Spiele, die ich vermisse #12: Theme Hospital
Diese Woche wurde bei mir ganz eindeutig von zwei Themen beherrscht. Erstens: Freitag war Abgabe für die nächste Gamers-Ausgabe (11. bzw. 12. Oktober im Handel – unbedingt Termin vormerken!). Wie eigentlich meistens hätte meine gute Zeiteinteilung dafür sorgen sollen, dass die letzte Woche nicht unnötig stressig wird – hätte es da nicht (zweitens:) einen kleinen Haken gegeben, der sich „Verkühlung“ nennt. Statt also fleißig das gewohnte Tempo aufrecht erhalten zu können, verbrachte ich knapp die Hälfte der Woche zuhause mit Kopfweh, rinnender Nase und Fieber (was auch der Grund ist, warum dieser Blog später als sonst online geht). Und tatsächlich erinnert mich sogar das Kranksein an Spiele, wie ich feststellen musste. Nein, nicht nur deshalb, weil ich die Gelegenheit nutzte, um meinen Durchlauf durch die Ace Attorney-Serie (siehe auch letzte Woche) in Schwung zu bringen, sondern auch deshalb, weil man sogar aus dem Kranksein interessante und erinnernswerte Spiele zimmern kann.
Auch wenn ich im Laufe meiner Videospielzeit einige solcher Titel gespielt habe (und keine Angst, da kommen sicher noch welche im Laufe dieser Serie), gibt es allerdings einen Titel, der den größten Eindruck hinterlassen hat: Theme Hospital. Das ist wohl kein Zufall, stammt das Spiel doch aus einer meiner absoluten Lieblingsspieleschmieden der 90er, nämlich Bullfrog Productions (an dieser Stelle bitte eine kurze Schweigeminute dafür, dass das Studio 2001 sein letztes Spiel unter ihrem Namen veröffentlichen durfte, 2004 zur EA UK wurde, später zu EA Bright Light, wo sie bis zum Ende ihrer Tage 2011 für die Harry Potter-Spiele verantwortlich waren – der Abgang mit Heiligtümer des Todes 1 und 2 war doch kläglich für eine solche Geschichte, oder?). Doch zurück ins Jahr 1997: Peter Molyneux ist noch Teil der Firma (auch wenn er in diesem Jahr Lionhead Studios gründen sollte und dafür Bullfrog verlassen wird), großartige Spiele wie Syndicate, Theme Park und knapp davor Dungeon Keeper hatten den Ruf von Bullfrog auf absoluten Hype-Level gepusht – jedes Spiel von ihnen wurde von den Fans heiß ersehnt, und das nicht nur deshalb, weil man sich mit Sequels eher zurückhielt, sondern immer wieder neue Ideen brachte.
Woher ich das weiß? Ganz einfach, weil ich einer von diesen Fans war, die Bullfrog jeden Titel aus der Hand rissen. Obwohl ich als Schüler jeden (damals noch) Schilling gründlich umdrehen musste, gehörte Bullfrog zu jenen Schmieden, bei denen ich blind zugreifen musste. Und so kam Theme Hospital zwar nicht genau zum Launch, aber dennoch knapp nach dem Start zu mir nach Hause. Als Fan von Theme Park war es damals eher die Verbindung zu jener Serie, die mich lockte, als das Krankenhausthema an sich – hätte jemand anderer als Bullfrog das Spiel gemacht, hätte ich wohl kaum ein Probespiel gewagt. Und was mir da alles entgangen wäre!
Dabei ist die Prämisse hinter Theme Hospital wirklich einfach: Ihr übernehmt das Management eines Krankenhauses. Und das bedeutet primär zwei Dinge: Erstens müsst ihr darauf achten, dass eure Patienten das Krankenhaus gesund verlassen und zweitens dabei genügend Kohle im Haus lassen, dass eure Finanzen in Ordnung bleiben. Klingt einfach, ist es im Detail – wie in wohl jedem guten Spiel – aber nicht. Denn ob sich die Patienten trotz Erkrankung bei euch wohl fühlen oder eher so schnell wie möglich heim wollen, erfordert eine feine Balance zwischen dem Einsatz der richtigen Mittel, den richtigen Ideen und Investitionen in Einrichtungen und Personal.
Um das Spiel zu beschreiben, verfolgen wir einfach den Weg, den ein Patient optimalerweise durch euer Krankenhaus nimmt: Kaum durch den Eingang geschritten wendet er sich an die Rezeption, die ihn zunächst einmal an einen Allgemeinmediziner verweist. Er klopft also brav an die Tür – und wartet, bis er an der Reihe ist, denn mittlerweile hat sich wohl eine gewisse Warteschlange gebildet, weswegen er erstmal auf einer Bank Platz nimmt. Ist er zum Arzt vorgedrungen, stellt dieser entweder gleich eine Diagnose oder verweist ihn zu einer passenden Diagnosestation. Dort beginnt das Spielchen wieder von vorne – der Patient klopft, wartet, wird durchgecheckt und wandert wieder zurück zum Allgemeinarzt, bis diesem die Diagnosemöglichkeiten ausgehen (dann ist eure Forschung wohl noch nicht soweit oder ihr habt noch nicht alle Räume gebaut) oder er weiß, was dem Kranken fehlt. Auch die Therapie funktioniert ähnlich: Ist die Diagnose erstmal gestellt, wandert der Patient zum passenden Raum und lässt sich behandeln. Für jeden Schritt auf dieser Reise zahlt er bares Geld, das euch natürlich zugutekommt; allerdings sollten die Wartezeiten nicht zu lang werden, da dies nicht nur seiner Geduld, sondern eventuell auch seiner Gesundheit abträglich wird – wer will schließlich schon tote Patienten sehen? Niemand (und tatsächlich ist das eine der Möglichkeiten, wie man ein Level verlieren kann – zu viele Tote). Und das alles spielt sich in Theme Hospital nicht nur einmal ab, sondern tatsächlich Hunderte Male. Und teilweise gleichzeitig.
Ihr seht also vielleicht schon, der Schlüssel zu einem erfolgreichen Krankenhaus ist eine sorgfältige Planung. Ist in den ersten Kampagnenleveln das Arsenal an Räumen noch recht übersichtlich, erweitern sich eure Möglichkeiten in den letzten Abschnitten deutlich, und dann sollte man im Vorfeld schon recht genau wissen, wie man die Besucher lenkt, wo man Allgemeinmedizinräume brauchen könnte und wo die Patienten Platz zum Warten brauchen. In späteren Krankenhäusern (nach einer gewissen Siegbedingung wird man in der Kampagne befördert und beginnt in einem anderen Haus von vorne) kann man deshalb auch – wenn das Geld es zulässt – weitere Gebäude mieten. Anders als in vielen anderen Simulationen dieser Art hatten die Räume, die ihr in diese einbaut, darüber hinaus keine fixe Größe, sondern konnten frei platziert werden (wobei gewisse Mindestgrößen sowie die Rechteckform eingehalten werden mussten und die Einrichtung, inklusive Fenstern, Türen und natürlich dem Mobiliar manche Raumformen sinnvoller als andere machten). Das erlaubte, das Krankenhaus wirklich so einzurichten, wie man es sich vorstellte – und wie es hoffentlich auch funktionierte.
Notfälle waren allerdings ein echter Prüfstein der Rettungskette: Immer wieder wurde angefragt, ob unser Krankenhaus eine gewisse Menge an fertig diagnostizierten Patienten behandeln konnte – und dabei tickte die Uhr tatsächlich (und deutlich sichtbar). Das konnte schön viel Geld bringen, aber auch ganz schön den Ruf ruinieren, wenn es schiefging. Ähnliches galt auch für Epidemien, die allerdings im Gegensatz zu Notfällen „hausgemacht“ waren. Zu viele Patienten auf engem Raum und zu viel Dreck konnten schon mal echte Probleme verursachen, sodass eine Schwester herumlaufen und Patienten immunisieren musste, bevor sie weitere anstecken konnten – und die, die bereits infiziert waren, mussten darüber hinaus geheilt werden, bevor das Gesundheitsamt vorbeischaute. Das heißt, wenn man sich das antun wollte und nicht gleich zugab, dass man eine Epidemie im Krankenhaus hat. Hier hieß es schnell abwägen, ob der Aufwand das Risiko wert war.
Neben den richtigen Gebäuden waren auch die Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg. Die richtige Menge an Krankenschwestern, Ärzten und Handlangern sorgte dafür, dass die Patienten rasch gesund gepflegt werden konnten, ohne dass die Geräte kaputt gingen oder zu viel Dreck herumlag. Ähnlich wie bei den Sims ein paar Jahre später wurden aber natürlich auch eure Angestellten irgendwann müde und brauchten eine Pause. Das hieß natürlich einerseits, dass man immer ein paar Mitarbeiter in Reserve brauchte, aber andererseits zeigte es auch eine gewisse Intelligenz des Spiels: Unterbeschäftigte Ärzte verließen schon mal ihre Räume und wanderten dorthin, wo sie gerade dringender gebraucht wurden. Allerdings gab es da auch noch Zusatzqualifikationen, die man beachten musste – schließlich konnten zum Beispiel nur Chirurgen operieren, die aber im Gegenzug durchaus auch als Allgemeinmediziner arbeiten konnten. Da konnte es durchaus passieren, dass man einen Arzt schnappen und ganz wo anders hin verfrachten musste, um auf einen Notfall angemessen reagieren zu können oder auch zwei Chirurgen gleichzeitig im OP zu haben (was für Operationen Bedingung ist). Aber das war einfach der ganz normale Wahnsinn in Theme Hospital …
Also, warum ist Theme Hospital auf der Liste der Spiele, die ich vermisse? Weil es eine Wirtschaftssimulation war, die mich mit jeder Menge zu erreichender Ziele bei der Stange hielt, statt nur einen Sandbox-Aufbaumodus zu bieten; weil es eine eigentlich bierernste Thematik (Krankheit, Krankenhäuser, etc.) mit jeder Menge Humor aufbereitete (hey, gab es Ungeziefer, konnte man einfach drauf schießen – wenn man die kleinen Mistviecher erwischte. Und auch die Krankheiten, von aufgeblasenem Kopf bis Elvis-Wahn aka Schmalzstimme sind heute noch legendär); weil es eine simple Idee mit so vielen Möglichkeiten anreicherte, dass das Spiel zwar leicht zu lernen, aber durchaus schwer zu meistern war; und weil es ein Spiel war, zu dem ich immer wieder zurückkehren wollte und das ich bis heute ab und zu einlege – einfach, um ein paar Runden zu spielen und von den goldenen Zeiten von Bullfrog zu träumen …