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Hands-On Preview: Assassin’s Creed Mirage

Zurück zu den Wurzeln der Assassinen

Wer an Assassin’s Creed denkt und die letzten Spiele gespielt hat, denkt wohl neben all der Gewalt, die zum Leben als Meuchler gehört, an große, weite Landschaften, exotische Settings – und eine wahrlich massive Spielwelt, die euch locker 100 Stunden und mehr beschäftigen kann. Doch Größe ist nicht immer alles – das hat man auch bei Ubisoft erkannt und schickt dieses Jahr mit Assassin’s Creed Mirage ein kompakteres Spiel, das an die Anfänge der Reihe erinnern soll, ins Rennen. Wir durften bereits ein paar Stunden spielen.

Geschichtsstunde

Fast 16 Jahre ist es nun her, dass Ubisoft mit Assassin’s Creed einen damals NextGen-Titel erschuf: Als gefallener Assassine Altaïr wart ihr im Heiligen Land unterwegs, erkundetet große Städte in Parkour-Manier und hattet vor allem ein Ziel: Die Templer, die die Weltordnung bedrohten, auszuschalten. Auch wenn das Spiel nicht nur im Nachhinein betrachtet seine Fehler hatte, gab der Erfolg Ubisoft Recht, das auf dem Titel und seiner Mythologie ein Franchise aufbaute, das mittlerweile etliche Haupttitel und zahlreiche Spin-Offs (ganz zu schweigen von Filmen, Romanen und Comics) umfasst. Dass in dieser Zeit massiv an der Gameplayformel geschraubt wurde, war unausweichlich. Galt es zunächst, das Spielprinzip des ersten Spiels interessanter zu gestalten, versuchten spätere Titel mit alternativen Settings aus den Städten herauszukommen und dadurch den Assassinen-Alltag abwechslungsreicher zu machen. Trotzdem kam der Punkt, an dem die bisherige Formel ausgelutscht war. Mit Assassin’s Creed Origins wurde deshalb eine neue Richtung eingeschlagen: Weg von der Geschichte der Templer und der Assassinen in die Anfänge ihres Konflikts, hin zu mehr Rollenspiel, einer deutlich größeren Spielwelt und -dauer sowie einer gewissen Abkehr von Stealth-Elementen. Trotz zahlreicher Lobeshymnen gab es nicht nur Fans von diesen wahrlich riesigen Spielen, die viele Stunden Spielzeit erforderten, um den Abspann zu erreichen. Assassin’s Creed Mirage soll hier, wie schon erwähnt, eine gewisse Trendwende bringen: Kleiner, kompakter – und vor allem: Back to the Roots.

Nur ein Straßendieb?

In unserer (komfortabel auf dem heimischen Rechner per Streaming gespielten) Anspielsession übernehmen wir die Rolle von Basim Ibn Ishaq, an den sich Veteranen von Assassin’s Creed Valhalla wohl noch erinnern können, da er schon in Eivors Geschichte seine Rolle zu spielen hatte. Vorkenntnisse der Wikinger-Saga scheinen allerdings nach erstem Eindruck nicht zwingend nötig, handelt es sich doch bei Mirage um ein Prequel, in dem wir die frühen Jahre des zukünftigen Assassinen erleben dürfen. Zukünftig? Ganz richtig. Im ersten Abschnitt, den wir spielen durften, ist Basim nicht mehr als ein ganz gewöhnlicher Straßendieb, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Diese Aufträge sind nicht nur ein erstes Tutorial, sondern ebnen auch seinen Weg zum Assassinen (auch wenn wir die genaue Storywendung dazu nicht zu sehen bekamen). In einem zweiten Abschnitt erleben wir Basims Trainingszeit, bevor wir uns mit dem gesammelten Handwerkszeug ausgestattet im großen Finale unserer Anspielsession als ausgebildeter Meuchelmörder auf die Jagd nach unseren Zielen machen. Ohne weiter auf die Handlung einzugehen: Dieser Querschnitt durch die Abenteuer von Basim gab uns die Gelegenheit, etliche zentrale Gameplaymechanismen kennenzulernen.

Neu und Alt

Wir haben Mirage bereits als „Back to the Roots“ bezeichnet – und geht man vom Flair aus, den das Spiel vor allem bei unseren Abenteuern in Bagdad bot, stimmt das absolut: Während wir Wände erklimmen, Aufzüge und Kräne nutzen, über Dächer laufen, uns an Vorsprüngen hochziehen und uns zwischendurch im Getümmel der Masse verstecken, kommt Nostalgie auf: So hat sich Assassin’s Creed früher angefühlt.

Konkreter: Mirage erinnert in Sachen Atmosphäre stark an den ersten Teil der Reihe, zögert aber nicht, diese mit Ideen und Möglichkeiten aus den anderen Spielen aufzupolieren, sodass der Titel sich eher wie eine idealisierte Version des Ur-Assassin’s Creed anfühlt, als das Original einfach nachzumachen. Das gilt auch für den Spielfluss: Die weiten Landschaften der letzten Spiele werdet ihr hier nicht finden, stattdessen stehen zumindest in unserer Session deutlich mehr soziale Interaktion, Stealth und eine auf den ersten Eindruck recht gerade Story- und Questlinie im Vordergrund. Das steht vielleicht für Fans der „neuen“ Assassin’s Creed-Spiele in starkem Kontrast zu dem, was sie aus den letzten drei Teilen gewohnt sind, es zeigt sich aber auch, dass dieser kompaktere Fokus durchaus Spaß machen kann. Gänzlich entfernt wurden die Ideen aus Origins & Co aber ohnehin nicht. Die Steuerung entspricht jener der letzten Teile, einen fliegenden Gefährten (diesmal ein Adler namens Enkidu) haben wir seit Origins dabei und auch Elixiere und Nahrung statt Auto-Regeneration kennen wir aus Valhalla.

Meucheln wie Altaïr

Trotzdem: Mirage atmet den Geist des „alten“ Assassin’s Creed, in dem sowohl Parcour noch eine größere Rolle spielte, aber auch Stealth wichtiger war, als sich durch Gegnerhorden zu schnetzeln. Es gibt gleich mehrere Stellen in unserer Session, wo Schleichen und strategisches Ausschalten von Wachen zielführender ist, als einen großen Alarm auszulösen und sich in den Kampf gegen die Gegnermassen zu werfen. Gerade nach den Abenteuern von Eivor, bei denen das offene Gefecht oft erschreckend zielführend war, fühlen wir uns nun wieder mehr wie ein Meuchler aus den Schatten, der sich gut überlegen muss, welche Route zum Ziel führt. Leider waren wir hier in unserer Session nicht immer so erfolgreich, wie wir es gerne gewesen wären: Vielleicht stellten wir uns einfach ungeschickt an, vielleicht lag es an Latenz oder der ungewohnten Steuerung (aufgrund von Problemen beim Streaming, die sich leider trotz eines beherzten Einsatzes unseres Ansprechpartners vor Ort nicht lösen ließen, mussten wir nämlich mit Tastatur spielen), aber mehr als einmal übersahen wir einen Gegner oder wurden anderwärtig entdeckt und mussten die Beine in die Hand nehmen, um einer Übermacht (gegen die wir kaum eine Chance gehabt hätten) mit einem Parkour-Lauf über die Dächer zu entgehen.

Und dennoch: Mit etwas Glück, der richtigen Planung und manchmal unfreiwillig komischer Hilfe des Spiels (zumindest einmal beschloss die KI, uns die Wachen einzeln zum Nachsehen zu schicken) gelang es uns, unsere Ziele zu erreichen. Dass zwischen diesen Abschnitten auch so manche eher generische Hol- und Bringaufgaben sowie ein paar Puzzles warteten, um uns die Infos für den nächsten Einsatz zu geben, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch: Dabei handelte es sich um kürzere Intermezzos, die mit dem nächsten Meuchel-Ausflug belohnt wurden – und uns so nebenbei besser mit Story, Charakteren und der Welt bekannt machte.

Assassin’s Creed Mirage wird ab Release über einen umfangreichen Fotomodus verfügen.

Ersteindruck

In meinem Assassin’s Creed-Lebenslauf klafft eine gewaltige Lücke: Nach dem ersten Teil und den gesammelten Werken rund um Ezio hat mich die Reihe mit Assassin’s Creed III lange Jahre verloren; erst mit Origins schaffte ich den Wiedereinstieg. Und selbst wenn mich deren neue Formel und die historischen Settings der Antike bis zur Wikingerzeit faszinierten: Wenn ich an Assassin’s Creed denke, denke ich an Altaïr und seine Abenteuer in und um Jerusalem, vermisse ein wenig das Gameplay, das sich in und um den zweiten Teil entsponnen hat – und die Zeit, in der AC weit weniger Zeit erforderte. All das verspricht Mirage nun zurückzubringen. Aber gelingt ihm das auch?

Nach drei Stunden Spielzeit bin ich zuversichtlich. Mirage spielt sich kompakt und flott, setzt auf einen roten Faden durch die Geschichte und bringt auch durch sein Setting das Flair von damals zurück, während es viele Eigenheiten der Reihe seit Origins im Ausgleich in den Hintergrund drängt. Wie sehr das den Fans gefallen wird, wird sich zeigen. Wer erst mit Origins und dessen Sequels einen Zugang zur Assassinen-Saga gerade wegen der Weitläufigkeit der Welt oder den Rollenspielelementen gefunden hat, wird sich vermutlich schwerer tun als jemand, der wie ich eine gewisse Nostalgie für die Ursprünge der Reihe hegt. Für letzteres dürfte allerdings ein Traum wahr werden, wenn sich die klassische Idee der Assassinen-Spiele mit den modernen Fähigkeiten mischt. Nein, auch jetzt läuft – zumindest von der Anspielversion gesehen – nicht immer alles rund, manche Einsätze enden im Chaos oder sind leichter schaffbar, weil die KI sich dämlich anstellt. Aber das Flair ist zurück – jetzt muss Mirage nur noch in seiner Gesamtheit Spaß machen, wenn es nächsten Monat erscheint.

Assassin’s Creed Mirage wird am 5. Oktober 2023 für PS5, Xbox Series X/S, PS4, Xbox One und PC erscheinen.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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