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Review: Civilization VI: New Frontier Pass

Season Pass, Civ-Style

In den letzten Jahren war die Releasepolitik bei Civilization recht geradlinig: In klassischer Firaxis-Manier folgten auf ein ohnehin schon ordentliches Gesamtpaket sowohl kleinere DLCs (neue Zivilisationen und Szenarien) als auch ein bis zwei große Add-ons, die das Spielprinzip gewaltig erweiterten. Civilization VI ging allerdings letztes Jahr einen Schritt weiter: Nach neuen Völkern samt Anführern und den zu erwartenden zwei Add-ons, die Spielideen wie den Klimawandel oder das Aufsteigen und Fallen ganzer Reiche zum Inhalt hatten, folgte fast vier Jahr nach dem Release des Basisspiels der New Frontier Pass – ein Season Pass, der mit mehreren Bezahl- (und einigen weiteren Gratis-)DLCs Civilization VI deutlich erweitern sollte. Mittlerweile ist der letzte Release erschienen – Grund genug zu fragen: Lohnt sich New Frontier?

Kein Add-on

Eines vorweg: New Frontier ist kein in Einzelteilen verkauftes Add-on – die gelieferten Einzelteile setzen sich nicht magisch zu einem einzelnen, großartigen Gesamtpaket in Firaxis-Qualität und -Umfang zusammen; hier gibt es auch keine so fundamentalen, im Nachhinein nicht mehr wegzudenkenden Gameplay-Veränderungen, wie sie Rise & Fall oder Gathering Storm gebracht haben, und auch keine Weltwunder oder Völker, die eure Spielweise völlig umkrempeln. Vielmehr umfasst der New Frontier Pass sechs auch einzeln erwerbbare kleine Erweiterungen, die jeweils eine neue Spielvariante und ein bis zwei neue Völker mit sich bringen. Außerdem gibt es noch je nach Paket neue Gebäude, Bezirke, Weltwunder und/oder Karten. Ursprünglich wurden die sechs DLCs im Abstand von zwei Monaten geliefert, was genug Zeit gab, den neuen Content auszuprobieren, bevor der nächste kam (und Spielern, wohl am wichtigsten für die Macher, einen Grund gab, zu dem doch schon bald fünf Jahre alten Spiel regelmäßig zurückzukehren). Wer aber jetzt neu einsteigt, tut gut daran, vor allem bei den Spielmodi langsam an die Sache heranzugehen. Zwar könnt ihr alle Pakete gleichzeitig bei Spielbeginn aktivieren, ob das allerdings sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

Schöne neue Spielvarianten

Doch wie genau ist „neuen Spielvariante“ zu verstehen? Es handelt sich dabei meist um kleinere oder größere Eingriffe ins Gameplay, die euer Volk vor völlig neue Herausforderungen stellen.  Wer (wie ich in meinem Review zu Gathering Storm) zum Beispiel das Gefühl hatte, dass die Klimaerwärmung zu wenig Auswirkungen hat, aktiviert den Apokalypse-Modus – hier sind von Beginn an Naturkatastrophen sehr häufig (und können mit einer neuen Einheit sogar ein wenig gesteuert werden), aber wenn wir es im Endgame nicht schaffen die Klimaerwärmung zu stoppen, steigt nicht einfach nur der Meeresspiegel ein wenig an, sondern wir werden mit einer untergehenden Welt konfrontiert, in der wir nur mit Glück vielleicht noch zum Sieg humpeln können (dass die KI in Sachen Umweltschutz manchmal nicht besonders kalkulierbar ist, hilft leider nur begrenzt). Bei den Geheimgesellschaften gibt es hingegen vier große Geheimbünde, von denen ihr euch einem anschließen könnt (das funktioniert ähnlich wie die Gouverneure) – aber gleichzeitig werdet ihr auch Probleme mit jenen Herrschern bekommen, die sich für eine andere verborgene Gesellschaft entschieden haben. Ebenfalls in eine schon bestehende Mechanik greifen die Dramatischen Zeiten ein – in diesem Fall in die Zeitalter-Mechanik. Hier gibt es nämlich statt drei (plus dem heroischen Zeitalter) nur noch zwei: Schafft ihr es, eine goldene Ära zu triggern, habt ihr neue Sozialpolitiken zur Auswahl und übt starken Druck auf benachbarte Städte aus. Gelingt euch das nicht, bricht eine wirklich finstere Stunde für euer Volk herein – eine stärkere Variante des dunklen Zeitalters aus dem Original, die viel mehr Nachteile mit sich bringt. Hier werdet ihr rasch handeln müssen, um eure Städte zu behalten und nicht an andere Völker zu verlieren.

In einem anderen Modus namens Helden & Legenden gibt es mächtige Heroen mit einzigartigen Fähigkeiten, die zwar nur eine begrenzte Lebenszeit haben (allerdings auch wieder „gerufen“ werden können), dafür aber in dieser Zeit ein unbezahlbarer Vorteil für euer Volk sind und vor allem militärisch viel erreichen können. Monopol und Kooperationen hingegen ist etwas für Händler, denn hier geht es darum, nach und nach ein Monopol auf gewisse Luxusgüter aufzubauen. Und der Zombie-Verteidigungsmodus führt dazu, dass tote Einheiten bisweilen zurückkehren und auf die Jagd nach den Lebenden gehen – neue Abwehreinrichtungen inklusive. Abgerundet wird das Paket mit zwei weiteren Erweiterungen, die in Gratis-Updates im Rahmen des New Frontier-Passes beinhaltet waren und damit allen Civ VI-Spielern zur Verfügung stehen: Mit dem Tech- und Ausrichtungs-Mixmodus werden die beiden namensgebenden Bäume durcheinandergewürfelt (allerdings bleiben die entsprechenden Erkenntnisse im selben Zeitalter – ihr werdet nicht plötzlich den Computer vor dem Rad erfinden); und mit Barbaren-Clans bekommen die gefürchteten Wilden mehr Persönlichkeit, wodurch ihr sogar mit ihnen diplomatische Beziehungen haben, sie gegen eure Feinde hetzen oder gar zu Stadtstaaten umwandeln könnt. Eine interessante neue Erfahrung.

Mix & Match

All diese Spiel-Modi könnt ihr, wie schon erwähnt, einzeln oder auch zusammen aktivieren (die meisten erfordern allerdings den Besitz eines oder beider Add-ons) – wer wirklich mutig ist, kann also durchaus alle Varianten gleichzeitig spielen. Im Endeffekt wird sich allerdings rasch herauskristallisieren, welche für euch wirklich eine interessante Abwechslung sind, welche so gar nicht zu eurer Spielweise passen wollen und auch welche für euch zusammenpassen oder eben nicht. Keine Frage, spannende Ideen bieten sie alle, aber wer lieber friedlich ans Spiel herangeht, wird beispielsweise die Zombies eher im Grab und die Helden in der Sagenwelt belassen. Wer das schon im Vorhinein auf einige wenige Pakete herunterbrechen kann, darf sich überlegen, nur diese einzeln zu erwerben – allerdings verzichtet ihr natürlich dann auch auf Völker und Karten aus den anderen DLCs.  Und falls ihr euch an diesem Punkt wundert, warum wir bislang nur auf die neuen Varianten eingegangen sind, aber alle anderen Bestandteile nur kurz angesprochen haben: Das liegt daran, dass sie eher „nice to have“, aber nicht wirklich weltbewegend interessant sind – so wirklich neu und notwendig fühlt sich nichts davon an. Kurz ansprechen sollte man auch, dass all die neuen Möglichkeiten auch einige Balancing-Probleme mit sich gebracht haben, die Firaxis allerdings mit Updates bereits bekämpft hat und wohl auch noch weiter patchen wird. Zwar wurde das jüngste April-Update als das letzte Gratis-Update bezeichnet, aber damit bezog man sich wohl auf den Rahmen des New Frontier-Passes. Man darf gespannt sein, ob wir uns schon bald auf einen neuen Season Pass freuen dürfen und/oder ob Firaxis schon fleißig an Civilization VII arbeitet …

Fazit

Wertung - 8

8

interessant, aber kein Add-on

Wer sich beim New Frontier Pass ein vollwertiges Add-on erwartet hat (immerhin sind die Preise recht ähnlich), wird vielleicht enttäuscht sein: Firaxis liefert hier kein „wie konnte ich nur ohne diese Gameplayerweiterungen spielen“-Paket ab, sondern sorgt eher dafür, dass ihr auch einige Jahre nach dem Release des Originals interessante neue Partien mit kleineren und größeren Neuerungen erleben könnt, bevor ihr euch dem nächsten Paket zuwendet. All die Spielmodi verlangen adaptierte Herangehensweisen, ohne euch wie eine neue Erweiterung mit vielen neuen Optionen auf einmal zu konfrontieren. Das heißt, wenn ihr es langsam angeht und den Pass ähnlich durchforstet, wie er ursprünglich gedacht war (mit einem gestaffelten Release von Spielmodi, Völkern etc.) und nicht der Versuchung anheimfallt, gleich alles zu aktivieren. Gesamt muss man festhalten, dass die neuen Varianten allesamt zumindest kurzfristig Spaß machen, auch wenn der persönliche Spielstil sicher manche Erweiterungen wertvoller als andere macht, aber der Mehrwert eines „echten“ Civ-Add-ons leider nicht erreicht wird (und die neuen Völker eher enttäuschen). Das wird aber ein wenig dadurch ausgeglichen, dass ihr etliche Partien brauchen werdet, um alle neuen Varianten gesehen zu haben. Deshalb gilt: Wer einen Grund gesucht hat, ein paar neue Partien Civ VI zu spielen, sollte zuschlagen – alle anderen ein bisschen vorab stöbern und sich vielleicht für ein paar einzelne DLCs (oder doch das ganze Paket?) entscheiden.

Genre: Strategie
Entwickler: Firaxis
System: PC, PS4, Xbox One, Switch
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 40 Euro

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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