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Review: A Bavarian Tale – Totgeschwiegen

O'gspielt is!

Dass Detektive und Videospiele zusammenpassen, wissen wir wohl nicht erst seit den diversen Sherlock Holmes-Adventures. Aber Detektiv-Abenteuer, ein paar Elemente Pen&Paper-Rollenspiel, Schleichen, Prügeleinlagen und darüber auch noch eine große Portion Historiendrama und bayerisches Lokalkolorit? Active Fungus Games haben sich an diesem Mix versucht. Ob er aufgegangen ist?

Zefix, wos is a Physikatsberichtersteller?

Im Spiel übernehmt ihr die Rolle von Valentin Schmidt, der im Jahr 1866 im bayerischen Dorf Wolpertshofen einen Physikatsbericht (ja, sowas gab es tatsächlich) erstellen soll. Klingt nach einem leichten Auftrag? Tja, falsch gedacht: Im Dorf herrscht Ausnahmezustand – ein Mord ist passiert. „Der Lenz ist tot“, heißt es, nach einer Auseinandersetzung ist er verstorben aufgefunden worden. Doch wer war es? Der Dorflehrer? Hatte der Herr Pfarrer seine Finger im Spiel? Das herauszufinden liegt – aus nicht ganz so klaren Gründen – nun an uns, die wir mit Valentin Wolpertshofen und seine Einwohner näher kennenlernen müssen, als das unser eigentlicher Auftrag vorgesehen hat …

Hobts mi?

Detektivspiele, in denen wir als Protagonist einen Mordfall oder ähliches aufklären müssen, gibt es ja so einige – und oft handelt es sich dabei um Point’n’Click-Spiele. A Bavarian Tale versucht allerdings seine eigenen Wege zu gehen und mixt – wie schon in der Einleitung erwähnt – seine eigene Gameplay-Idee aus allerhand Zutaten zusammen. Wir bereisen Wolpertshofen und Umgebung aus Third-Person-Sicht, reden mit den mehr oder weniger kooperativen Einwohnern in einer Art Choose-Your-own-Adventure-Stil und suchen in einem speziellen Detektivmodus, der Ausdauer kostet (die man stilecht mit einer Brezn wieder aufladen kann) nach nützlichen Objekten. Anders als bei vielen Spielen ist dabei nicht vorgesehen, dass man tatsächlich alles findet: Da auch Hinweise hinter rollenspielartigen Würfelproben versteckt sind, ist es sogar recht wahrscheinlich, dass ihr nicht alle Puzzleteile des Falls zusammentragen könnt. Das äußert sich auch in mehreren Enden, die das Finale eurer Reise nach Wolpertshofen bilden. Bis dahin habt ihr aber rund einige Stunden mit Gesprächen mit den Einwohnern, Hinweissuche und sogar so mancher Schleich- und Prügeleinlage verbracht.

Jo mei, a Leich!

Geht dieser Mix auf? Einigen wir uns auf „teilweise“. A Bavarian Tale wirkt manchmal, als hätte man bei den Entwicklern viele Ideen gehabt, diese aber mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ganz durchziehen und vor allem nicht verfeinern können. Zum Beispiel sind die Gefechte wenig herausfordernd und die Gegner erschreckend dumm, während die Item-Suche schon zu Beginn im Tutorial-Teil das Spiel unnötig mit Sammelquests verzögert. Und während die Grafik für ein Spiel im Indie-Bereich okay ist (es aber dennoch zu einigen unnötigen Fehlern kommt), hätte das Userinterface doch noch ein, zwei Iterationen vertragen. Dafür punktet das Spiel durchgehend mit Lokalkolorit – die bayerische Syncro ist so urig (wenn auch von schwankender Qualität, wodurch sie bisweilen an der Grenze zur Parodie feststeckt), dass man als deutschsprachiger Normalsterblicher über die hochdeutschen Untertitel froh ist (auch die englische Syncro passt sich an gängige Klischees an und klingt ein wenig nach Schwarzenegger-Englisch – wir bevorzugen dennoch die bayerische Fassung); die Dynamiken einer Kleinstadt wurden von den Autoren gut getroffen und die Musik passt in den meisten Momenten – nur das Bierfest-Gedudel bei den Prügeleinlagen wirkt zu fröhlich für die Situation. Allerdings kann es sein, dass hier noch Verbesserungen folgen – immerhin wissen die Entwickler selbst, dass es noch einiges zu tun gibt und arbeiten unter anderem auch an einer Controller-Steuerung und einem eventuellen Steamdeck-Support.

Fazit

Wertung - 6.5

6.5

Bassd scho ...

Weniger ist mehr, hätte man den Machern von A Bavarian Tale: Totgeschwiegen sagen sollen. Denn das Spiel hat einige Stärken, die das Spiel samt aller Ecken und Kanten interessant machen – die Dynamik der Einwohner im Dorf, das Writing der Story, die multiplen Enden -, begeht aber auch einige Fehltritte, die einfach nicht nötig gewesen wären, hätte man mehr Zeit in die entsprechenden Gameplaykonzepte investiert oder sich entschieden, diese lieber wegzulassen. So bleibt eine gute Idee mit netter Schreibe, das aber entweder mehr Zeit und Budget gebraucht hätte, um wirklich rund zu werden, oder eine bessere Einschätzung, welche Spielteile man rund und sinnvoll mit den Ressourcen inkludieren hätte können. So bleibt ein Spiel, das ich in seinen besseren Momenten (Stichwort: Choose-Your-Own-Adventure-Teile) gerne höher bewertet hätte, aber das von seinen Schwachstellen runtergezogen wird.

Genre: Rollenspiel
Entwickler: Active Fungus Games
System: PC
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 15 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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