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Review: Monolith

Mehr klassisch geht fast nicht

Zu einer Zeit, als das Point’n’Click-Adventure im Sterben lag, waren es Firmen wie Animation Arts, die das Genre am Leben erhielten. Mit Geheimakte Tunguska und dessen Sequels sowie der Lost Horizon-Reihe lieferten sie bei Fans beliebte, aber auch wirtschaftlich erfolgreiche Spiele ab, die das Genre zwar nicht revolutionierten, aber nach dem Aus der großen Studios der 80er und 90er qualitatives Futter für Rätselfans auf die Bildschirme zauberten. Nach einigen Jahren Pause wagen sie nun mit Monolith ein Comeback. Ist es gelungen?

Fremde auf einem fremden Planeten

Tessa Carter hat ein Problem: Ihr Raumschiff ist auf einem fremden Planeten abgestürzt, ihr Co-Astronaut Mark ist spurlos verschwunden, und einige gewaltige Gedächtnis- und Logbuchlücken lassen die Frage unbeantwortet, warum sie überhaupt ist, wo sie ist. Gemeinsam mit einem kleinen, fliegenden Analyseroboter namens C.O.R.E. versucht sie, dem mysteriösen Planeten zu trotzen und irgendwie zu ihrer Familie zurückzukehren. Doch je mehr sie über ihren Aufenthaltsort und über ihre Vergangenheit erfährt, desto mehr Fragezeichen tun sich auf …

Alpha und Omega

Wir verkneifen uns an dieser Stelle, weiter in das Mysterium der Story einzutauchen, ist sie doch der heimliche Star der Geschichte, die uns durch die diversen Kapitel durchzieht. Leider gibt es dabei zwei Einschränkungen: Tatsächlich ist der Einstieg in das Spiel etwas langatmig geraten und erst nach rund eineinhalb Kapiteln (und einer labyrinthartigen Erkundung der Planetenoberfläche, die uns etwas zu sehr an die 80er erinnern) kommen wir im eigentlich interessanten Teil der Story an, in dem auch Tessa – vor allem in ihren Dialogen mit C.O.R.E. – an Profil gewinnt. Und: Das Ende der Geschichte ist ein radikaler Stilbruch, der die Sci-Fi-Story in eine unerwartete Richtung dreht. Mehr können wir an dieser Stelle nicht verraten, um Spoiler zu vermeiden, weshalb wir einfach festhalten: Dieser Twist wird nicht jedem gefallen und könnte so manchem auch das Spiel vermiesen.

Spielen wie damals

Animation Arts schreibt über sich selbst „Adventures sind unsere Leidenschaft“. Und das merkt man, denn ihre Spiele stehen in der Tradition der großen Klassiker. Der Haken daran? Die großen Klassiker des Genres haben mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel, in denen sich das, was wir von Spielen erwarten, verändert hat. Deshalb haben sich die Nachfahren von Monkey Island & Co. auch aufgespalten: Auf der einen Seite stehen Versuche, das Genre in die Moderne zu führen (wie zum Beispiel die späteren Telltale-Titel), auf der anderen Seite jene, die versuchen, den Charme und das Feeling der großen Vorbilder zu bewahren. Monolith gehört definitiv in die zweite Kategorie und kann damit zwar auf ein solides Adventure-Gerüst aufbauen (vor allem die Steuerung sollte Kennern des Genres nicht schwerfallen, auch wenn wir hier einmal mehr beobachten, dass die PC-Version mit Maus die Nase vor der Switch-Version mit Touchscreen oder Controller hat), fällt damit aber leider in typische Point’n’Click-Fallgruben: Die Geschichte ist linear und immer wieder scheitern wir an Puzzles, weil die vom Spiel vorgegebene Lösung nicht der entspricht, die wir uns ausgedacht haben; auch wenn die Rätsel in Monolith grundsätzlich gut in der Welt eingebettet sind und nie völlige Abstrusität erreichen, hakt es manchmal an Kleinigkeiten (und sei es nur, dass ein Item im Inventar kleiner aussieht, als es eigentlich ist). Hier helfen vor allem klassische Adventure-Lösungen wie „grase alle Hotspots ab“ (das Spiel bietet immerhin eine Hotspot-Anzeige), „kombiniere alles mit allem“ und natürlich „sammle einfach alles ein, was herumliegt“ (letzteres lässt das Spiel allerdings nicht immer zu und manches kann auch erst mitgenommen werden, wenn die Zeit dafür reif ist). Das soll keine zu harsche Kritik sein, sondern vielmehr klarstellen: Monolith erfindet das Rad nicht neu, sondern macht ein Point’n’Click-Adventure der klassischen Art, wie sie Fans seit Jahren lieben, ohne aber jenen, die die Formel altbacken finden, entgegenzukommen. Übrigens: Solltet ihr völlig hängenbleiben, gibt es ein eingebautes Hint-System, das allerdings zwei Haken hat: Erstens gibt es keine vorsichtigen Hinweise, sondern spuckt gleich relativ umfangreiche Informationen über die nächsten Aufgaben aus. Zweitens ist es so gut in den Einstellungen versteckt, dass wir es erst am Ende unseres Durchlaufs entdeckt haben.

Minigames? Wer hat Minigames bestellt?

Neben den klassischen Adventure-Puzzles hat Animation Arts aber auch einige Minigames eingebaut, bei denen wir zum Beispiel (gleich mehrfach) Geräte neu verkabeln, Zahnräder umpositionieren, Routen planen oder auch jemanden mit richtigen Argumenten überzeugen müssen. All diese Spiele sind optional, wer sich partout dieser Aufgabe nicht stellen will, kann diese Rätsel (manchmal erst nach ersten Versuchen) überspringen. In unserem Test sind wir aber nur sehr selten in Versuchung gekommen, das zu tun: Die Aufgaben sind nur in Ausnahmefällen aufwendig oder so knifflig, dass sie zu Showstoppern werden – das haben wir in anderen Spielen schon schlimmer gesehen.

Spielen wie damals – Teil 2

Apropos „schlimmer gesehen“. Es gibt noch einen Punkt, an dem wir uns bei Monolith an alte Spiele erinnert fühlen – und das ist leider die Präsentation. Die bisherigen Animation Arts-Titel entstanden mit Publisher Koch Media in Hinterhand (auch wenn man betont, damals schon „Indie“ gewesen zu sein) – heute müssen sie das Projekt mit einem kleinen Team allein und ohne größere Finanzierung stemmen. Und das merkt man leider: Die Hintergründe sind zwar ansehnlich gezeichnet, hätten aber vor Jahren schon ähnlich realisiert werden können; die Figuren sind in Ordnung, sofern sie nicht im Close-Up gezeigt werden; die Animationen sind bisweilen eckig, gehen schon mal durch Objekte durch oder symbolisieren eher die aktuelle Aufgabe, als ihr wirklich zu entsprechen. Manche Aktionen werden auch gar nicht animiert. Auch die CG-Cutscenes wirken eher angestaubt. Und während der Soundtrack zumindest atmosphärisch ist, ist die Sprachausgabe wohl das größte Problem des Spiels: Bei einem Titel, der vor allem mit Charakteren punkten sollte, können die Sprecher (zumindest in der von uns gespielten deutschen Fassung) nur selten die passende Stimmung rüberbringen. Während das – wie die Entwickler selbst zugeben – dem geringeren Budget geschuldet ist, ist aber auch der Tonfall des Spiels nicht ganz gleichmäßig gelungen. Wenn in ernsten Szenen plötzlich Anspielungen auf Asterix oder Monkey Island auftauchen, darf man sich schon fragen, ob diese netten kleinen Gags vielleicht an anderen Stellen besser positioniert gewesen wären. Hier hätte – so wie bei manchen anderen Punkten – das kritische Auge eines Publishers und ein wenig mehr Polishing nicht geschadet.

Fazit

Wertung - 7

7

Von Fans, nur für Fans

In der Zeit nach LucasArts und Sierra gehörte Animation Arts für mich zu jenen, die das Leuchtfeuer der Adventures hochhielten. Zwar waren ihre Spiele immer eher ernster und damit mehr Indiana Jones denn Monkey Island, aber dafür die Puzzles logisch, ohne zu leicht zu werden. Mit dieser Einstellung bin ich in Monolith hineingegangen – und habe über weite Strecken bekommen, was ich erwartet habe. Das Sci-Fi-Abenteuer ist ein Adventure der alten Schule, das viele klassische Tugenden – aber auch klassische Fallstricke – vereint. Wer damit nichts anfangen kann, ist hier falsch, denn nur wenn einem dies zusagt, kann man auch über die Nachteile hinwegsehen: Eine Storyline, die so zaghaft beginnt, das zu befürchten ist, dass Spieler vielleicht vor dem interessanten Teil aufhören, und mit einem harten, aber irgendwie seltsamen Twist endet, und die doch deutlichen Schwächen in der Präsentation. Und damit bleibt eigentlich nur ein Fazit: Von Fans, aber definitiv nur für Fans.

Genre: Adventure
Entwickler: Animation Arts
System: PC, Switch
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 15 Euro

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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