HighlightNewsVideogame-ReviewVideogames

Review: Super Mario RPG

Ist es ein Remake? Ist es ein Remaster? Es ist ein Mario-Rollenspiel!

Es hätte ein ganz normaler Tag im Pilz-Königreich werden können: Prinzessin Peach wurde von Fiesling Bowser entführt und Mario tritt an, um sie aus seiner Festung zu befreien. Doch dann kommt alles anders: Ein gewaltiges Schwert fällt vom Himmel, durchbohrt Bowsers Domizil und lässt unsere Helden (und ihre Gegenspieler) in alle Himmelsrichtungen davonfliegen. Bald darauf ist klar: Das Schwert gehört Bösewicht Schmiedrich, der die Welt unterjochen will. Ihn aufzuhalten, ist eine große Aufgabe, bei der alte Bekannte, neue Freunde und sogar ehemalige Feinde zusammenarbeiten müssen …

Es war einmal, vor langer, langer Zeit …

Eins vorweg: Super Mario RPG ist kein neues Spiel, sondern erschien 1996 für das Super Nintendo als Koproduktion der Final Fantasy-Macher Squaresoft mit Nintendo. Obwohl es von Fans geliebt wird und als Geheimtipp gilt, blickten Mario-Fans in Europa eher durch die Finger: In den USA hält Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars (so der ursprüngliche Titel) die Position als das letzte Mario-Spiel und der letzte Squaresoft-Titel für das Super Nintendo, das knapp darauf vom Nintendo 64 abgelöst wurde; nach Europa kam das Spiel hingegen zunächst gar nicht. Eine PAL-Anpassung sowie die nötigen Übersetzungen schienen zu teuer für den Titel, der deshalb – wie so viele andere JRPGs – nur Import-Spielern vorbehalten blieb. Dennoch ist die jetzige Neuauflage für die Switch bei weitem nicht die erste Möglichkeit, das Spiel hierzulande zu spielen: Der Titel erschien in Europa bereits für die Virtual Console auf Wii sowie Wii U und war Teil der Spielesammlung auf dem Super NES Mini, was vielen Fans die Gelegenheit gab, diese Perle endlich nachzuholen.

Final Mario Fantasy

Doch wie spielt sich eigentlich Super Mario als Rollenspiel? Hier fällt auch in der aktuellen Version auf, dass sich die beiden Original-Entwicklerteams bei ihren jeweiligen Stärken bedient haben: Mario und seine zunehmend größer werdende Party reist per Übersichtskarte (auf eine echte Überlandkarte a la Final Fantasy hat man verzichtet) zu den diversen Abschnitten. In Städten gibt es frische Ausrüstung und Items, aber auch jede Menge Gespräche, die die Story vorantreiben. Geht es hier normalerweise friedlich zu, seid ihr in den anderen Abschnitten umso mehr gefordert: Hier gilt es, Gegnern auszuweichen oder sie zu bekämpfen (es gibt keine Random Encounter, ein Kampf beginnt, wenn man einen Feind berührt), Schatzkisten zu finden, Puzzles zu lösen und natürlich den richtigen Ausgang zu erreichen. All das erinnert natürlich in erster Linie an Final Fantasy, Chrono Trigger und Co, bekommt aber auch einen klaren Mario-Twist: Gezeigt wird die Welt nämlich in isometrischer Perspektive, was erlaubt, dass unser rotbemützter Klempner seine (im Spiel übrigens wahrlich legendäre) Sprungkraft beweisen kann und so mancher Abschnitt mit Plattforming-Elementen (allerdings niemals auf dem Niveau und schon gar nicht der Präzision der Mario-Jump’n’Runs) spielt.

Feuerball!

Das Kampfsystem erinnert ebenfalls an Squaresoft-Klassiker, abgeschmeckt mit Mario-Elementen: In den Kampfarenen treten jeweils drei eurer Kämpfer (Mario ist immer dabei) gegen die Gegner an, indem sie normale Angriffe durchführen, Spezial-Techniken oder Items nutzen oder auch mal die Flucht ergreifen. Dieser klassische Rundenkampf (übrigens ohne das damals in Final Fantasy übliche ATB) bekommt aber dennoch sein eigenes Flair, da die Entwickler Action-Elemente eingebaut haben: So wird ein Angriff stärker, wenn ihr zum richtigen Zeitpunkt (der sich mit der aktuellen Waffe des Helden durchaus ändern kann) auf den A-Button drückt, während bei einer Gegnerattacke so Schaden vermieden werden kann. Das alles kommt euch bekannt vor? Kein Wunder: Auch wenn Super Mario RPG damals keine direkte Fortsetzung erhielt, wurden die Ideen des Rollenspiels für zwei weitere Serien verwendet, die sich als spirituelle Nachfolger sehen dürfen: Paper Mario und (hier merkt man die Verwandtschaft wohl am stärksten) die Mario & Luigi-Reihe. Tatsächlich versteckt sich hier auch schon der erste Pferdefuß, den wir erwähnen wollen: Im Laufe der Zeit wurde so manche Idee weiterentwickelt (zum Beispiel, dass man sich einen Vorteil in den Kämpfen verschaffen kann, indem man in der Spielwelt die Gegner richtig attackiert), findet sich hier aber noch in der alten Version. Das mag Fans des Originals freuen, wer erst jetzt dazu kommt, mag das aber eher als Rückschritt empfinden, weil man aus späteren Spielen die erweiterten Möglichkeiten kennt.

Remaster oder Remake?

Generell muss man sagen, dass ArtePiazza, die Entwickler der neuen Version, sich redlich bemühen, das Flair von damals einzufangen – sogar so gründlich, dass man Super Mario RPG wohl eher als Remaster denn als Remake zu bezeichnen würde. Klar: Die Grafik wurde überarbeitet und die Pixelgrafik mit vielen Render-Elementen, die nach heutigen Standards suboptimal gealtert ist, wurde durch einen aktuellen Anstrich ersetzt, der sich bemüht, den Charme zu erhalten. Leider muss man dabei ehrlich sagen, dass Super Mario Bros. Wonder hier die Latte ein wenig zu hoch gelegt hat – die Grafik hat ihren Charme, aber sie erreicht nicht die Klasse des aktuellen Mario-Plattformers. Das liegt aber wohl auch daran, dass die Entwickler in Sachen Neuerungen nur behutsam vorgingen: Sowohl die isometrische Perspektive als auch das Leveldesign wurde übernommen – wer nicht weiterkommt oder ein Geheimnis partout nicht entdecken kann, kann auch in der neuen Fassung auf einen Guide zur SNES-Version zurückgreifen und sollte fündig werden. Der Vorteil dieser Entscheidung ist aber, dass der Charme und Humor des Originals in die neue Version übertragen werden konnten: Witzige Animationen und Gags prägen das Spiel ebenso wie pfiffige Dialoge (übrigens auch auf Deutsch), schräge Situationen, die vielleicht teilweise in einer anderen Ansicht verloren gegangen wären – Super Mario RPG macht einfach Spaß mit seiner Leichtigkeit. Der Preis dafür ist, dass sich das Spiel etwas altbacken anfühlt, was Fans klassischer JRPGs allerdings wohl nicht stören wird. Wer hingegen auf ein umfassendes Remake gehofft hat, so wie Square Enix Final Fantasy VII völlig überarbeitet hat, wird vermutlich enttäuscht sein.

When you wish upon a Star …

Ganz so einfach macht es uns ArtePiazza dann aber auch wieder nicht, das Spiel einfach in die „Remaster“-Schublade zu stecken. Es gibt nämlich sehr wohl jene Stellen, an denen am Gameplay etwas stärker geschraubt wurde – und das ist vor allem im Kampf. Besonders auffällig ist dabei eine neue Anzeige, die sich mit perfekten Angriffen und Verteidigungsmoves füllt. Bei 100% erlaubt sie schließlich mächtige Trio-Attacken, die je nach dem aktuellen Team unterschiedliche Effekte haben, aber auf jeden Fall ordentlich Rums machen (und auch nette neue Animationen zeigen, die aber zum Glück übersprungen werden können – nach einiger Zeit kennt man sie dann doch schon zu gut). Darüber hinaus sind perfekte Angriffe nun aber auch doppelt nützlich, da sie nicht nur dem eigentlichen Ziel schaden, sondern auch die restlichen Gegner treffen – und wer mehrere perfekte Attacken und Paraden hintereinander hinbekommt, profitiert sogar von Ketten-Boni. Nichts davon ist so weltbewegend, dass es die Gameplayformel wirklich verändert, aber diese und andere Quality of Life-Features (wie Auto-Saves oder eine verbesserte Menüführung) helfen, das Spiel auch für neue Spieler zugänglich zu machen. Neben der Grafik wurde übrigens auch die Musik von Yoko Shimomura überarbeitet, als Bonus könnt ihr aber auf den Original-Soundtrack wechseln und SNES-Chiptune-Musik genießen. Und wenn euch am Ende des (übrigens nicht allzu langen) Spiels noch eine Herausforderung fehlt, könnt ihr euch mit einigen der Bossgegner auf ein Rematch einlassen – aber sagt nicht, dass wir euch nicht gewarnt hätten …

Fazit

Wertung - 8

8

Klassiker reloaded

Ich würde mich ja eigentlich als Super Mario- und selbstverständlich auch als Squaresoft-Fan bezeichnen – trotzdem habe ich das klassische Super Mario RPG auf der Virtual Console nur kurz angespielt. So sehr ich den 16-Bit-Pixel-Look des SNES eigentlich liebe, so schlecht gealtert empfinde ich die Optik jener Titel, die auf Renderelemente setzen - und damit ging für mich leider der Charme der alten Version so ganz ohne Retro-Brille verloren. Die Neuauflage war nun aber eine willkommene Gelegenheit, die Vergangenheit nachzuholen und einige vergnügliche Stunden mit dieser neuen Version des Klassikers verbringen zu können. ArtePiazza versucht dabei den Spagat, möglichst viel zu erhalten, aber dort Verbesserungen anzubringen, wo sie sinnvoll erscheinen. Das Resultat versprüht klassischen Humor und die Stärken der alten JRPG-Ära, mag aber vielleicht manchem modernen Gamer trotzdem noch ein wenig zu angestaubt sein: So charmant die Grafik auch ist, so liebevoll die Animationen auch sein mögen – mit dem modernen Look von Super Mario Bros. Wonder können sie nicht mithalten; auch das Gameplay setzt eher auf das Feeling des SNES-Klassikers als auf modernere Ideen – wenngleich die Änderungen, die dann doch gemacht wurden, durchaus willkommen sind. Gesamt erfindet Super Mario RPG den Klassiker nicht neu – und will es wohl auch gar nicht; stattdessen bekommen wir einen neuen Anstrich für eine Perle von damals, ein Spiel zwischen Remaster und Remake (auch wenn das Pendel wohl eher Richtung Remaster gehen würde) und ein Fest für all jene, die Super Mario RPG damals verpasst haben und es gerne nachholen würden. Aber auch all jene, die Mario-Fans sind, aber normalerweise eher einen Bogen rund um RPGs machen, dürfen ein Probespiel wagen – die Rollenspielmechaniken sind eher „light“ und die Zeitinvestition bis zum Abspann relativ kurz. Aber der Weg dorthin steckt voller Mario-Charme, liebenswerten Figuren und einem ganz eigenen Humor, der die Reise definitiv wert ist …

Genre: Rollenspiel
Entwickler: ArtePiazza
System: Switch
Erscheint: 17. November 2023
Preis: ca. 60 Euro

Jetzt bestellen und SHOCK2 direkt unterstützen!

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"