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Review: The Flash (Spoilerfrei!)

Der Anfang ist hoffentlich nicht das Ende

Was würdet ihr tun, wenn ihr die Macht hättet, die Vergangenheit zu ändern? Würdet ihr ein Unglück, das tiefe Wunden in euch hinterlassen hat, ungeschehen machen, damit aber riskieren, die Welt und auch euch selbst zu verändern? Genau dieser Frage ging The Flash im berühmten Flashpoint-Comicevent nach, das bereits mehrfach in diversen Medien umgesetzt wurde. Jetzt dient sie auch als Inspiration des ersten (und vielleicht letzten) Solo-Kinoabenteuers von Ezra Millers Interpretation des roten Blitzes. Doch kann dieser Film, der vom nahenden Ende des DCEU überschattet ist, nach zahlreichen Enttäuschungen im DC-Film-Universum punkten? Wir waren für euch im Kino.

Ein Ende kann ein Anfang sein

Heldenalltag für Barry Allen: Der liebenswerte, aber sozial eher ungeschickte Superheld ist der letzte, den die Justice League-Kollegen fragen, wenn Not am Mann ist – und der oft genug das Chaos von Batman (Ben Affleck, der hier zeigen kann, dass er eigentlich das Potenzial gehabt hätte, mehr aus dieser Figur zu machen) aufräumen darf. Doch hinter der etwas eigenbrötlerischen, aber trotzdem freundlichen Fassade steckt auch eine dunkle Seite: Barrys Leben ist geprägt von der Ermordung seiner Mutter, als er noch ein Kind war, und der Inhaftierung seines Vaters, den die Polizei für den Schuldigen hält. Als auch die jüngste Hoffnung auf einen Beweis für die Unschuld seines Vaters platzt, greift Barry zu einem verzweifelten Mittel: Er reist in die Vergangenheit, um die Bluttat zu verhindern. Doch als im Anschluss in die Gegenwart zurückkehren will, landet er in einer etwas früheren Realität, in der zwar seine Eltern noch da sind, aber Superhelden Mangelware sind und eine außerirdische Gefahr die Welt bedroht, die er allein nicht aufhalten kann …

Das ist nicht Zurück in die Zukunft, oder?

Ohne noch weiter auf die Story eingehen zu wollen: Was folgt, ist ein bisschen Origin-Story, spielt mit der alternativen Realität, in der Barry gelandet ist, und ist über weite Strecken eine schauspielerische Paradeleistung des Hauptdarstellers: Miller spielt ganze Sequenzen zu zweit mit sich selbst und verkörpert gekonnt zwei völlig verschiedene Fassungen von Barry Allen mit Humor, Herz und vollem Einsatz. Ein weiteres Highlight im Mix ist der Auftritt von Michael Keaton, der noch einmal in seine Paraderolle als (nun deutlich gealterter) Batman schlüpfen darf. Und damit wird der Film auch zu einem Nostalgiefest für Fans, da man sich (vielleicht ein wenig zu) großzügig bei Details, Musik und ähnlichem an den Burton-Batman-Filmen bedient. Miller gelingt es aber durchaus, mit dem Veteranen mitzuhalten und sich nicht von der Präsenz Keatons erschlagen zu lassen. Etwas schwerer tut sich da schon Supergirl (Sasha Calle), auch weil man ihr gar nicht das Material und die Zeit gibt, ihrer Figur allzu viel Tiefgang zu verleihen. Trotzdem ist ihre Figur interessant angelegt – da wäre Potential für weitere Filme vorhanden.

Nostalgiefest

Damit sind wir schon beim ersten von drei Haken, die uns beim Ansehen auffallen. Erstens: Sind die zwei ersten Akte eine gelungene Achterbahnfahrt der Emotionen, läuft die Conclusio der Geschichte dann doch nicht ganz so rund. Ja, hier versteckt sich der Großteil der schon angeteasten Cameos (die durchaus nostalgisch verzücken können, aber zum Glück nicht zu sehr ausufern, da sie schon vor allem Fanservice darstellen) sowie einige echt emotionale Momente, aber gleichzeitig kommt die Handlung gerade vor dem Ende ein wenig ins Stocken, weil die Auflösung der Geschichte nicht an die Qualität des „davor“ anschließen kann. Zweitens: CG kommt großzügig zum Einsatz, aber nicht alles davon sieht so richtig gut aus. Man kann sich zwar so manchen „wächsernen“ Look aufgrund der Umstände erklären, in denen diese Darstellungen zu sehen sind, aber dennoch ist das CG hier teilweise zu auffällig künstlich. Weniger mit dem Film, aber mehr mit den Umständen des DCEU zu tun, hat der dritte Haken: In The Flash steckt Potenzial für interessante Figuren, die man in der Zukunft weiter ausbauen könnte – auch Barry steht nach den Ereignissen eher am Anfang denn am Ende seiner Reise. Ob das auch passiert, ist allerdings fraglich – selbst die neuen Chefs des DC-Film-Universums, James Gunn und Peter Safran, haben hier keinen endgültigen Kommentar abgegeben (auch wenn sie einige Veränderungen am Film angeregt haben sollen, um die Möglichkeit zu eröffnen, Miller weiterhin als Flash einsetzen zu können). Unsere Einschätzung: Es wäre schade, Barry Allen (und auch Kara Zor-El) hier schon wieder zu verlieren, denn die Darsteller-Riege (und Regisseur Andy Muschietti, der davor schon mit den beiden It-Verfilmungen aufhorchen ließ) liefert einen spannenden, unterhaltsamen Superheldenfilm mit Herz und Humor ab. Und davon hätten wir gerne auch in Zukunft mehr.

Causa Ezra Miller

Neben dem schon erwähnten geplanten Reboot des DCEU, bei dem wohl nur wenige Steine auf dem anderen bleiben werden, liegt noch ein anderer Schatten über The Flash: Star Ezra Miller fiel in den letzten Jahren allzu oft durch Probleme mit der Polizei, gewalttätiges Verhalten und erratische Aussagen auf. Kein Wunder, dass von Seiten DCs überlegt wurde, den Film einzustampfen oder die Rolle neu zu besetzen, was allerdings aufgrund des schon abgeschlossenen Drehs hohe Kosten verursacht hätte. Im Endeffekt hat man sich nach einer Entschuldigung Millers und Therapien entschlossen, den Film doch wie geplant ins Kino zu bringen. Wir wollen das Verhalten nicht unter den Tisch kehren (und noch weniger gutheißen), haben uns aber dennoch entschlossen, den Film möglichst unvoreingenommen zu sehen und auch so zu bewerten.

Wertung

The Flash ist in einer schwierigen Position: Ezra Miller ist aufgrund seiner Taten umstritten, das Ende des bestehenden DCEU besiegelt – und doch findet das Universum ausgerechnet mit einem seiner letzten Filme so richtig den Tritt: The Flash ist kein düsteres Heldenepos, sondern eine unterhaltsame Comic-Verfilmung, die Humor mit Pathos, Nostalgie und Emotion verknüpft. Dass diese Mischung so gut aufgeht, ist erfreulich, lässt aber den Nachgeschmack von „wars das jetzt?“ zurück – immerhin ist unklar, ob wir Miller noch einmal als Flash sehen werden und der Darsteller diese Reise fortsetzen darf. Das gibt einigen Momenten – insbesondere der einleitenden Action-Sequenz, die sich ein wenig wie der Abschied von Ben Affleck (der hier einmal zeigen darf, dass er auch als dunkler Rächer Humor beweisen kann) und Gal Gadot anfühlt (und uns fragen lässt, warum Henry Cavill keinen richtigen Auftritt bekommen hat) – eine so vielleicht gar nicht gedachte Schwermütigkeit, verleiht aber andererseits den nostalgischen Momenten zusätzliche Prägnanz. Ob auch Ezra Miller den Blitz schon wieder abgeben muss? Wir hoffen nicht, denn Miller gibt eine grandiose Performance, die uns auf eine Fortsetzung hoffen lassen würde. Die Möglichkeit dafür ist offen – jetzt müssen wir nur sehen, in welche Richtung Gunn und Safran The Flash bewegen wollen …

Kurzinformationen
Kinostart:  16.6.2023
Filmlänge: 144 Minuten
Land, Jahr: USA, 2023
Genre: Comic/Abenteuer/Superhelden
Regie: Andy Muschietti

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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