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Spiele, die ich vermisse #184: Rebel Assault II: The Hidden Empire

Fakt: 2022 mag zwar das runde Jubiläum von „Spiele, die ich vermisse“ gewesen sein – 10 Jahre, wer hätte es gedacht! –, aber momentan schreibt sich diese Reihe eher im Schneckentempo. Und dass es dieses Jahr überhaupt noch einen Artikel geben kann, habt ihr einem Versäumnis von mir zu verdanken: Schon letztes Jahr gab es so viel zu tun, dass der traditionelle Weihnachtsartikel ausfallen musste. Da dieser aber damals schon halb geschrieben war, kann ich ihn jetzt fertig stellen (und deshalb müsst ihr auch noch ein wenig länger auf jenen Artikel, den ich eigentlich angekündigt habe, warten). Denn Weihnachten ist – wie treue Leser wissen – eine jährliche Herausforderung für diese Reihe. Abgesehen von James Pond II: Codename Robocod, das ich gleich zu Beginn vermisst habe – aber an das mich Jahr für Jahr der Shock2-Weihnachtspodcast mit seinem Soundtrack erinnert – ist die Liste der Spiele mit Weihnachtsthema für mich nämlich erschreckend kurz. Dennoch wollte ich nicht ganz ohne Weihnachtsthema auskommen und habe mich an ein Spiel erinnert, das eigentlich so gar nicht weihnachtlich ist, aber für mich trotzdem mit Weihnachten verbunden ist – und zwar als eines der letzten Spiele, das ich unter dem Christbaum gefunden habe (weil meine Eltern danach aufgehört haben, mir Videospiele zu kaufen, sondern mir lieber Geld schenkten). Sein Name? Rebel Assault II: The Hidden Empire.

Der Todesstern ist Geschichte, aber die Gefahr, die vom Imperium ausgeht, noch lange nicht beendet. Darth Vader arbeitet an einem neuen Projekt für den Imperator und in der Rebellion machen Geschichten von Geisterschiffen, die die Rebellenjäger angreifen, die Runde. Ihr – erneut als „Rookie One“ – werdet in diese Geschichte hineingezogen und kommt nach und nach den neuartigen TIE Phantoms auf die Spur. Doch könnt ihr dieses Projekt noch aufhalten, bevor das Imperium der Rebellion zu sehr schadet?

Ihr seht schon: Anders als der erste Teil der Rebel Assault-Reihe, das auf einige Highlights der ersten beiden Filme setzte (Stichwort: AT-ATs auf Hoth, Angriff auf den ersten Todesstern) und sich dabei einige Freiheiten herausnahm (zum Beispiel eine völlig verdrehte Reihenfolge der beiden oben genannten Ereignisse oder auch die Tatsache, dass ihr als Rookie One eigentlich die Rolle von Luke beim Angriff auf die gewaltige Kampfstation übernahmt), erzählte Rebel Assault II seine ganz eigene Story fernab des etablierten Kanons (hatte aber selbst eine Position innerhalb des damaligen Kanons, auch wenn der Videospielkanon recht weit unten in der Hierarchie angesiedelt war). Das war einerseits ein Vor- als auch ein Nachteil für das Spiel: Eine frische Geschichte bot mehr Möglichkeiten für neues Storytelling, gleichzeitig fehlten die ikonischen Film-Momente, die in dem ersten Teil klare Highlights waren.

Dabei mangelte es nicht an Produktionswerten: Für die Filmaufnahmen wurden Filmrequisiten und -Kostüme verwendet und neue Szenen gedreht – das Team betonte, dass dies damals zum ersten Mal seit „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ geschah. Nicht zurück kamen allerdings die Schauspieler der Filme – und selbst die Darsteller aus dem Vorgänger (soweit ihre Figuren noch einmal vorkamen) wurden neu besetzt. Das lag aber wohl auch daran, dass man nun filmisch mehr aus dem Spiel machen wollte; aus dem knapp 300 MB (und damit nur eine halbe CD großen) Vorgänger wurde dadurch ein Spiel über zwei Datenträger, bei dem mit Bluescreen und jeder Menge technischer Tricks gearbeitet wurde – nein, nicht auf Kinoniveau, aber für die damalige Zeit durchaus ansprechend. Regie führte mit Hal Barwood übrigens ein erfahrener Filmemacher, der zuvor mit LucasArts Indiana Jones and the Fate of Atlantis realisiert hatte.

Nicht verändert hatte sich hingegen das Gameplay – Rebel Assault II mochte grafisch einige Sprünge hingelegt haben seit dem ersten Teil, aber spielerisch handelt es sich noch immer um einen Rail-Shooter, in dem es entweder aus Cockpit-Sicht darum geht, Gegner abzuschießen (und eventuellen Hindernissen auszuweichen), aus einer Third-Person-Raumschiff-Sicht durch diverse Abschnitte zu gelangen (hier lag der Fokus klar am Ausweichen, um Kollisionen mit der Umgebung zu vermeiden) und nicht zuletzt in Third-Person-Abschnitten feindliche Basen etc. zu Fuß zu erkunden und aus der Deckung auf Gegner zu schießen. All diesen Levelarten gemein war, dass die Grafik vorberechnet von CD kam (man setzte hierfür einmal mehr auf die INSANE-Engine, die schon im ersten Teil und auch für Spiele wie Sam & Max verwendet worden war), weshalb es nur sehr eingeschränkte Bewegungsfreiheit gab – Railshooter eben.

Wie bei jeder noch relativ jungen Technik war auch in diesem Fall vor allem grafisch deutlich zu sehen, wie weit die Entwicklung in der kurzen Zeit zwischen den zwei Teilen gekommen war: Die gestreamten Inhalte waren deutlich hübscher anzusehen, die Qualität der Filmszenen deutlich gesteigert, was natürlich auch an den höheren CD-ROM-Geschwindigkeiten lag, die mittlerweile möglich waren; das Gameplay hatte sich hingegen kaum gewandelt und Probleme, die 1993 noch vom Wow-Faktor übertüncht worden waren, standen 1995 zum Release in der Kritik. Mehr als eine Rezension schreibt über die schwammige Steuerung und auch vom etwas zu eintönigen (und zu leichten) Gameplay – und ganz ehrlich: all diese Probleme hatte Teil eins auch schon. Etwas positiver wurde die Version von Factor 5 für die PlayStation aufgenommen, die zum Teil schon auf Polygongrafik (für Gegner) zurückgriff und sogar Lightgun-Unterstützung bot, aber generell konnten die Wertungen nicht an den Vorgänger anschließen und auch der Fan-Hype erreichte nicht das Ausmaß des ersten Teils. Dennoch war das Spiel ein Verkaufserfolg – ein Sequel sollte allerdings nicht mehr erscheinen. Was wohl auch besser so war.

Wer meinen Eintrag zu Rebel Assault (der auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat) gelesen hat, weiß, dass dieses Spiel dafür verantwortlich war, dass ich überhaupt erst ein CD-ROM-Laufwerk für meinen Rechner bekam und der Titel einen besonderen Platz in meinem Herzen bekommen hat. Teil zwei hingegen bewies für mich, dass neue Technologien immer die Gefahr innehaben, mangelndes Gameplay zu übertünchen. So wie schon 11th Hour für mich nicht mehr an The 7th Guest herankam, sollte auch Rebel Assault II nicht mehr an das Original anschließen. Der Wow-Faktor, der das erste Spiel getragen hatte, war in beiden Fällen Geschichte; das Gameplay allein reichte aber nicht, um die Sequels zur Legende zu machen.

Dabei hatte ich mich durchaus auf Rebel Assault II gefreut (beziehungsweise eigentlich auf Imperial Assault – hartnäckige Magazin-Gerüchte erklärten schließlich, dass man nach dem Erfolg von TIE Fighter nun auch in der Rebel Assault-Reihe den Sprung auf die dunkle Seite wagen wollte); sogar so sehr, dass ich zunächst enttäuscht war, als meine Eltern mir The Dig zum Geburtstag schenkten und Rebel Assault II eben nicht schon vor Weihnachten in mein Laufwerk wandern durfte. Aber dann zu Weihnachten 1995 – und deshalb ist dies hier ja quasi eine Weihnachtsgeschichte – war es soweit: Rebel Assault II lag unterm Christbaum und die Spielesession konnte losgehen.

Zuerst startete ich das Spiel für mich allein und schwankte zwischen „ach, mit der Erfahrung aus dem Vorgänger ist es gar nicht so schwer“ (immerhin hatte mich der erste Teil in manchen Abschnitten sehr gefordert) und „puh, an dieser Stelle hänge ich länger als gedacht“. Grundsätzlich kam ich aber wesentlich besser voran als beim ersten Teil, merkte aber auch, dass meine Geduld von dem Spiel etwas strapaziert wurde. Zu diesem Zeitpunkt war ich die große Weltraumfreiheit von X-Wing und TIE-Fighter schon gewohnt, sodass der Railshooter zwar großartig inszeniert wirkte, aber gleichzeitig reichlich beengt (ein Problem, das mir auch Jahre später dann die Rogue Squadron-Reihe etwas vergällen sollte). Und während die Story deutlich interessanter war als jene aus dem Vorgänger, fehlten ihr doch die Highlights aus den Filmen, die kaum durch neue Hits ersetzt wurden.

Das war auch das Fazit, das wir – schlussendlich spielten mein Nachbar und ich das Spiel nämlich zu zweit durch – auch im Endeffekt zogen: Rebel Assault II wollte mehr bieten und schaffte es zwar technisch, aber emotional war die Bindung nicht so stark. Es ist wohl kein Wunder, dass ich das Original bis heute gut in Erinnerung habe und viele Levels im Gedächtnis habe, während ich mich in der Vorbereitung für diesen Artikel erst wieder einarbeiten musste, welche Abschnitte es im Sequel überhaupt gab. Außer ein paar kurze Erinnerungsfetzen blieb einfach kaum etwas hängen. Das lag aber auch daran, dass Rebel Assault II für mich im Gegensatz zum ersten Teil eine Eintagsfliege blieb: Einmal durchgespielt, danach immer wieder mal versucht, aber irgendwie wollte sich der Zug nicht mehr einstellen und es blieb bei wenigen Leveln, bevor das Spiel wieder beendet wurde. Vielleicht war auch in diesem Fall – einmal mehr muss ich 11th Hour bemühen – das „Mehr“ einfach „Zu viel“ geworden, weil alles jetzt länger dauerte und der schnelle Durchlauf durch einen ersten Teil hier deutlich mehr Zeit benötigte. Oder – genauso wahrscheinlich – ich war einfach spielerisch schon wieder weg von diesem eigentlich simplen Gameplay.

Bleibt eigentlich nur noch eine abschließende Frage: Warum vermisse ich – und in dem Fall muss man eigentlich „trotzdem“ sagen – Rebel Assault II? Weil es für mich trotz allem eine wichtige Star Wars-Erfahrung war. Trotz aller Freiheiten war es für Jahre die vielleicht cineastischte Umsetzung der Sternensaga. Ja, Gameplaytechnisch mögen andere Spiele mehr geboten haben, aber diese frische Geschichte so erzählt zu bekommen, war einfach interessant. Nicht interessant genug, um daran hängen zu bleiben, aber doch. Gleichzeitig war es einfach die Gelegenheit, endlich – und eigentlich zum ersten Mal – neues Filmmaterial zu Star Wars zu sehen – zwei Jahre vor der Special Edition, vier Jahre vor Episode I. Und ja, ein wenig vermisse ich auch das, was ich damals in Rebel Assault II sehen wollte, aber nicht bekam: Ein „Zurück“ zum dem Feeling, das der erste Teil in mir ausgelöst hat. Aber wie auch heute öfter musste ich erkennen, dass sich die Gaming-Welt weiterdreht. Nur dass ich mich diesmal weiterentwickelt hatte und das Spiel stehen geblieben war – heute ist es oft eher umgekehrt …

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Spiele, die ich vermisse…

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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