppe, die ich jetzt schon erwähnt habe, ist es allerdings dringend an der Zeit, in meine eigenen Erinnerungen zu wechseln – und damit auch die Perspektive zu verändern. Viel Kritik an dem Spiel kann ich nämlich vor allem deshalb äußern, weil ich weiß, dass es besser geht und Knight Games nach heutigen Maßstäben ein sehr simples Spiel ist. Damals, mit meinen sieben oder acht Jahren, als ich den Titel das erste Mal spielte, war es allerdings ein interessantes Spiel mit abwechslungsreichem Gameplay. So viele Waffen! So viele Möglichkeiten, den Gegner zu vermöbeln (natürlich war mir damals rasch klar, dass sich alles wiederholt – Spaß machte es trotzdem)! Und hey, wer wollte nicht immer schon mal im Sand einer Arena auf einen Gegner einschlagen oder auf einem Baumstamm über einem Fluss versuchen, den Kontrahenten herunterfallen zu lassen?

Damit sind wir schon beim letzten wichtigen Punkt, nämlich dem Flair des Spiels. Auch wenn Knight Games spielerisch nicht das perfekte Spiel war (eben auch damals nicht), war es in Sachen „rundherum“ wirklich nett anzusehen und auch anzuhören, was dem Titel das passende Mittelalter-Feeling verpasste. Jeder Kampfart hatte ihren eigenen Hintergrund, der mit kleinen Details zum Leben erweckt wurde, jede Waffe ihre eigenen, durchaus durchdachten Animationen, und der Sound bot einen hübschen Synthi-Mittelalter Soundtrack, den ich bis heute sofort wieder erkennen würde. Das sorgte dafür, dass man dann doch immer wieder zurückkam und noch ein paar Matches gegen die KI (oder, natürlich noch besser, gegen einen menschlichen Gegner) spielte.

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Damit sind wir wohl auch an dem Punkt mit der Frage, warum ich Knight Games vermisse: Es ist wohl nicht das erste Beat’em-Up meiner Spielegeschichte (nach langem Nachdenken bin ich mir ziemlich sicher, dass dieser Preis wohl an International Karate oder Yie Ar-Kung-Fu gehen müsste), aber auf seine eigene Art so einzigartig, dass ich mich bis heute an dieses Spiel erinnern muss. Immerhin: Wie viele Mittelalter-Beat’em-Ups fallen euch ein? Es gibt natürlich mittlerweile einige Titel des Genres, die den Kampf mit Waffen simulieren (nicht zuletzt Soul Calibur), aber Ritter mit Schwertern und Rüstungen in einem echten Mittelaltersetting? Mir fällt hier nicht wirklich ein Nachfolger ein (man darf mich aber gerne korrigieren). Dazu kommt die Musik, die Optik … und jede Menge Nostalgiebrille. Denn klar, vom heutigen Standpunkt aus macht Knight Games vermutlich keine fünf Minuten mehr Spaß. Damals hingegen kämpfte ich Runde um Runde. Wohl nur ein Beweis, wie weit sich das Genre seit damals entwickelt hat …

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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