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Review: Quake II: Call of the Machine

Liebesgrüße aus den 90ern

Wer die Geschichte der legendären Spieleschmiede id Software kennt (oder zumindest David Kushners fantastisches Buch Masters of Doom gelesen hat), der weiß, dass das 1997 erschienene Quake II ein Scheidepunkt der holprigen Geschichte des Entwicklerteams war. Denn nachdem Gamedesign-Veteran John Romero(Doom, Wolfenstein, Commander Keen) das Studio wegen kreativer Differenzen verließ bzw. zum Verlassen motiviert wurde, war unklar, ob das Team hinter Programmier-Genie John Carmack die gewohnte Qualität beibehalten würde. Während die Antwort auf diese Frage bis heute die Grundlage vieler heißer Diskussionen bietet, stellt Quake II ohne Frage einen der ikonischsten Shooter der 90er dar. Das sehen die bekannten id-Fans bei MachineGames genauso und bringen nach ihrem allseits beliebten Reboot des Wolfenstein-Franchise (New Order, Old Blood, New Colossus), nun bereits den zweite Quake-Teil in einer liebevollen Remastered-Version auf den Markt.

Da geht dir ein Licht auf

Den Kult-Status hat sich Quake dabei vorwiegend aus zwei Gründen verdient: Der erste war der erneute technische Quanten-Sprung, der John Carmack hier nur ein Jahr nach dem Release des Vorgängers gelungen ist. So war Quake II ids erstes Spiel, das die damals immer mehr Anklang findenden dedizierten Grafikkarten (bzw. 3D Beschleunigungs-Karten) vollständig unterstützte, was beeindruckendes Rendering von komplexen Licht-Effekten, 3D-Strukturen sowie Physik-Berechnungen ermöglichte. Es war auch ids erstes Spiel, bei dem der Spieler auch über die Y-Achse, also nach oben und unten zielen konnte.

Basteln statt nur Ballern

Der zweite Grund baute auf dem ersten auf und so gelang es dank des technischen Fortschritts und der zeitgleich sehr Mod-freundlichen Struktur, die mit Doom und Quake aufgebauten eSport- und Modding-Community nicht nur abzuholen, sondern sogar nochmal zu erweitern. Egal ob Grappling-Hook, Third-Person-Mod oder komplett eigenen Kampagnen, die Community lebte sich mit den offenen Framework des Titel vollständig aus und machte Quake 2 zu einem der beliebtesten Multiplayer-Shooter des Jahrzehnts.

Cyborgs ohne Drachen

Vor allem in dem Kampagnen-Modus war Romeros-Abwesenheit jedoch sehr stark zu spüren. War das erste Quake noch eine chaotische Mischung aus Fantasy-Horror und Scifi, warf Quake 2 sämtliche Verbindungen zu seinem Vorgänger (und leider auch vieles von dessen Charm) über Bord und konzentrierte sich auf eine reine Sci-Fi-Schiene. Der Heimatplanet der Strogg, auf den der Spieler als Marine geschickt wird um den Overlord der Alien-Rasse zu beseitigen und den Krieg zu beenden, bietet so zwar eine konsistente aber dadurch auch leider nicht sehr abwechslungsreiche Optik, die vielen Spieler zu trist war.

Struktur über Stil

Derweil ist American McGees Level-Design selbst eigentlich geradezu visionär. Statt schlauchförmiger Levels wie für Shooter der Zeit typisch, bot Quake 2 vielfältig verschachtelte Areale mit diversen Alternativ-Routen und Dutzenden Geheimwegen, die zum steten Erforschen und Rätseln einluden. Bereits einmal durchlaufene Levels konnten sogar über andere Zugänge erneut betreten und so neue Bereiche geöffnet werden, während fies platzierte Gegner für regelmäßige Herausforderungen sorgten.

Endlich auch Quaketendo

Typisch für die Remaster-Versionen, ist bei Quake 2 aber nicht nur die ursprüngliche Kampagne, sondern einiges an Zusatz-Content inkludiert. So sind nicht nur die beiden Missions-Pakete The Reckoning und Ground Zero, sondern auch die seinerzeit eigens für die N64-Version entwickelte Kampagne enthalten, die somit erstmalig auf dem PC erscheint.

Von Fan-Fiction zum Sequel

Das wahre Highlight stellt aber natürlich die von MachineGames selbst entwickelte Kampagne Call of the Machine dar. Diese protzt ohne die technischen Geiseln der damaligen Hardware mit weitreichenden Levels und wahren Gegner-Horden, die zwar in den 90er so nicht umsetzbare gewesen wären, aber definitiv das Gefühl vermitteln, als wären sie die logische Weiterführung von ids damaliger Vision.

Die Ganzkörper-Kur

Dieser tiefe Respekt zum Quellmaterial zieht sich auch bei dem Quake 2-Remaster wieder durch jede Faser des Projekts. Sämtliche Texturen, 3D-Modelle, Levels und Zwischensequenzen wurden so von Grund auf neu überarbeitet und mit unzähligen neuen Details versehen. Sogar das Sound-Design bekam eine Generalüberholung und rockt nicht nur Sonic Mayhems knallharten original Soundtrack in kristallklarer Qualität, sondern spiegelt nun sogar Schuss-Geräusche im passenden Kontext zu ihrer Umgebung wieder.

Dezent in dritte Jahrtausend geholt

Im starken Kontrast zu Nvidias Quake 2 RTX-Version bleibt die Remaster-Version aber ihrem Ursprung derartig treu, dass die schiere Masse an Verbesserungen, die zum Teil sogar zuvor unbetretbare Areale öffnet und die KI generalüberholt, oft erst im direkten Vergleich tatsächlich wahrnehmbar wird. Quality of Life-Verbesserungen, wie ein Schnell-Auswahlmenü und ein neues Kompass-Feature, sowie leichte Zielhilfe auf bei der Konsolen-Version, runden die Erfahrung ab.

Nur das Knistern fehlt

Dank weitreichender Einstellungs-Möglichkeiten, lassen sich faktisch alle Änderungen aber auch wieder rückgängig machen, während ein liebevoll abgestimmter CRT-Modus über das Geschehen gelegt werden kann um neue Optik mit dem Flair eines Röhren-Bildschirms zu paaren.

Heilung fürs gesplittete Herz

Zu guter Letzt lassen sich sämtliche Missionen auf der PlayStation im 4 Spieler- und auf PC und Xbox sogar im 8 Spieler- Splitscreen Koop oder Online geniesen. Selbiges gilt für den Deathmatch-Modus, der mit Dutzenden abwechslungsreichen Arenen aufwarten und vor allem im Splitscreen-Modus beste N64-Gefühle und erneut die Frage aufleben lässt, warum in Zeiten in denen über 40 Zoll große Fernseher die Norm sind, Splitscreen-Modi eigentlich so oft außen vor gelassen werden.

Fazit:

Wertung - 8.5

8.5

Remaster mit Herz

Wer Quake 2 bereits in seiner Steam-Library hat oder Xbox Game Pass-Abonnent ist, bekommt die neue Remastered Version sogar gratis und zeitgleich einen mehr als guten Grund, diesen Meilenstein der 90er mal wieder anzustarten. Der unglaublich respektvolle Umgang mit dem MachineGames hier jeden Pixel neu aufgearbeitet hat, ohne auch nur einen virtuellen Zentimeter vom Flair der Ursprungsversion abzuweichen, ist wirklich beeindruckend. Die neue Kampagne spielt sich wie direkt aus einer Parallel-Realität entsprungen in der id Software ihre Levels designen konnte, ohne an die technischen Restriktionen ihrer seinerzeit wohl vorwiegend Voodoo2-Chips verheizenden Spielerschaft zu denken. Wer Lust auf ein liebevoll restauriertes Stück Videospielgeschichte oder einfach nur ein paar heiße Partien im Splitscreen-Deathmatch hat, hat zu dem mehr als fairen Preis aber auch als Neukäufer kaum Grund zur Zurückhaltung (Auch wenn der erste Quake-Teil in meiner ganz persönlichen Meinung trotz allem der nochmal charmantere Titel war).

Genre: Shooter
Entwickler: MachineGames
System: PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC, Nintendo Switch
Erscheint: erschienen
Preis: 9,99 Euro

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