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Brettspiel Review: The Witcher – Die Alte Welt

Das Andrzej Sapkowski mit den Hexer-Romanen etwas Großes geschaffen hat ist wohl unbestritten. Da wundert es auch nicht, dass mittlerweile drei Videospiele erschienen sind, wobei der dritte Teil besonders erfolgreich war, und bereits an weiteren Projekt gearbeitet wird. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es auch bereits schon einige Brettspiele gab, unter anderem The Witcher Adventure Game aus 2014 (hier findet ihr das Shock2-Review) oder The Witcher Card Game aus 2007.

Nachdem das Spiel zuvor sehr erfolgreich auf Kickstarter finanziert wurde (6,8 Mio Euro von über 45.000 Unterstützer*innen), erschien nun The Witcher: Die Alte Welt von Designer Łukasz Woźniak gemeinsam mit Go on Bord und CD Projekt Red, bei uns veröffentlicht von Asmodee. Der Titel ist dabei vor Geralts Abenteuern angesiedelt und lässt dabei bis zu fünf Hexer gegeneinander antreten um zu eruieren, wer den der Beste ist und seine Schule am ehrenvollsten vertritt.

Dabei gliedert sich jeder Spielzug in drei Phasen. In der ersten kann der Hexer mittels Handkarten über das Spielfeld bewegt werden, wobei dann je nach Ort bestimmte Aktionen ausgelöst werden können. Das kann ein Würfelpokerspiel um Geld sein, das Verbessern einer der vier Attribute, Kampf, Verteidigung, Alchemie oder die jeweilige Spezialfertigkeit der fünf Schulen (Schlange, Bär, Katze,..) oder dem Erhalten von Tränken, die im Kampf konsumiert werden können.

In Phase 2 entscheidet man sich dafür gegen ein Monster oder einen anderen Hexer zu kämpfen auf Erkundung zu gehen oder zu meditieren. Der Kampf funktioniert dabei mittels des gleichen Kartendecks, das auch für das Bewegen über die Karte verwendet wird und das mittels Deckbuilding-Mechanik sukzessive erweitert wird. Im Kampf entsprechen die Karten außerdem Lebenspunkten, wobei das Deck durch Treffer der Gegenseite dezimiert wird. Um anzugreifen werden Handkarten kombiniert um etwa Treffer zu landen, mehr Karten nachzuziehen oder Schilde aufzufüllen. Dabei gilt es Karten per Farbreitern zu verketten um effizienter angreifen zu können, wobei schon beim Deckbuilding darauf geachtet werden muss Karten zu bekommen, die möglichst gut verkettet werden können. Die Anzahl der nachgezogenen Karten, der maximalen Schilde und der Anzahl der getrunkenen Tränke entspricht dabei den Werten der jeweiligen Attribute am Spielendentableau. Monster greifen ebenso via eines Kartendecks an. Hat entweder der Hexer oder das Monster keine Karten, also Lebenspunkte mehr, hat er oder es verloren.

Beim Erkunden entscheiden sich die Spielenden zwischen der Stadt und dem Wald, wobei sich dann auf entsprechenden Karten kurze Geschichten finden und sich die Spielenden zwischen zwei Handlungsweisen entscheiden müssen. Je nach Wahl gibt es zur Belohnung Gold, Verbesserungen oder Verschlechterungen der Attribute, Tränke oder gar eine Folgequest, der man dann ähnlich den Erkundungen auf dem Spielplan nachgehen kann. Diese Quests und Erkundungen sind alle sehr nett geschrieben, thematisch super passend und machen durchaus Spaß. Da kann es schon mal passieren, dass man in einer Taverne von Betrunkenen angestänkert wird, die vergiftete Tochter eines Burgherrn geheilt werden muss oder ein Kräuterhexe um Beistand beim Sammeln von Kräutern bittet.

Durch gewonnene Kämpfe gegen Monster oder Hexer erhält man Trophäen die auch noch andere Boni einbringen, wobei Spielende mit der fünften Trophäe automatisch gewinnen. Eine weitere Trophäe kann man durch Meditation erlangen, wobei man in einem Attribut auf der höchsten Stufe sein muss, in diesem Zug dann aber weder kämpfen noch erkunden darf. Die letzte zum Sieg führende Trophäe kann aber nur durch einen Kampf errungen werden.

Trotzdem sich vor allem das Reisen durch die Welt, die Ortsaktionen, das Erkunden und die Quests sehr stimmungsvoll anfühlen, sind sie doch nur Mittel zum Zweck um sich für den Kampf zu rüsten und damit die entscheidenden Trophäen zu erlangen. Kämpft man zu früh im Spiel gegen Monster, hat man so gut wie keine Chance, da diese ziemlich austeilen und man selbst noch sehr wenig Schaden macht, das eigene Deck ist einfach noch viel zu schwach. So bleibt nichts anderes übrig als eben Quests und Erkundungen zu farmen und darauf zu hoffen, dass man die richtigen Belohnungen abstaubt. Das wäre an sich kein Problem, jedoch ist die Downtime bei vier oder fünf Spielenden teilweise sehr hoch, mit einem Kampf wird es fast schon unerträglich lang. Auch die Kämpfe können sich ganz schön in die Länge ziehen, vor allem wenn man unbeteiligt daneben sitzt.

Das Kampfsystem selbst ist nett, die Verkettungen kennt man ähnlich zum Beispiel aus Tainted Grail. Jedoch kann es auch hier dazu führen, dass man in einem frischen Deck nur Karten auf die Hand bekommt, die sich nicht verketten lassen, was zwangsläufig zur Niederlage führt. Da das Deck auch die Lebenspunkte sind, kann es schon mal sein, dass 3-5 Karten des Decks futsch sind und man seine tollen neuen Karten aus den letzten Zügen nie zu Gesicht bekommt.

Wer gerne Interaktion zwischen den Spielenden bevorzugt, wird mit The Witcher: Die Alte Welt nicht besonders glücklich werden. Im Grunde spielt jeder vor sich hin, Überschneidungen gibt es nur wenn man gegeneinander kämpft oder Würfelpoker spielt, wobei Kämpfe nur einmal pro Paarung eine Trophäe einbringen und somit nur bedingt sinnvoll sind. Sonst spielt man maximal die Monster, gegen die andere gerade kämpfen oder liest Erkundungs- und Questkarten für andere vor.

Das Material hingegen ist wunderbar gestaltet, die Karten sehr wertig, die Grafiken und Abbildungen alle sehr wunderbar. Die Symbole der Ortsaktionen sind leider sehr kryptisch und nicht selbsterklärend, wodurch das Regelheft die ersten Runden ständiger Begleiter war. Das trifft generell auf das Regelwerk zu, das zwar nicht sehr kompliziert, aber doch etwas zerfahren ist. Die Art und Weise wie einige Mechanismen gelöst sind wirken nur wenig intuitiv und sperrig. Da wundert es mich auch nicht, dass ein kompletter Spielzug auf ganzen drei Seiten als Beispiel vorhanden ist, der ist auch dringend notwendig. Die Miniaturen sind schön gestaltet, wobei es nur fünf Stück der Hexer gibt. Miniaturen für die Monster gab es nur in der Kickstarter Version sowie in vielen erhältlichen Erweiterungen, was aber beim gebotenen Preis/Leistungsverhältnis absolut ok ist.

Pros and Cons

+ Material schön gestaltet
+ für Fans des Hexers wird viel geboten
+ Erkundungen und Quests sehr stimmungsvoll

+ aber oft nicht sehr wichtig oder zu glückslastig
– hohe Downtime, zu viert oder fünft nur mit sehr viel Geduld spielbar
– Deckbau nett aber aufgrund Lebenspunktedeck kaum bis nicht planbar
– sehr wenig Interaktion zwischen Spielenden
– Regelwerk insgesamt etwas durchwachsen

Fazit

Wertung

Mit The Witcher: Die Alte Welt bekommen wir ein recht ordentliches Abenteuerspiel, das vor allem für Fans der Reihe viel zu bieten hat. Rein thematisch orientiert sich der Titel solide vor allem an der Videospielvorlage, hat jedoch spielerisch einige Mängel, die mir das Spiel ein klein wenig madig machen. Die Downtime, die Zeit zwischen zwei Zügen, ist bei 4 und 5 Spielern recht hoch, außerdem spielt man ziemlich einsam, mit recht wenig Interaktion, vor sich hin. Auch die Kämpfe haben mir recht wenig Spaß gemacht. Deckbuilding ja gerne, aber hier hat das für mich nicht geklappt. Die kleinen Abenteuer im Spiel, das Erkunden und die Quests sind mir da wesentlich lieber, wobei diese nur zum Leveln und Verbessern herhalten, gewinnen kann man allein mit Erfüllung dieser kleinen Aufträge jedoch nicht. Witcher Fans, die über die kleinen Mängel hinwegsehen können zugreifen, alle anderen sollten sich vor dem Kauf vielleicht ein Let's Play Video ansehen oder das Spiel beim örtlichen Spieletreff ausprobieren.

Genre: Abenteuerspiel
Verlag: Asmodee
Spieleranzahl: 1-5
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: ab 90 Minuten
Preis: ab 78,90 Euro

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