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Review: Pokémon GO

Seit Pokémon GO letzte Woche in den USA, Australien und Neuseeland erschienen ist, hat sich das Augmented-Reality-Spiel von Niantic und Nintendo zu einem globalen Phänomen entwickelt – und das, obwohl es erst jetzt in Europa veröffentlicht wird. Doch was steckt hinter dem Spiel, das Menschen scharenweise ins Freie treibt?

Pokémon im Park um die Ecke
Für Pokémon GO benötigt man ein Android- oder iOS-Gerät mit mobiler Datenverbindung und GPS. Um sich in der Spielwelt, die auf Google-Maps basiert, zu bewegen, muss man nämlich in der echten Welt herumlaufen. Zu Beginn bekommt man Serien-typisch von Professor Weide eine kurze Erklärung und eines von drei Starter-Pokémon – Glumanda, Schiggy oder Bisasam. Und dann heißt es, möglichst viele andere Pokémon zu fangen. Dazu läuft man einfach umher, bis eines auftaucht (was einem per Vibration mitgeteilt wird), tippt es an und muss es fangen. Hier kommt ein weiteres Augmented-Reality-Feature ins Spiel: Mittels Handykamera wird das Pokémon einfach in die Umgebung gesetzt. Per Wischbewegung wirft man nun Pokébälle, je besser man das Pokémon trifft, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass es im Ball bleibt.

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Huch, da ist ein Schiggy in meiner Küche!

Pokéstops und mehr
Irgendwann gehen die Pokébälle zur neige, doch hier ist leicht für Abhilfe gesorgt: Überall in der Welt gibt es sogenannte Pokéstops, die sich an auffälligen Stellen (Statuen, Kunstinstallationen, U-Bahn-Stationen, etc.) befinden. Interagiert man mit diesen, erhält man Pokébälle und andere Items – hat man Glück, ist auch ein Pokémon-Ei dabei. Dieses schlüpft aus, nachdem man, je nach Ei, zwei bis zehn Kilometer zurückgelegt hat.

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Für das Fangen von Pokémon (und andere Aktionen) bekommt man Erfahrungspunkte, die den eigenen Trainer aufleveln, wodurch zum Beispiel stärkere Pokémon auftauchen. Außerdem erhält man mit jedem Pokémon Sternenstaub und Bonbons, mithilfe derer man Pokémon verbessern und entwickeln kann. Durch Fangen und Entwickeln kann man so fast alle der derzeit verfügbaren 151 Pokémon erhalten. Die fünf legendären Pokémon der ersten Generationen werden erst später in besonderen Events verfügbar sein.

Wähle dein Team
Neben Pokéstops finden sich in der Welt auch Arenen. Ist der eigene Trainer auf Level 5, kann man sich für eines von drei Teams entscheiden: Intuition (gelb), Weisheit (blau) oder Wagemut (rot). Nun kann man Arenen für sein eigenes Team einnehmen und ein eigenes Pokémon darin stationieren, um die Arena vor den gegnerischen Teams zu verteidigen. Hier kommt das Kampfsystem ins Spiel, das im Gegensatz zu den meisten Pokémon-Spielen in Echtzeit abläuft. Ein Tipp auf den Bildschirm löst eine Attacke aus, ein längeres Tippen eine Spezialattacke und per Wischen kann man ausweichen. Hier sind generell die Angreifer im Vorteil, was aber Sinn der Sache ist, da es so notwendig ist, öfter bei einer Arena vorbeizuschauen.

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Ingress
Pokémon GO basiert zu großen Teilen auf Niantics erstem Spiel Ingress, in dem man ebenfalls in der echten Welt herumläuft und mit dem gegnerischen Team um sogenannte Portale kämpft. Die Positionen dieser Portale konnten die Millionen Spieler von Ingress selbst einreichen – in Pokémon GO dienen diese nun als Pokéstops und Arenen. Ebenso hängt das Auftauchen von Pokémon von in Ingress gesammelten Daten und der Handynutzung in einem Gebiet ab. Damit tut sich aber schon eines der Probleme von Pokémon GO auf: Wer außerhalb von Ballungsräumen wohnt, wird wie schon bei Ingress wenig Freude an dem Spiel finden. Pokémon tauchen nur selten auf und Pokéstops, geschweige denn Arenen, sind sehr weit voneinander entfernt. Möglicherweise wird dieses Problem in Zukunft noch adressiert.

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Dass die Pokéstops auf Einreichungen von Spielern basieren, kann zu lustigen Funden führen.

Spiel in der echten Welt
Der beste Aspekt von Pokémon GO ist eindeutig, dass man sein Zuhause verlassen muss, um ordentlich spielen zu können. Man bekommt frische Luft und entdeckt Orte, an die man sonst vielleicht gar nie gekommen wäre. Auf der Jagd nach einem seltenen Pokémon kann es so schon mal passieren, dass man sich umsieht und sich in einer Straße wiederfindet, in der man noch nie zuvor war.

Außerdem kann es leicht passieren, dass man plötzlich eine andere Person trifft, die auch gerade auf Pokémonjagd ist. Besonders Pokéstops, die jemand mit einem Lockmittel versehen hat (was dazu führt, dass mehr Pokémon auftauchen), ergeben sich so oft zu Treffpunkten. Aus den USA gibt es schon viele Bilder, in denen Spieler reihenweise herumstehen und gemeinsam an einem Ort Pokémon fangen.

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Doch auch hierzulande, wo das Spiel noch gar nicht offiziell erschienen ist, kann man ähnliches erleben. So sammelte sich im Wiener Stadtpark um zwei Pokéstops eine Gruppe, die am Ende schon über zwanzig Spieler zählte. Obwohl sich die meisten nicht untereinander kannten, kam es schnell zu netten (natürlich hauptsächlich Pokémon-bezogenen) Unterhaltungen. Als es zu regnen begann, sammelten sich einfach alle unter einem Baum – Pokémon sind schließlich wichtiger als ein bisschen schlechtes Wetter.

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Pokémonjagd im Wiener Stadtpark

Schattenseiten
Doch Pokémon GO hat auch seine Schattenseiten. Der riesige Erfolg des Spiels kam für Niantic und Nintendo anscheinend überraschend und so gibt es auch eine Woche nach Launch immer noch akute Serverprobleme. Abends, wenn die Spieler in den USA online gehen, ist ein sinnvolles Spielen kaum möglich. Die Serverprobleme können auch dazu führen, dass man ein eben gefangenes Pokémon nicht bekommt, was gerade bei seltenen Monstern zu Frust führt. Für noch mehr Frust sorgt ein Bug, bei dem Gegner in den Arenen unbesiegbar werden.

Viel Potential
Pokémon GO macht Spaß, keine Frage. Was das tatsächliche  Gameplay angeht, gibt es aber noch sehr viel Luft nach oben. Im Grunde genommen ist das Spiel nicht mehr als ein etwas verändertes Ingress. Vor allem zwei der grundlegenden Pokémon-Features, Pokémontäusche und direkte Kämpfe zwischen Trainern, sind auffällig abwesend. Erstere sollen laut Niantic noch nachgeliefert werden, zu letzteren gibt es aber noch keine Informationen und das Echtzeitkampfsystem würde dieses Feature wohl nur schwer umsetzbar machen. Regelmäßige Updates sind aber schon geplant, und man kann wohl ziemlich sicher mit neuen Pokémon aus den späteren Generationen rechnen.

Free to Play
Pokémon GO ist kostenlos spielbar und verfügt über einen Shop, in dem man für Münzen, die man wiederum für echtes Geld kaufen kann, Items erwerben kann. Fairerweise ist das aber nie notwendig, und durch das Einnehmen von Arenen bekommt man außerdem eine geringe Anzahl von Münzen gratis.

Zweitmeinung von Benedikt:
Pokémon GO ist wohl das Spiel mit dem größten verschwendeten Potential, das mir je untergekommen ist. Alles wäre vorhanden um ein richtig gutes, wenn nicht das beste Pokémon-Spiel aller Zeiten zu schaffen. Hübsche, per Kamera eingebundene 3D-Pokémon mit aussagekräftigen Animationen und überall auf der Welt verteilte Pokéstops, die zusätzlich zu den in passenden Umgebungen platzierten Pokémon zum Erkunden einladen. Damit war es das aber schon und Niantic entschied sich, aus Pokémon GO lieber ein stupides Smartphone Spiel als ein anständiges Pokémon-Spiel zu machen. Sowohl die Kämpfe als auch das Fangen der Pokémon ist lieblos und vermisst jedwede Taktik oder Langzeitmotivation. Nicht einmal direkte Auseinandersetzungen mit Freunden oder das Tauschen von Pokémon ist möglich. Was überbleibt, ist ein immens abgespecktes Ingress mit Basketball-Minispiel und Pokémon-Lizenz.  Für mich eine der größten Enttäuschungen des noch relativ jungen Jahres.

Review Overview

Wertung - 7

7

Nintendo hat mit Pokémon GO einen riesigen Hit gelandet. Das Spiel ist unterhaltsam und kann zu witzigen sozialen Interaktionen führen, die sich aus anderen Videospielen nie ergeben würden. Fürs Erste sorgen das Komplettieren des Pokédex und der Kampf um die Arenen für Motivation, um die Spieler langfristig bei der Stange zu halten, werden aber wohl neue Features vonnöten sein.

Genre: Standortbezogenes Augmented-Reality-Spiel
System: Android, iOS
Entwickler: Niantic
Erscheint: Bald
Preis: Free to play

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