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Variety: Wie groß sind die Probleme im MCU?

Dass es aktuell bei den Marvel-Filmen nicht rund läuft, wird wohl niemanden überraschen: Nach dem erfolgreichen Abschluss von Phase 3 gab es in Phase 4 und 5 vor allem eines: Kritik. Filme, die zahlreiche neue Fronten im Comic-Universum eröffneten, aber (bis jetzt) Zusammenhang vermissen ließen, TV-Serien, die manchmal stark begannen, aber zu oft enttäuschend endeten, fallende Qualität bei den Special Effects und neue Helden, die die alten Charaktere kaum ersetzen konnten. Nun hat Variety ein großes Special veröffentlicht, in denen zahlreiche Hintergründe beleuchtet werden. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen:

  • Das wohl größte Problem für Marvel heißt aktuell Jonathan Majors. Der Darsteller der zahlreichen Inkarnationen von Kang sollte das Bindeglied der aktuellen MCU-Phasen vier bis sechs werden, wird aber wegen häuslicher Gewalt angeklagt. Der Schauspieler pocht auf seine Unschuld, doch ob der Prozess zu seinen Gunsten ausgeht und ob der schon angerichtete Image-Schaden selbst im Fall eines Freispruchs wieder gutgemacht werden kann, ist fraglich. In einem Executive Meetings in Palm Springs wurden Notfallpläne gewälzt – darunter ein Schwenk auf einen anderen zentralen Bösewicht wie Doctor Doom. Problematisch ist dabei allerdings, dass Kang im MCU bereits verwurzelt ist und das Finale der zweiten Staffel von Loki hier noch deutlich nachlegen soll. Ein Insider verrät Variety, dass Marvel in Sachen Kang durch dieses Finale nun „truly fucked“ sei. Dabei sei auch der Streik der Autoren in Hollywood zum falschen Zeitpunkt gekommen – man konnte nur am bestehenden Script festhalten und keine Änderungen vornehmen, die vielleicht Kang eine neue Richtung gegeben hätten. Auch ein Recast ist weiterhin nicht ausgeschlossen.
  • Bei The Marvels fürchtet man schon jetzt ein schlechtes Einspielergebnis. Der Film, der 250 Millionen Dollar gekostet hat, wird von Analysten auf nur 75 bis 80 Millionen Dollar am Eröffnungswochenende in den USA geschätzt – ein deutliches Minus gegenüber Doctor Strange in the Multiverse of Madness, das im Vergleich 185 Millionen Dollar im selben Markt am ersten Wochenende geholt hat. Quellen sprechen von einer verworrenen Geschichte, da man gleich drei Heldinnen zusammengeholt hat, sowie vier Wochen Reshoots. Dazu kommt, dass Regisseurin Nia DaCosta die Postproduktion nicht beaufsichtigt hat, wie es eigentlich bei Marvel üblich wäre. Stattdessen begann sie mit den Vorarbeiten am Drama Hedda. Das alles führte zu zwei Verschiebungen – erst dem Platztausch mit Ant-Man: Quantumania, das die Verantwortlichen für „weiter“ einschätzten, dann einer weiteren Verschiebung auf den aktuellen November-Slot, um den Film zu verbessern.
  • Dieser Tausch mit Quantumania sei auch der Grund, warum der dritte Ant-Man-Film in Sachen Special Effects so heftig kritisiert worden war: Man habe einfach den Zeitplan für den Film um viereinhalb Monate gekürzt, Special Effects seien deshalb absolut Last Minute und nicht in der gewünschten Qualität abgeliefert worden. Zwar seien enge Deadlines nichts ungewöhnliches für Marvel (was auch an der Arbeitsweise von Kevin Feige und seinen Leuten liegt), aber dieser Schritt sei ungewöhnlich gewesen und habe dazu beigetragen, dass die Special-FX-Mitarbeiter von Marvel nun eine Gewerkschaft gründen, um sich abzusichern.
  • Der Abgang von Victoria Alonso, die die Physical Production, Postproduction, VFX und Animation leitete, sei auf den Absturz der Qualität der Special Effects zurückzuführen gewesen, nicht – wie offiziell verlautbart – auf einen verbotenen Job als Executive Producer bei einem anderen Projekt. Einige Variety-Quellen gehen sogar soweit, sie als Sündenbock zu zeichnen, die die Probleme anderer Abteilungen ausbaden musste. So sei bei She-Hulk die Qualität der Special Effects suboptimal gewesen, aber das Problem waren die unfertigen Scripts, die ständige Änderungen notwendig machten und keine Zeit für die Effekte ließen, da noch in der Postproduction ständige Anpassungen vorgenommen wurden. So war zum Beispiel die Origin-Story von She-Hulk ursprünglich erst für die achte Episode geplant gewesen, bevor die Macher sich entschlossen, diese Szenen im Pilot zu verwenden. Dementsprechend wurde auch hier die Produktionszeit für diese Effekte drastisch verkürzt, was die Qualität deutlich beeinflusste.
  • Auch die Superhelden-Müdigkeit wird angesprochen. Variety spricht von 2020 als dem Ursprung der aktuellen Probleme: Man stand unter Druck, den Erfolg von Endgame fortzusetzen, es gab das neue Mandat, auch Disney+ mit Material zu bespielen, das verbundene Universum, das ständig durch Querverbindungen befeuert werden sollte – und natürlich auch noch eine Pandemie. Das alles drückte die Qualität – und sorgte auch dafür, dass MCU-Mastermind Kevin Feige in zu vielen Projekten gleichzeitig steckte. Ein Insider erklärt, dass Feiges Superkraft in der Postproduktion und in seinem Hands-on-Einsatz bei Filmen liegt. Durch zu viele Projekte könne er sich nun zu wenig um die Qualität kümmern. Das alles führt, wie Joanna Robinson, Autorin von „MCU: The Reign of Marvel Studios“ erklärt, dazu, dass Marvel-Filme nicht mehr im Auge des Publikumsfür hohe Qualität stünden.
  • Heißt das, man soll Marvel bereits abschreiben? Nein. Erste Korrekturen sind bereits zu bemerken. So soll Feige nun deutlicher darauf achten, welche Projekte nicht funktionieren und Konsequenzen ziehen. Das trifft auch das Blade-Reboot, das bereits fünf Autoren, zwei Regisseure und einen Abbruch (aufgrund des Autorenstreiks) sechs Wochen vor Drehstart hinter sich hat. Nach Drohungen von Mahershala Ali, das Projekt abzubrechen, da er mit dem Script nicht zufrieden war (Variety spricht von einer Version, in der Blade nur in der zweiten Reihe stand, das Narrativ sich dagegen auf nicht näher genannte weibliche Stars konzentrierte und voller Lebenslektionen steckte), hat Feige das Drehbuch nun Michael Green („Logan“) für einen Neustart übergeben. Laut Gerüchten soll der Film 2025 ins Kino kommen und für Marvel ungewöhnlich günstig produziert werden – unter 100 Millionen Dollar sind budgetiert.
  • Gerüchte sprechen auch davon, dass man die Fans mit der Rückkehr einiger Alt-Stars beruhigen könnte. Ein Avengers-Film mit Robert Downey Jr. und Scarlett Johansson soll zumindest als Idee herumschwirren.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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