FilmNews

Hollywood-Streik: Verhandlungsfortschritt trotz Verzögerung

Mit einem Tag Verzögerung trafen sich gestern die Verhandlungsteams von SAG-AFTRA (Schauspieler) und AMPTP (Studios) unterstĂĽtzt von einigen der wichtigsten Bosse Hollywoods, um nach 105 Tagen des Darsteller-Streiks endlich eine Lösung zu finden. Warum ein Tag Verzögerung? Am Dienstag hatten die Studios ein neues Angebot unterbreitet, das zuerst von der Schauspielergewerkschaft analysiert werden musste. Da die Zeit dafĂĽr zu knapp wurde, bat man trotz der ursprĂĽnglichen AnkĂĽndigung, sich bereits am Mittwoch erneut zu treffen, um eine Verschiebung des nächsten Termins auf Donnerstag, an dem dann ein neues Gegenangebot unterbreitet wurde. Zumindest bei den Erhöungen der Mindestgehälter dĂĽrfte man sich nun annähern – die Studios bieten nun sieben Prozent (statt fĂĽnf) im ersten Jahr des neuen Vertrags, die Schauspieler senkten als Antwort ihre Forderung von elf auf neun Prozent.

An anderen Punkten wird aber noch immer gefeilt. So fordert die SAG-AFTRA noch immer, dass die Streaming-Plattformen 57 Cent der monatlichen Abo-GebĂĽhr jedes Kunden an die Gilde bezahlen, um sie von dort auf die entsprechenden Schauspieler aufzuteilen; die Studios bevorzugen hingegen ein Modell, wie es bei den Autoren angenommen wurde (ein Bonus, sollte eine Serie/ein Film den doch recht hohen Prozentsatz von 25% der Abo-Kunden erreichen). Auch bei der KI ist man sich noch uneins – die AMPTP bietet zwar an, dass die Schauspieler Veto-Rechte erhalten, ob ihre Performance digital weitergenutzt werden kann, aber die SAG-AFTRA fordert zur besseren Absicherung auch ein Veto-Recht der Gilde. Dazu kommen noch zahlreiche weitere Verhandlungspunkte, die vor allem eines brauchen: Zeit.

Der Druck auf beide Verhandlungspartner ist groĂź. Die Studios propagieren aktuell, dass der Streik mit nächster Woche enden mĂĽsse, wenn man die aktuelle TV-Saison und die Sommerfilme noch retten wolle; die Schauspielergewerkschaft kam zuletzt unter deutlichen Druck ihrer Mitglieder, die endlich eine Lösung sehen wollen und den Verhandlungsstopp (der allerdings von den Studios ausgegangen war) kritisierten. Die neuen Verhandlungen scheinen hier aber die Stimmung verbessert zu haben: Ein offener Brief, der angeblich von Tausenden Mitgliedern unterzeichnet wurde, fordert die SAG-AFTRA-FĂĽhrung auf, hart zu bleiben: „Wir sind nicht so weit gekommen, um jetzt nachzugeben“, heiĂźt es in dem Brief, der laut Hollywood Reporter von Darstellern wie Julia Louis-Dreyfuss, Cynthia Nixon, Leslie Odom Jr., Demi Moore, Jesse Tyler Ferguson, Jon Hamm, Mark Ruffalo, Jonathan Groff, Kate Walsh, Chelsea Handler und vielen mehr unterzeichnet wurde. „So hart die Zeiten auch sind, wir streiken lieber weiter, als einen schlechten Deal zu akzeptieren“. Neben diversen A-List-Schauspielern sollen auch zahlreiche unbekannte Mitglieder unterzeichnet haben.

Der Druck lastet aber nicht nur auf den Schauspielern und den Mitgliedern, sondern auch zahlreiche Firmen und sogar andere Gilden beklagen die Sorgen, die durch den Streik auf ihnen lasten. Vor allem die IATSE (jene Gewerkschaft, die unter anderem Makeup-Artists, BĂĽhnenbauer, Requisiteure, KostĂĽmbildner und weitere wichtige Bereiche der Kreativindustrie vertritt), beklagte nun, dass der andauernde Streik ein Problem fĂĽr ihre eigenen Verhandlungen im nächsten Jahr werden könnte. Durch den anhaltenden Arbeitskampf wĂĽrden viele Mitglieder ihren Zugang zur Gesundheitsvorsorge und die Arbeitslosenversicherung verlieren, und die Zeit werde zu knapp, um bis zu einem möglichen eigenen Streik genĂĽgend RĂĽcklagen zu sammeln, um während einer Arbeitsniederlegung zumindest eine gewisse Zeit abgesichert zu sein. Die IATSE, die sich in den Streiks mit Schauspielern und Autoren solidarisch erklärt hat, ĂĽbt hier vor allem politischen Druck aus: So soll sich der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom in die Verhandlungen einschalten, sicherstellen, dass es keine weiteren Verzögerungen mehr gibt und einen sofortigen Abschluss einfordern. DarĂĽber hinaus fordert man auch, die Dauer der Arbeitslosenversicherung fĂĽr jene, die durch einen Streik einer Gewerkschaft in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden, zu verlängern – in Kalifornien gibt es maximal 450 Dollar pro Woche fĂĽr die Dauer von 26 Wochen. Doch ein solcher Schritt ist nicht zu erwarten: Der Gouverneur hat im September ein Veto gegen ein Gesetz ausgesprochen, das streikenden Arbeitern Arbeitslosengeld garantiert.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ă„hnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"