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Review: Pants Quest

Dude, where's my pants?

Es ist fünf Uhr. Der Wecker klingelt. Der Regen prasselt herunter. Eigentlich wollen wir gar nicht aus dem Bett, aber irgendwann siegt doch das Pflichtbewusstsein – schließlich ruft ja die Arbeit. Doch kaum den warmen Federn entstiegen, bahnt sich eine große Katastrophe im Leben von Protagonist Dave an: Nein, niemand will sein Haus abreißen, kein Piratenschatz will gehoben werden und auch keine unfreiwillige Reise in ein Fantasy-Reich ist angesagt. Es ist viel schlimmer: Dave hat keine Ahnung, wo seine Hose hingeraten ist!

Ein Abenteuer der Einfachheit

Nein, bei diesem Setting handelt es sich nicht um den Prolog eines wesentlich größeren Spiels: Daves Jagd nach seiner Hose ist tatsächlich die ganze Story des – zugegebenermaßen nicht besonders langen – Point’n’Click-Adventures Pants Quest. „Knapp eine Stunde“ sollen Spieler für die Story brauchen, sagen die Entwickler. Im Detail hängt dies natürlich stark von eurer Kombinationsgabe und Findigkeit ab, aber in unserem Test kommt die Angabe tatsächlich ganz gut hin. Diese Zeit ist dicht gefüllt mit zahlreichen Katastrophen, existenziellen Krisen und im Endeffekt recht logischen, realistischen Puzzles. Nicht immer ist klar, was als nächstes zu tun ist, nicht immer ist jede Wendung logisch, der Humor (ja, trotz des miserablen Tages, den unser Protagonist hat, kommt der Spaß – oder sollten wir Schadenfreude sagen? – nicht zu kurz) nicht immer treffsicher und Dave beginnt manchmal etwas zu sehr in ein Loch zu fallen und in depressive Tiraden zu verfallen. Ja, es ist irgendwie realistisch, in diesen Momenten die Nerven wegzuschmeißen – und diesen Ton treffen die Texte durchaus -, aber es hätte vielleicht geholfen, diese Monologe wahlweise etwas zu straffen oder zu vertonen. So wie sie sind haben diese Momente, die abseits der eigentlich witzigen Prämisse auch eine Geschichte von einem Mann in der Krise erzählen, nicht ganz die Power bekommen, die sie haben könnten.

Retro-Feeling

„Nicht vertonte Dialoge“ passt allerdings zu dem Feeling, das Pants Quest ausstrahlen möchte: Hier haben wir es mit einem modernen Vertreter der klassischen Point’n’Click-Adventures zu tun, inklusive Old-School-Pixeloptik. Diese ist auch gut gelungen: Vor allem die (recht wenigen) Räume sind in ihrem Retro-Charme mit liebevollen Details ausgestattet, aber auch die Animationen (vor allem von Daves Katze, die ein heimlicher Star des Spiels ist) wissen zu gefallen. Und in noch einem Punkt hat man sich an den Klassikern orientiert: Das Interface erinnert an eine deutlich reduzierte LucasArts-Adventure-Steuerung. Sie bietet zwar nur vier Verben, die aber völlig reichen, um das Spiel zu beenden. Schade nur, dass man dabei einige Komfort-Funktionen, die schon in den 90ern des vorigen Jahrhunderts üblich wurden, vergessen hat: So fehlt zum Beispiel die Default-Interaktion per rechter Maustaste (durch die „typische“ Aktionen für ein Objekt, wie das Öffnen einer Tür, ausgelöst werden). Stattdessen bleibt es einem nicht erspart, etwas umständlich für jede Tat den passenden Befehl vom unteren Rand des Screens zu wählen – ein wenig schneller geht es, wenn man sich die Hotkeys für die Kommandos merkt. Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil das Spiel auch keine „impliziten Aktionen“ kennt, sondern zum Beispiel von euch verlangt, die Mikrowelle zu öffnen, bevor man etwas hineinstellt, statt das automatisch beim Benutzen eines Objekts mit dem Gerät zu tun. Kein Beinbruch (und für manche vielleicht ein Ausdruck davon, wie schlecht Dave mit dieser Situation klarkommt), aber von einem spielerischen Standpunkt haben wir das schon eleganter gelöst gesehen.

Klischee-Falle?

Das Adventure-Genre ist bekannt dafür, dass es einige Gameplay-Tropes bedient, die manche Spieler mehr und manche deutlich weniger stören. Auch Pants Quest tappt in so manches Klischee hinein, was vielleicht gerade deshalb auffällt, weil die Situationen irgendwie alltäglich (wenn auch deutlich überspitzt) sind. Dave will sich mit manchen Dingen erst beschäftigen, wenn das aktuelle Problem überwunden ist, man löst die meisten Rätsel, indem man alles mitnimmt, was nicht niet- und nagelfest ist, automatisch reißt man als erstes alles Schränke auf und manche Puzzles sollten sich rein logisch auf mehr als eine Art bewältigen lassen, was aber vom Spiel so nicht vorgesehen ist. Andere Dinge sind wieder trotz realistischem Setting unrealistisch komplex. Auch Daves Gedächtnislücken müssen für die Spieldauer einfach zu oft als Erklärung herhalten, warum wir uns einmal mehr auf Hinweissuche begeben oder sogar ein Videospiel im Videospiel zocken müssen. All das mögen klassische Klischees des Genres sein – gerade in dieser Kürze fallen sie aber dann doch stark auf. Und gerade wegen der Kürze muss auch der Preis Thema sein: Für die knappe Spielzeit und genretypisch kaum vorhandene Replayability empfinden wir den Preis von rund acht Dollar (ein Euro-Preis war zum Zeitpunkt des Reviews noch nicht bekannt) gerade noch akzeptabel, aber auch klar an der oberen Grenze.

Fazit

Wertung - 7

7

kurz, nicht immer knackig

Wer glaubt, in Videospielen muss es immer um die Rettung der Welt, zumindest eines Königreiches/Landes oder etwas ähnlich Großes gehen, sollte einen Blick über den Tellerrand werfen: Pants Quest macht aus einer recht simplen Alltagssituation ein kleines Abenteuer und eine Exkursion in einen zunehmend verzweifelten Geist. Die Präsentation und das Design zeigen, dass die Entwickler das Genre lieben – und das vielleicht sogar zu sehr, um nicht in so manche Klischeefalle zu tappen. Wer mit dem klassischen Point’n’Click-Adventure nichts anfangen kann, ist hier falsch. Für Genrefans ist Pants Quest aber ein kurzweiliges (und auch wirklich kurzes) Erlebnis mit ein paar netten Rätseln über die Frustration, die in alltäglichen Tätigkeiten stecken kann.

Genre: Adventure
Entwickler: Ghostcat
System: PC/Mac
Erscheint: 1. März 2922
Preis: ca. 8 Euro

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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