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Autoren-Streik: Treffen von CEOs mit Autoren, Studio-Angebot veröffentlicht (Update: Antwort der WGA)

Nach 113 Tagen Autorenstreik kommt endlich wieder Bewegung in den Autorenstreik: Seit mehr als einer Woche wird wieder ernsthaft zwischen der Autorengewerkschaft WGA und den Studios (vertreten durch die AMPTP) verhandelt. Das liegt wohl auch daran, dass etliche einflussreiche CEOs, darunter Disney-Boss Bob Iger, in die Verhandlungen eingestiegen sind. Erst gestern gab es dehalb ein Treffen des WGA-Verhandlungsteams mit mehreren CEOs, um das aktuelle Angebot zu erläutern. Anwesend waren dabei unter anderem der schon genannte Bob Iger, David Zaslav (Warner Bros. Discovery) und Ted Sarantos (Netflix).

Besonders erfolgreich dürfte das Treffen allerdings nicht gewesen sein. Laut WGA-Vertretern erwartete das Autoren-Team keine Verhandlung, sondern ein Vortrag, warum das Angebot der AMPTP so gut sei. Das Verhandlungsteam der Autoren konterte mit einer Auflistung der Limitationen, der Schlupflöcher und Auslassungen und erklärte, dass der Streik erst beendet werden wird, wenn es eine Antwort auf alle Probleme gäbe. Man teilte im Anschluss den Mitgliedern mit, dass dieses Treffen wohl nicht für Verhandlungen gedacht war, sondern um die Autoren zum Nachgeben zu bringen.

Die AMPTP reagierte, indem sie die Details des Deals an die Öffentlichkeit brachte – aus Sicht der WGA, um Druck auf die Autoren auszuüben und deren Mitglieder zu überzeugen, zur Annahme des Deals zu drängen. Hier einige Eckpunkte:

  • Die Autoren fordern mindestens fünf Autoren im Writers Room (mehr bei Serien mit mehr Folgen); die Hälfte des Teams muss für die Dauer der gesamten Produktion angestellt bleiben (auch um neuen Autoren zu zeigen, wie Produktionen funktionieren). Die AMPTP will die Verantwortung auf die Showrunner abwälzen: Diese dürfen mindestens zwei Autoren für den Writers Room und weitere zwei für die Produktion anstellen.
  • Die WGA möchte eine Beteiligung der Autoren an den Einnahmen durch Streaming, basierend auf einer Aufstellung, wie viele Leute eine Serie gesehen haben; die Studios bieten eine vertrauliche Quartalsübersicht, wie viele Stunden einzelne Sendungen gesehen wurden. Diese Daten sollen aber nur eine Verhandlungsgrundlage für zukünftige Verhandlungen sein.
  • Einig ist man sich scheinbar hingegen in weiten Teilen bei der KI: AI-Material ist kein Quellmaterial oder Literaturvorlage und reduziert deshalb nicht das Honorar der Autoren. Das heißt: Schreibt eine KI eine Vorlage für ein Drehbuch und wird dieses danach von einem Autor überarbeitet, erhält dieser das volle Gehalt als alleiniger Screenwriter und nicht das Gehalt von jemandem, der ein Script nur überarbeitet. Auch das Honorar für das Entwickeln der Geschichte (Stichwort „Story by“-Credit) würde an den menschlichen Autor gehen. Außerdem gibt es keine Verpflichtung für Autoren, mit KI zu arbeiten. Offen hingegen ist, ob existierende Scripts genutzt werden dürfen, um eine künstliche Intelligenz zu trainieren, was die Autoren ablehnen.
  • Eine Annäherung gibt es auch bei den Ãœberarbeitungen des Scripts: Die Studios bieten eine Garantie, dass der ursprüngliche Autor sein Script einmal überarbeiten darf, wenn er weniger als 200% des Minimalgehalts verdient. Die WGA hätte hier gerne 250%.
  • In Sachen Gehaltserhöhung bieten die Studios Erhöhungen der Mindestgehälter um 5, 4 und 3,5 Prozent für das erste, zweite und dritte Jahr, was sich mit der bereits erzielten Einigung mit den Regisseuren deckt. Writer-Producer bekommen 15% Gehaltserhöhung.

Übrigens: Während bei den Autoren wenigstens verhandelt wird (auch wenn man in einigen Punkten offensichtlich noch weit voneinander entfernt ist, gibt es keinerlei Bewegung bei den Schauspielern, die nun ebenfalls bereits 40 Tage streiken. Duncan Crabtree-Ireland, Chefverhandler der SAG-AFTRA, fordert deshalb auch dort, dass die CEOs aktiv werden.

Update: Nach der Veröffentlichung des Angebots durch die AMPTP hat sich nun die WGA an die Mitglieder gewandt und betont, dass die Studios einfach nach wie vor zu wenig bieten. Die Verhandlungspunkte seien direkt aus Gesprächen mit den Mitgliedern entstanden und bilden die Nöte der Autoren ab – deshalb werde man nicht nur über Teile davon verhandeln, sondern sich um eine umfassende Lösung bemühen. Neben Details, warum die einzelnen Angebote keine echten Lösungen seien, veröffentlichten sie auch eigene Berechnungen, wonach eine Erfüllung der Forderungen Kosten im Promillebereich des Studio-Umsatzes erzeugen würde. Im höchsten Fall (bei Netflix) wären dies 0,206% des Jahresumsatzes, im niedrigesten Fall (bei Apple) nur 0,004%. Rechne man diese gegen die Verluste auf, die der Streik die Filmindustrie und jene, die um die Filmindustrie arbeiten, komme dieser Streik teurer als nachzugeben. Deshalb wolle man weiterhin streiken und weiterverhandeln.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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