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Review: Cyberpunk 2077: Phantom Liberty + Update 2.0

Was lange währt wird noch besser

Ich rase auf meinem Kusanagi Bike durch Neon-beleuchtete Gassen, vier Verfolger in gepanzerten Fahrzeugen dicht auf meinen Fersen. Ein kurzer Blick nach hinten und schon zwinge ich den Vordersten per Quickhack zur Vollbremsung, woraufhin er mit seinem Hintermann in ein ungewollt inniges Tänzchen übergeht. Dem Fahrer des nächsten Wagens irritiere ich mit einer kleinen Schrotflinten-Salve seinen Sehnerv, wodurch dieser leider die nächste Abzweigung verpasst und ungebremst in eine Hauswand rauscht. In einer fließenden Bewegung springe ich von meinem Gefährt ab, packe meine Smart-Rifle aus und ballere den Insassen des vorbeirauschenden letzten Wagens per zielsuchenden Kugeln die Köpfe von den Schultern. Night City hat mich wieder und viel hat sich geändert.

Alles neu!

Wer Cyberpunk 2077 (mit oder ohne Phantom Liberty-DLC) nach dem aktuellen Update 2.0 startet, dürfte tatsächlich erstmal überrascht sein, denn hier wurde das gesamte Gameplay von Grund auf generalüberholt. Ein entschlackter Fertigkeitenbaum bietet nun völlig neue Skills, die wirklich jedem hinein gesteckten Punkt eine merkliche Gameplay-Änderung zuteilen. So wird z.B. die Möglichkeit freigespielt Quickhacks zu Combos zu stacken, bei Nahkampf-Angriffen einen automatischen Dash auszuführen oder eben auch Fahrzeuge zu hacken und extra stylisch von einem Motorrad zu springen.

Freie Outfit-Wahl

Zeitgleich wurden faktisch sämtliche Werte aus den hunderten im Spiel findbaren Outfit-Teilen entfernt, sodass sich nach Lust und Laune eingekleidet werden darf, ohne auf etwaige Rüstungsboni zu achten. Ausnahmen stellen nur kugelsichere Westen und dergleichen dar, die tatsächliche realistischen Schutz bieten. Wer trotzdem nicht durchsiebt werden möchte, schaut zum Ripperdoc seines vertrauens und holt sich kybernetisch verstärkte Haut und Knochen in verschiedensten Qualitätsstufen.

I feel better in Metal

Das ebenfalls stark überarbeitete Cyberware-System bietet dafür auch deutlich mehr taktischen Tiefgang und bezieht auch die körperlichen Belastung dieser Implantate mit ein. So bieten besonders invasive Teile zwar extreme Verbesserungen, verlangen aber auch einen großen Teil der maximalen Belastbarkeit ihres Besitzers ab. Fans des Cyberpunk: Edgerunners-Animes, die auf Kosten ihrer Gesundheit über ihre maximale Kapazität hinausgehen wollen, halten übrigens im Fertigkeitenbaum einfach nach dem Bild von Hauptcharakter David Ausschau.

Niemand ist so Max-Tech wie MaxTac

Völlig überarbeitet wurden auch die Polizei von Liberty City, die nun in einem GTA-artigen System immer weiter eskaliert und vier zusätzliche Verstärkungs-Instanzen zur Hilfe ruft. Ein idealer Weg also seine neuen Waffen und Implantate auf Herz und Nieren zu prüfen. Denn spätestens wenn die MaxTac-Spezialeinheit mit ohrenbetäubenden Sound in ihren fliegenden Truppentransportern angerauscht kommen, wird auch der härteste Cyberpsycho in seine Schranken gewiesen. Diverse Quality of Life-Verbesserungen, wie die Möglichkeit, ganze Outfits zu speichern, runden das Update 2.0 ab und lassen nur kleine Kritikpunkte, wie die teils immer noch überforderte KI und fehlende Spiegelungen des eigenen Charakters über.

Und wo ist jetzt der Elba?

Doch wie sieht es nun mit Phantom Liberty aus? Während die bisher erwähnten Änderungen nämlich allen Spielern gratis zur Verfügung stehen und dank neu angepassten Bosskämpfen, Loot und verbesserten Charaktermodellen durchaus zum erneuten Durchspielen motivieren, ist für Cyberpunk-Veteranen wohl vor allem der neue Story-DLC interessant.

Never change a Netrunning-System

Die Entwickler lassen den Spielern hier auch die Möglichkeit, mit einem bereits aufgelevelten Charakter direkt in den DLC-Content zu starten, dies ist aber nicht unbedingt empfehlenswert. Phantom Liberty ist nämlich in erster Linie eines: Einfach mehr Cyberpunk. So wird Hauptcharakter V hier in eine dichte Geschichte rund um den anarchistisch abgekapselten Teil von Night City namens Dogtown verstrickt. Das dazu gehöhrige gigantische Stadion, welches den Eingang des Areals darstellt, konnten Spielern bisher nur von außen bewundert werden.

Choomlympus has fallen

Die Rahmenhandlung von Phantom Liberty erinnert dabei zuerst an einen typischen Action-Flick, in dem Heldin V die Präsidentin der NUSA vor Terroristen retten muss. Cyberpunk typisch verstrickt sich das Ganze aber in Gang-Kriege, Corpo-Intrigen, abgedrehte Cyberspace-Esoterik und jede Menge Halb-Monologe zur Vorgeschichte der diversen Charaktere. Zu diesen zählen dann auch Sleeper-Agent Norman Reed (Idris Elba) sowie die aus dem Trailer bekannte Netrunnerin Songbird.

Die Liebe steckt im NPC

Die so erzählten Geschichten werden dabei wieder von den mehr als soliden Sychronsprechern und den interessanten Einzelschicksalen von sowohl den Hauptcharakteren, als auch selbst kleinsten Neben-NPCs getragen. Diesen wurde auch hier eine bemerkenswerte Menge an Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail zugesprochen, wodurch jeder noch so kleine Baller-Gig ansprechend in ein dazu passendes Setting fundiert wurde.

Zwar nicht zu Tränen gerührt, aber motiviert

Emotionalen Tiefgang auf dem Level eines Edgerunners darf hier aber dennoch nicht erwartet werden. So führen die Geschichten Phantom Libertys konsequent den Stil des Hauptteils weiter und setzen lediglich stellenweise an Effekten und Bombast-Action nochmal einen drauf. Auch feiern viele bekannte Charaktere ein Comeback und beleben das neue Setting mit zur aktuellen Situation passenden Konversationen.

Böser Doggo

Dogtown präsentiert sich dabei wie eine komprimierte Version von Night City selbst und bietet wieder vielfältige optische Highlights voller stimmiger Atmosphäre. Der autonome Stadtteil verspricht zwar Freiheit für Gesetzesflüchtlinge, steckt aber fest in der Klaue der paramilitärischen Barghest-Gruppe und ihrem Anführer Kurt Hansen, was sich auch in dem nochmal verstärkt anarchistischen Stil der diversen Areale widerspiegelt.

Delta zum Chrome, Gonk!

Als neue Gameplay-Elemente darf V nun beispielsweise auch nach Updates für einen eigenen Relikt-Fertigkeitenbaum mit nochmal extra einschlägigen Skills suchen, dynamische Kampf-Szenarien und Parkour-Herausforderungen generierenden Airdrops hinterherjagen oder Autos für Fixer El Capitán stehlen. Zusammen mit einer Vielzahl neuer legendärer Waffen, Mods und Quickhacks sowie dem um 20 Level heraufgesetzten Level-Limit gibt es so auch für Veteranen, die bereits alles aus dem Hauptspiel herausgeholt haben, wieder einiges zu tun und zu finden.

Fazit:

Wertung: - 9

9

Cyberpunk 2.0

Mit dem Update 2.0 hat CD Projekt RED sich das Feedback der Fans wahrlich zu Herzen genommen und das Spiel an allen Ecken und Enden mit sehr sinnvoll gesetzten Verbesserungen zurecht geschliffen. Cyberpunk 2077 bietet somit eine rundere Erfahrung denn je und gerade nach meiner Enttäuschung über Starfield waren das gut abgestimmte Kampf- und Upgrade-System, die hand-designte Spielwelt mit ihren stets auch Gameplay-technisch gut überlegten Arealen, die interessanten Charaktere, cineastisch inszenierten Konversationen und bombastischen Hauptmissionen wahrlich eine Wohltat. Wer den Titel aufgrund des Last Gen-Debakels links liegen gelassen hat, darf hier definitiv wieder einen Blick riskieren, während Fans des Hauptteils mit Phantom Liberty einen Vorzeige-DLC ohne allzu große Experimente spendiert bekommen. Wer mit dem Hauptspiel auch abseits der technischen Mängel nichts anfangen konnte, wird aber auch hier nicht glücklich werden. Ansonsten ist Phantom Liberty ein wunderbarer DLC und das Update 2.0 ein erneuter Vorzeige-Einsatz der Entwickler, der zeigt, dass sie Spiel und Spieler auch Jahre nach dem Release nicht im Stich lassen.

Genre: Action-RPG, Ego-Shooter
Entwickler: CD Projekt RED
System: PlayStation 5, Xbox Series S/X und PC
Erscheint: 26. September
Preis: ca. 30 Euro

Review: Cyberpunk 2077: Phantom Liberty + Update 2.0

Streaming-Tipp: Inside the Game – Cyberpunk 2077: Phantom Liberty (Mediathek)

 

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