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Asterix Review Special (20): Asterix auf Korsika

Wir schreiben den 4. Januar 1973, als in Ausgabe Nummer 687 das neue Abenteuer von Asterix zum ersten Abdruck kommt. Warum ich das so monumental einleite, fragt ihr euch?
Dies hat zwei Gründe.
Zum einen handelt es sich bei „Asterix auf Korsika“ („Asterix en corse“ im Original) um das inzwischen zwanzigste Abenteuer des kleinen Galliers und das wollen Rene Goscinny und Albert Uderzo natürlich gebührend feiern. Doch dazu später mehr. Es ist aber auch das letzte Abenteuer, welches in der Jugendzeitschrift Pilote zum Vorabdruck gelangt. Diese Entwicklung zeichnete sich schon seit geraumer Zeit ab und so war die Entscheidung Asterix aus dem Magazin zu nehmen nur eine logische Konsequenz, die dem weiteren Erfolg der Gallier jedoch keinen Abbruch tat. Noch im gleichen Jahr wird das Abenteuer von Dargaud mit einer Erstauflage von 1,3 Millionen Exemplaren veröffentlicht. In Deutschland wurde den Lesern erstmals in den Ausgaben 9 bis 23 von MV Comix des Ehapa Verlages das korsische Abenteuer präsentiert, bevor es zwei Jahre später, 1975, als großer Asterix-Band XX veröffentlicht wurde.

Doch nun zurück zu den Feierlichkeiten der beiden geistigen Väter. Statt der gallischen Karte gibt es diesmal die Karte von Korsika zu sehen und auch die Vorstellung der wichtigsten gallischen Helden wurde gestrichen. An deren Stelle gibt es feierliche einleitende Worte der Autoren. Auch sind diesmal nicht die Erwachsenen jene, welche das Abenteuer einleiten, sondern die Kinder des gallischen Dorfes, die sich aber ganz getreu ihren Eltern verhalten. Mit diesen Bildern starten Goscinny und Uderzo lustiges und dennoch nachdenkliches Abenteuer auf einer fremden, aber trotzdem von den Römern besetzten Insel. Der Insel des Kaisers, Napoleon Bonaparte. Und was darf zu einem Jubiläum nicht fehlen?
Gäste, und davon gab es in den vergangenen 19 Abenteuern viele. So sind zum großen Jahresfest von Gergovia viele Freunde der Gallier eingeladen. Da wären zum Beispiel der Schweizer Seewirt, der auch gleich einen original Schweizer Käse mitbringt, Costa y Bravo aus Spanien, Verratnix aus Rom, ein Freund von Troubadix, die Briten Teefax, Sebigbos, Fünfuhrteefix, Mac Teefürzweifix und Relax. Außerdem darf auch nicht Alkoholix der Arverner fehlen, dem Majestix sein Schild verdankt. Es sind zwar noch viele mehr, aber alle hier aufzuzählen würde den Umfang dieser Einleitung sprengen.

Alte Freunde und Gäste im gallischen Dorf.

Um die Geschichte und die Landschaften möglichst originalgetreu abzubilden (soweit man dies von einer erfundenen Geschichte behaupten kann) reisten Goscinny und Uderzo für ein paar tage nach Korsika. Sie recherchierten, dokumentierten, fertigten Pläne an und besuchten Städte und Ruinen. Und sie fotografierten eine ganze Menge. Nur um diese Pracht dann in seine Bilder einfließen zu lassen. Leider, so musste Uderzo später zugeben, wurden die Bilder den wahren Landschaften aus Zeitmangel nicht gerecht.

Der korsische Häuptling Osolemirnix.

Auch wenn die Landschaften Korsika nicht gerecht werden, so ist doch die lebhafte Darstellung der Korsen als sehr gelungen zu bezeichnen. Natürlich lassen es sich Goscinny und Uderzo nicht nehmen, wieder ein paar Anspielungen einzubauen. So ist die Figur des Osolemirnix an den Sänger Tino Rossi angelehnt, der mit seinem Hit „O sole mio“ 1938 Weltruhm erlangte. Des Weiteren gibt es mehr als nur einen Seitenhieb auf den berühmtesten Sohn der Insel, Napoleon. Als Osolemirnix von seiner „Großen Armee“ spricht, zielt dies auf die Grande Armée ab, mit der Napoleon 1812 gegen Russland ins Feld zog. Und noch einmal darf der korsische Häuptling Osolemirnix diesmal gleich als doppelte Referenz an den Kaiser der Franzosen gewertet werden. Da wäre nicht nur seine Haltung mit der Hand im Wams, sondern auch die Aussage: „Ein Kaiser, den die Korsen akzeptieren, muss Korse sein!“

Asterix auf Korsika
(Egmont, September 1975)

Das große Jahresfest von Gergovia steht vor der Tür und alle Freunde der tapferen Gallier werden erwartet. Aus Spanien, Britannien, der Schweiz und von überall kommen sie angereist, um mit ihren Freunden zu feiern. Dazu gehört es auch, dass zu diesem Festtag die um das Dorf liegenden römischen Befestigungen angegriffen werden. Doch auch die Römer wissen um diesen Brauch und verlassen genau an diesem Tag alle gemeinsam die Lager, um ins Manöver zu ziehen. Nur nicht in Babaorum. Die dortigen Legionäre haben keine andere Wahl als im Lager zu bleiben, da sie einen Gefangenen beaufsichtigen müssen. Kaum, dass die Gallier und ihre Freunde das Lager gestürmt und den Gefangenen befreit haben (irgendwie zumindest) erzählt dieser, warum er in Gallien ist. Also beschließen die tapferen Gallier, allen voran Asterix und Obelix, den neuen Freund, Osolemirnix, in seine Heimat zurückzubringen und ihn bei seinen Problemen zu helfen.

Genau wie die Erwachsenen, aber wirklich ganz genau so …

Es ist schon eine Freude zu sehen, wie die Römer immer mehr vor den Galliern kuschen. Zumindest die, welche schon eine Zeit lang um das Dorf stationiert sind. So ergeben sich immer dann, wenn jemand von außerhalb dazustößt, sehr witzige Situationen, die zu sehr unterhaltsamen Dialogen führen. Ebenso witzig sind aber auch die Dialoge innerhalb des gallischen Dorfes, und hier meine ich nicht einmal den um die Frische der Fische, sondern, wie sich die Gäste der Gallier untereinander austauschen und fachsimpeln. Aber auch die alten Greise (darf man das überhaupt noch sagen?) im Dorf von Osolemirnix sind immer wieder für einen Lacher gut, wenn sie von der guten alten Zeit schwärmen und alles von heute blöd finden. Und dann wären da noch die alten Bekannten Piraten, die in dieser Jubiläumsausgabe einen etwas größeren Part zugewiesen bekommen und es sogar mit einem Knall feiern dürfen.
Goscinny hat sehr viel Humor in diese Abenteuer gesteckt und noch weitaus mehr. Eine dichte und spannende Geschichte, die mit jeder Seite an Fahrt aufnimmt und in einem furiosen Finale gipfelt, ist für Goscinnys Verhältnisse nichts Ungewöhnliches. Das für mich Beste ist jedoch, dass es auf fast jeder Seite mindestens einen Lacher gibt und dies ohne das Es gezwungen wirkt. Eine solche Gag-Dichte findet man nicht überall.

Obelix ist Osolemirnix gleich sympathisch.

Was den Band aber dennoch ein wenig enttäuschen lässt, ist die visuelle Umsetzung. Hier merkt man, dass Uderzo nicht so viel Zeit hatte, wie er es gerne gehabt hätte. Hintergründe sind oftmals nur minimal ausgearbeitet, wenn sie überhaupt vorhanden sind. In den meisten Fällen, vor allem bei Dialogen, füllen nur vollfarbige Flächen die Plätze um die Figuren. Keine Details, einfach nichts gibt es da zu sehen. Es gibt leider nur sehr wenige Panels, in denen die in der Einleitung erwähnte Schönheit Korsikas zu erkennen ist.
Im Gegenzug zu den detailarmen Hintergründen kommt die Darstellung der Gestik und Mimik sämtlicher Figuren umso mehr zum Vorschein. In diesem Band hat sich Uderzo die größte Mühe gegeben, seinen Figuren echtes Leben einzuhauchen und sie auch wie lebendige Wesen agieren zu lassen. Das reicht vom kleinsten Augenzwinkern bis zum großen Handschlag, vor allem gegen die Römer. Und wo wir gerade bei den Römern sind. Wer bisher dachte, dass die um das gallische Dorf stationierten Römer nicht die schlauesten und fleißigsten wären, der sollte sich einmal die ansehen, welche in Korsika für Ordnung sorgen sollen. Das schlägt alles bisher da gewesene an Inkompetenz und Aussehen, einer eigentlich stolzen römischen Garnison.

Detailreichtum vs. Detailarmut. Hier sieht man wie gegensätzlich der Band visuell sein kann.

„Asterix auf Korsika“ ist ein aberwitziges Abenteuer, welches neben einer spannenden Geschichte auch viele Gäste mitbringt und so die Erinnerung an frühere Abenteuer wachruft. Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, wie ich versucht habe die Gäste den Geschichten zuzuordnen. Wären da nicht die detailarmen Hintergründe von leider viel zu vielen Panels, könnte es der Band locker in die Top 5 der besten Asterix-Abenteuer schaffen, so landet er aber immer noch verdient in den Top 10.

So schön kann Korsika aussehen.

Copyright aller verwendeten Bilder © 1973-2014 Les Edition Albert/René Goscinny/Uderzo / Egmont

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