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Review: Super Mario Bros. Wonder

Was kann man aus der 2D-Mario Formel noch herausholen?

Ein ganz normaler Tag für die Bewohner des Pilzkönigreichs: Prinzessin Peach, Prinzessin Daisy, Mario und Luigi sind auf Besuch im Blumenkönigreich, als einmal mehr alles schiefgeht: Bösewicht Bowser fusioniert durch die Zauberkraft des Königreichs mit dem Palast und zwingt unsere Helden (verstärkt durch Toadette, Mopsie, sowie Toads und Yoshis) gemeinsam mit Prinz Florian vom Blumenkönigreich zu einer ungeplanten Tour, um das Reich vor Bowser zu retten. Doch die magischen Eigenschaften des Landes werden dieses Abenteuer zu einem besonderen machen …

2D-Jump’n’Run…

Super Mario ist schon längst in vielen, vielen Genres zuhause und selbst im „heimischen“ Jump’n’Run-Genre gibt es aktuell drei verschiedene Sub-Schienen: klassische 2D-Plattformer, die sich ständig weiterentwickelnden 3D-Ausgaben im Stil von Mario Odyssey, sowie die Super Mario 3D Land/World-Spiele, die ein 2D-artiges Gameplay mit den 3D-Möglichkeiten verbinden. Deshalb sei zuerst gesagt: Super Mario Bros. Wonder gehört ganz klar zu den klassischen 2D-Plattformern mit jener Formel, wie wir sie schon im ersten Super Mario Bros. auf dem NES gesehen haben: Mario (oder eine andere Figur eurer Wahl) läuft von links nach rechts, springt über Hindernisse oder auf Gegner, weicht Gefahren aus, sammelt mittlerweile ikonische Power-Ups wie den Pilz, der euch größer werden lässt, oder die Feuerblume ein und gelangt am Ende hoffentlich zur Zielflagge. Zu diesem klassischen Gameplay und der gewohnt gelungenen, präzisen Steuerung kommen zwar noch einige Details, die wir aus späteren 2D-Plattformern der Reihe kennen (z.B. die Möglichkeit, ein Item aufzuheben und bei Bedarf zu verwenden, Zwischenflaggen, die als Reset-Punkte nach einem Ableben dienen, sowie Sammelobjekte, die man innerhalb der Levels unter teilweise erschwerten Bedingungen finden kann), aber im Endeffekt solltet ihr euch keine gewaltige Evolution der klassischen Super Mario-Formel – die allerdings ohnehin für hohes Niveau steht – erwarten.

… mit Seitenblick …

Dennoch zögert Wonder nicht, einen Seitenblick auf seine Geschwister-Reihen zu werfen und einige Elemente von dort zu übernehmen. So sind die einzelnen Level oft stark von einem speziellen Gameplay-Element oder Gegner geprägt, wie wir es aus der 3D Land/World-Reihe kennen: Wir schwimmen zum Beispiel in einem Level Regenfälle hoch oder lassen uns von Vögeln mit spitzen Schnäbeln Brücken bauen; Shops, in denen wir Geld für Extraleben, Samen, Aufsteller und Abzeichen (dazu später mehr) ausgeben können, haben wir zuletzt in Mario Odyssey gesehen – und auch die Tatsache, dass es kein Zeitlimit mehr gibt, kennen wir aus den 3D-Teilen. Auch das Gating, bei dem wir in der Oberwelt erst weiterkommen, wenn wir genügend Zaubersamen gesammelt haben, um die entsprechenden Level freischalten zu können, gab es schon in anderen Spielen, wurde aber diesmal drastisch entschärft: Zwar hat jetzt jede Welt auf der Übersichtskarte ihre eigenen Samen, die nur in diesem Abschnitt der Welt Level freischalten (was es unmöglich macht, diese in den leichten Levels zu farmen, um in den schwereren Abschnitten knifflige Situation zu vermeiden), aber da man pro Level mindestens einen davon für das Erreichen des Ausgangs erhält (meistens gibt es noch einen zweiten, dazu später mehr), vermeidet man den Stillstand aus anderen Teilen, in denen man oft lange Zeit farmen musste, um im Spiel voranzukomen. Tatsächlich erlaubt euch Wonder sogar, ganze Level auszulassen: Neben Abschnitten der Oberwelt, bei denen es erst weitergeht, wenn das entsprechende Level geschafft ist, gibt es auf der Weltkarte auch offene Bereiche, wo ihr frei entscheiden könnt, welche Stage ihr als nächstes spielen wollt (oder eben sogar auslassen, wenn ihr auch ohne sie genügend Samen gesammelt habt). Mehr noch: Später im Spiel bekommt ihr sogar die Möglichkeit, einzelne Subwelten in beliebiger Reihenfolge zu spielen, statt einer fixen Vorgabe zu folgen. Auch sind nicht alle Levels gleich: Neben den klassischen Jump’n’Run-Sequenzen gibt es zum Beispiel auch „Erholungslevel“, die oft entspannend kurz sind, Wettrennen, Kampfarenen und Prüfungen.

… und mehr Wunder

Diese Prüfungen haben mit einer neuen Idee von Super Mario Bros. Wonder zu tun: den Abzeichen. Statt den einzelnen Figuren wie in vielen Vorgängern unterschiedliche Eigenschaften zu geben (z.B. Luigi höher springen oder Peach kurz schweben zu lassen), sind die einzelnen Charaktere spielerisch diesmal völlig ident (eine Ausnahme stellen hier nur Mopsie und die Yoshis dar – diese nehmen keinen Schaden durch Gegner, können aber dafür keine Power-ups nutzen und sind deshalb ideale Figuren für Kinder); stattdessen könnt ihr mithilfe der Abzeichen das Gameplay auf eure Wünsche zuschneiden. Mit der passenden Ausrüstung schwebt eure Figur kurzzeitig in der Luft, setzt Sprünge gegen Wände senkrecht fort (statt wie beim „normalen“ Walljump von der Wand wieder wegzuspringen), beschleunigt unter Wasser mit einem Delfinkick, springt aus tödlichen Abgründen noch einmal hinaus oder verändert sogar die Level leicht. Das sorgt natürlich auch für eine gewisse Replayability: Nicht immer sind mit den ausgerüsteten Abzeichen die Wunderblume oder die violetten großen Blumenmünzen (die die Sternmünzen aus den Vorgängern ersetzen) zu erreichen. Ein erneuter Anlauf mit einem anderen Abzeichen kann hier helfen.

Der Name der Wunderblume

Da wir gerade die Wunderblume erwähnt haben: In vielen Levels lässt sich dieses spezielle Item finden, das den Abschnitt magisch verwandelt euch auf den Weg zu einem zusätzlichen Samen bringt. Die Auswirkungen der Blume sind unterschiedlich: Mal werdet ihr zum Riesen, dann tanzen die Röhren herum, die Zeit verändert sich oder ihr verwandelt euch in eine völlig andere Kreatur. Hier durften die Designer offensichtlich viel Kreativität ausleben und sorgen für abwechslungsreiche Ideen, die bisweilen fordernd sind, aber auf jeden Fall das normale Gameplay aufpeppen – und wir wollen hier auch gar nicht zu viel verraten. Ganz generell sollte man allerdings festhalten, dass der Schwierigkeitsgrad angemessen ist: Anders als bei New Super Mario Bros U (Deluxe), das einige Spieler mit kniffligen Passagen frustrierte, gibt sich Wonder von einer moderateren Seite – was nicht heißt, dass es nicht einige Abschnitte gibt, in denen wir nach etlichen Wiederholungen noch immer nicht weiterkamen. Dazu sind aber drei Sachen zu erwähnen: Erstens lassen sich Levels – wie schon gesagt – auslassen; zweitens sind diese Abschnitte alle im Endeffekt schaffbar (und dank Autosave nach jedem Level verlieren wir auch keinen Spielfortschritt, wenn wir mal hängenbleiben und die Switch aus der Hand legen müssen). Und drittens weist uns das Spiel schon bei der Levelauswahl darauf hin, wie schwer der Abschnitt ist. Allerdings ist letzteres unserer Meinung nach nicht ganz akkurat – wir haben schon über Level mit drei Sternen geflucht, während wir bei vier-Stern-Levels fast durchgerusht sind. Hier spielen aber natürlich auch die verwendeten Abzeichen eine gewisse Rolle.

Soziale Geister und Phantome

Sollte man so gar nicht weiterkommen, können aber auch Mitspieler helfen. Damit meinen wir gar nicht unmittelbar den vier Spieler-Koop, in dem wir (anders als bei New Super Mario Bros) uns endlich nicht mehr so sehr im Weg stehen, sondern ein Online-Feature, das Nintendo in das Spiel eingebaut hat. Aktiviert den Onlinemodus, seht ihr schon bald nicht nur euch durch die Level huschen, sondern auch Schatten. Dabei handelt es sich um andere Spieler, die entweder gerade jetzt im selben Abschnitt unterwegs sind, oder um aufgezeichnete Ghost-Daten von jenen, die schon vor euch in diesem Level waren. Diese können euch zwar nicht direkt auf eurem Weg durch den Abschnitt helfen (das wäre wohl auch zu einfach), aber zeigen, welchen Weg sie genommen haben – und machen euch so vielleicht auf Geheimnisse aufmerksam (was gerade in Such-Levels, in denen man mehrere Items in einem relativ begrenzten Abschnitt finden muss, hilfreich sein kann). Zumindest die Live-Spieler haben dabei noch eine zweite Funktion: Fallt ihr in einen Abgrund oder verliert auf andere Art und Weise euer Leben, verwandelt ihr euch in einen Geist, der nun fünf Sekunden Zeit hat, eine andere Spielfigur einzufangen. Gelingt euch das, kehrt ihr ins Level zurück, ohne ein Leben zu verlieren. Eine ähnliche Funktion haben auch die Aufsteller: Diese könnt ihr an beliebigen Stellen im Level platzieren, um anderen Spielern Hinweise zu geben oder auch knifflige Stellen zu entschärfen: Diese gute Tat nutzt zwar euch selbst nichts, aber die Aufsteller landen in den Spielen von anderen und können – sofern sie zuvor durch Berührung aktiviert wurden – ebenfalls dazu dienen, einen Geist ins Leben zurückzuholen.

Tööröö!

Was wäre ein Super Mario-Spiel ohne Power-Ups? Feuerblume, Superpilz und Co. sind immerhin legendäre Items, und regelmäßig bringen neue Spiele neue Ideen. Auch Wonder bringt neben den altbekannten Gegenständen drei neue Items ins Spiel: einen Bohrer-Helm, der euch durch Gegenstände, aber auch in Decke und Boden bohren lässt und so neue Wege eröffnet; eine Bubble-Blume, die euch statt Feuerbälle Blasen schießen lässt, die auch durch Wände dringen und sogar als Plattform dienen können; und natürlich das Poster-Item des Spiels – der Elefant. Dieser kann seinen Rüssel einsetzen, um Dinge zu zerschlagen, Feinde abzuwehren und Wasser zu verteilen. Die neuen Ideen fügen sich gut ins Spiel ein, so wirklich bahnbrechend sind sie allerdings auch nicht. Die meiste Zeit kommen wir gefühlt mit Superpilz und Feuerblume an unser Ziel. Aber das ist vielleicht auch einfach Geschmackssache.

New Super Mario Voice

Neben all den spielerischen Verbesserungen gibt es aber auch einen neuen Anstrich für das Spiel. Das beginnt schon mit einer gegenüber New Super Mario Bros. deutlich upgedateten Optik. Dazu kommen auch neue Animationen, die an Cartoons erinnern. Ja, vermutlich wäre es nicht nötig gewesen, dass Mario auf dem Weg durch eine Röhre noch nach seiner zurückgebliebenen Mütze greift, aber es ist eine nette Idee, die dem Spiel das ein verspieltes Flair gibt, ohne durch unnötige Längen der Animation das Spieltempo zu stören. Das wohl wichtigste Thema ist diesmal aber wohl der Sound. Nein, wir reden nicht von der Musik, in der gekonnt Mario-Feeling mit neuen und alten Melodien erzeugt wird, sondern von einer Premiere: Erstmals ist Kevin Afghani statt Charles Martinet als Mario und Luigi zu hören. Und auch wenn dieser Schritt unter Fans nicht unumstritten war, kann man hier definitiv Entwarnung geben: Der neue Sprecher tritt gekonnt in Martinets Fußstapfen (auch wenn sich seine Aufgabe Mario-typisch auf kurze Ausrufe und wenige Worte beschränkt). Klar, im Detail gibt es Unterschiede, aber wir vermuten: Wer nicht wüsste, dass es einen neuen Sprecher gibt, würde das vermutlich gar nicht bemerken – und auch wir haben uns rasch an Afghanis Version gewöhnt. Wer jetzt aber sagt: „Typisch Nintendo, noch immer keine wirkliche Sprachausgabe“: Es stimmt schon, unsere Figuren und auch die diversen Einwohner des Blumenkönigreichs kommunizieren vor allem per Text mit uns. Eine Ausnahme sind aber diverse Blumen in den Levels, die tatsächlich vertont wurden und so Hinweise geben, unseren Fortschritt kommentieren oder einfach so losquasseln. Da dies schon in den Trailern so manchen potenziellen Spieler gestört hat, hier die gute Nachricht: Man kann diese Sprachausgabe auch abschalten. Gerade beim Spielen mit Kindern, denen man vielleicht innerhalb der Levels dann doch nicht alles vorlesen möchte, ist die Sprachausgabe aber ein großer Vorteil.

Fazit

Wertung - 9

9

WUNDER-bar

Die Super Mario Bros-Reihe hat einen wichtigen Platz in meinem Herzen: Die drei NES-Teile waren meine erste Konsolenerfahrung, Super Mario Land war das erste Spiel, das ich mit meinem eigenen Geld gekauft habe, und bis heute ist jeder Mario-Plattformer Pflichtkauf. Dennoch hat sich die Reihe zuletzt etwas Konkurrenz gemacht: Die 3D-Titel setzten stärker auf Innovationen, 3D Land/World kombinierten gekonnt das klassische 2D-Gameplay mit größerer Freiheit, während die 2D-Reihe etwas stagnierte. Kann man aus der klassischen Mario-Formel, so gut sie auch ist, noch immer ein Must Have herausholen, oder ist der Zenit überschritten? Super Mario Bros. Wonder beweist, dass man Nintendo niemals unterschätzen sollte: Die besten Zutaten der 2D-Spiele, gemischt mit den Innovationen aus den anderen Plattforming-Teilen geben schon allein eine unterhaltsame Unterlage. Gibt man dann aber noch die Wunder, die Abzeichen und sogar den Online-Modus hinzu, ergibt sich eine wunderbare Rezeptur, die bis zum Ende Spaß macht. Auf ins Blumenkönigreich!

Genre: Jump’n’Run
Entwickler: Nintendo
System: Switch
Erscheint: 20. Oktober 2023
Preis: ca. 60 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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