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Review: The World Ends With You – Final Remix

Die Welt endet mit einem Screen weniger

Shibuya, Tokio: Neku Sakuraba versteht die Welt nicht mehr. Er ist in einem seltsamen Spiel gefangen, das ihn dazu zwingt, sich mit einem Mitspieler zusammenzutun und innerhalb eines Zeitlimits Missionen auszuführen. Dass er keine Erinnerung hat, wie er hierhergekommen ist und nach welchen Regeln sein neues Leben abläuft, hilft dabei ebenso wenig wie die Einstellung des einzelgängerischen Teenagers. Und doch bleibt ihm kaum etwas anders übrig, als sich auf das Spiel einzulassen, das laut seinen Mitspielern eine Woche dauern soll – immerhin droht ihm ansonsten die Auslöschung …

Mehr über die Hintergründe und die Story an sich wollen wir an diesem Punkt nicht erwähnen – immerhin ist die Geschichte mit all ihren Entwicklungen ein Highlight von The World Ends With You. Sagen wir deshalb einfach nur, dass ihr euch im Zuge dieses Spiels unter anderem immer wieder durch Shibuya kämpfen werdet, Aufgaben löst, um unsichtbare Wände loszuwerden, die Gedanken der Menschen um euch lest und natürlich vor allem versucht, eure Aufgabe zu erfüllen. Falls euch das alles bekannt vorkommt, ist das kein Wunder, erschien das Spiel doch vor über zehn Jahren auf dem Nintendo DS und wurde dort zwar nicht zum großen Hit, aber doch zum Geheimtipp, der auch zahlreiche Preise abräumen konnte. Später folgten Ports auf iOS und Android – und nun landet das Spiel, das zurecht Kultstatus besitzt, auf der Switch und bekommt dabei auch noch ein neues Zusatzkapitel spendiert, das nach der Hauptstory spielt.

Aus zwei mach eins

Gleich zu Beginn wollen wir uns auch kurz einem ganz augenscheinlichen Problem eines DS-Ports widmen, der bei The World Ends With You zu einer fundamentalen Änderung geführt hat: Auf dem Nintendo-Handheld wurden beide Screens ausgiebig genutzt, auf der Switch müssen wir mit einem Bildschirm auskommen. Viele Gameplayelemente konnten verhältnismäßig einfach auf eine Anzeige zusammengeführt werden, aber das Kampfsystem musste grundlegend verändert werden, da wir hier ursprünglich unten mit Neku per Stylus und gleichzeitig oben mit seinem Partner per Facebuttons kämpften und dabei nicht nur auf die Gegner und Cooldowns unserer Skills achten mussten, sondern auch noch darauf, wann welche Figur mehr Schaden macht. Auf der Switch folgt man nun den Weg, den auch die Mobile-Variante zuvor schon ging: Wir bekommen nur Nekus Perspektive zu sehen, unser Partner kann allerdings zur Hilfe gerufen werden. Ja, das nimmt dem Kampfsystem deutlich Komplexität, aber es macht die Gefechte deutlich zugänglicher, wenn man nicht mehr Augen und Finger an zwei Fronten gleichzeitig haben muss.

Apropos Finger – damit wären wir bei der Steuerung gelandet, die hier auf zwei verschiedene Arten gelöst wurde: Spielen wir The World Ends With You im Handheld-Modus, wird alles per Touch gesteuert. Das wird besonders bei Kämpfen ausgenutzt: Mal schießen wir Energiebolzen, mal erzeugen wir Feuer, mal schlagen wir auf unsere Gegner, ein – all das passiert nur, wenn wir die richtige Bewegung machen und das Spiel diese auch erkennt. Letzteres funktioniert meistens, aber nicht immer 100%ig zuverlässig. Im Docking-Modus müssen wir hingegen zum Joy-Con greifen, der im Kampf im Wii-FB-Stil zum Zeigegerät mutiert. Das funktioniert nach kurzer Eingewöhnung im Test erstaunlich gut, wenn auch nicht ganz fehlerfrei. In diesem Modus gibt es übrigens eine ganz neue Möglichkeit, das Spiel zu erleben: Co-op. Hier übernimmt ein zweiter Spieler die Rolle eures Partners und hat – wenn auch eingeschränkt – eigene Gesten zur Verfügung. Das macht durchaus Spaß, erfordert aber auch gute Zusammenarbeit, wenn man den Schaden maximieren will.

Und was trägst du?

Während beim Kampfsystem Kompromisse eingegangen wurden, gibt sich der Rest des Spiels wie anno dazumal – einige interessante und durchaus komplexe Ideen inklusive. So sind zum Beispiel in manchen Bereichen gewisse Marken populärer als andere. Das hat direkte Auswirkungen auf die Kampfwerte eurer Pins, die eure Skills darstellen – populäre Marken sind stärker als jene, die gerade „unten durch“ sind -, kann aber von euch manipuliert werden (durch Kämpfe steigt die Popularität der verwendeten Marken). Ideen wie diese klingen für den typischen Rollenspieler vielleicht nach einem seltsamen Konzept, aber in einem Spiel wie The World Ends With You, das eine Liebeserklärung an die japanische Popkultur darstellt, passt es einfach genauso wie die Manga-artige Präsentation und der Soundtrack, der für die Neuauflage zusätzlich als Remix-Fassung vorliegt. Zumindest an diesem Punkt habt ihr also die freie Wahl, ob euch die alte oder die neue Version besser gefällt.

Fazit

Wertung - 8

8

Anders, aber deshalb nicht schlechter

Ich gehöre ja zu jenen Spielern, die damals The World Ends With You unbedingt spielen wollten und dann ihre blanke Not mit dem Kampfsystem hatten. Bis zum Ende hatte ich in den Gefechten ständig das Gefühl, dass sich mein Hirn zwischen Power-Puck, zwei Steuerungen und zwei Bildschirmen verknotete. Diese Erfahrung überlagerte meine positive Erinnerung an die Geschichte von Neku – bis heute. Mit der Switch-Version ist nämlich nicht nur die Grafik gelungen aufpoliert, sondern auch das Kampfsystem entscheidend entschlackt worden. Ich kann mir natürlich gut vorstellen, dass so mancher Spieler, der das System am DS gemeistert hat, hier von einer unerträglichen Vereinfachung spricht, ich persönlich freue mich, dass mein Gehirn weniger multitasken muss. In Sachen Steuerungsmethode schlagen zwei Seelen in der Brust. Mit den Joy-Cons ist die Präzision besser, dafür kam es schon mal vor, dass der Cursor abhandenkam; die Touch-Steuerung interpretierte meine Eingaben nicht immer korrekt, dafür war ich mit den Fingern gefühlt schneller als mit den Joy-Cons. Gesamt ist The World Ends With You – Final Remix eine gelungene Neuauflage, die das sehr spezifisch auf seine Hardware zugeschnittene Original gelungen auf ein neues Gerät bringt, allerdings nicht ohne ein wenig Komplexität einzubüßen. Wer auf japanische Popkultur und Rollenspiel steht, sollte Nekus Geschichte erleben; wer die DS-Version allerdings schon gemeistert hat oder sogar schon die Mobile-Fassung besitzt, sollte darüber nachdenken, ob die Änderungen den Neupreis wert sind.

Genre: Action-Rollenspiel
Entwickler: Square-Enix
System: Switch
Erscheint: 12. Oktober 2018
Preis: ca. 50 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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