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Review: Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp

Irgendwie ist es ein seltsames Gefühl, endlich Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp spielen zu können. Die Remakes zweier klassischer Game Boy Advance-Strategiespiele sollten ursprünglich letztes Jahr auf den Markt kommen, wurden aber nach dem Angriffskrieg Russlands in die Ukraine auf einen unbekannten Zeitpunkt verschoben, dieser ist nun gekommen. Einer der ersten Feinde, mit denen man es zu tun bekommt, ist eine ziemlich offensichtliche Parodie eines russischen Anführers, dessen ultimative Fähigkeit es ihm erlaubt, das Schlachtfeld mit einer unbeweglichen Schneedecke zu bedecken. Doch keine Sorge ihr bekommt es hier mit einer ziemlich harmlosen, aber nun natürlich auch bittersüßen Interpretation des Krieges zu tun, die weit mehr Interesse an niedlichen Anime-Figuren als an düsterer Weltpolitik hat. Niemals geraten Unschuldige ins Kreuzfeuer, und selbst die Niederlage Ihrer härtesten Gegner wird mit einem spielerischen Schulterklopfen quittiert, während ihr eingeladen werdet, euch immer wieder auf neue Szenarien einzulassen… Ganz so wie damals!

Das erste Advance Wars von 2001 ist nicht nur ein rundenbasierter taktischer Klassiker, sondern ist auch das erste Spiel der „Wars“ Serie, das es in den Westen geschafft hat. Die Serie, die mit Famicom Wars (1988) und GameBoy Wars (1991) gestartet war, brachte es bereits auf sechs Ableger, bevor Advance Wars  auch in den USA und Europa (und übrigens erst 2004 in Japan) erschienen ist.  Advance Wars hat vielleicht nicht die riesige Menge an Charakteren (Kommandanten) und neuen Einheiten, die seine Nachfolger mit sich bringen, aber dadurch fühlt es sich ausgewogener und zugänglicher an; es fühlt sich im Allgemeinen sehr fair an, auch wenn man verliert. Und in den seltenen Fällen, in denen man Gefahr läuft, sich zu ärgern, sorgen die äußerst charmante Grafik und die erstklassige Musik für ein Lächeln auf dem Gesicht.

Ein paar Jahre nach dem ursprünglichen GBA-Beitrag zur Wars-Serie von Intelligent Systems hat Advance Wars 2 – Black Hole Rising vielleicht nicht viel Neues gebracht, aber es bot eine Reihe netter Ergänzungen sowie eine unterhaltsame neue Kampagne, durch die man sich durcharbeiten konnte. Bestimmte Kommandanten wurden zudem überarbeitet, um weniger übermächtig zu sein (Ja Max, du bist gemeint), wodurch das Spiel ausgewogener war als sein Vorgänger. Es ist wohl mehr vom Gleichen, aber wenn der erste Gang so köstlich war, wer will dann nicht noch eine zweite Portion?

Die gute Nachricht in Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp bekommt ihr gleich beide Spiele in neuer Optik auf der Switch vorgesetzt und dürft so abermals ausgiebig in den virtuellen Cartoon-Krieg ziehen! So erwartet euch nach dem schönen Anime-Intro nicht nur ein Menü mit Ohrwurmmusik, sondern auch die Auswahl die Originalkampagnen zu spielen. Hier steht euch jedoch zu Beginn nur der erste Teil zu Auswahl. Ansonsten könnt ihr euch auch sofort in Onlinegefechte stürzen oder mit einem eingängigen Editor selbst Maps für das Spiel entwerfen. Bei den Kampagnen steht euch nun neben dem Original Schwierigkeitsgrad zudem ein einfacher Modus zur Verfügung.

Alles bleibt gleich, alles ist anders?

Gerade die letzte Zeit hat etwa mit Resident Evil 4 und Dead Space bewiesen, dass Remakes und Remaster, wenn sie gut umgesetzt werden, geschickt den schmalen Grad zischen Verneigung vor dem Original und Neuinterpretation ohne großen Bruch gehen können. Auch Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp möchte sich in dieser Tradition verstehen.

Das Spiel bietet beide Kampagnen der zwei Game Boy Advance-Spiele der Serie, Advance Wars und Advance Wars: Black Hole Rising, in ihrer Gesamtheit, ohne zusätzliche oder geänderte Mechanismen, aber mit einer kompletten visuellen Aufwertung. Die Pixel-Sprites, die in den Originalspielen verwendet wurden, sind verschwunden und wurden durch einfache und cartoonige Versionen derselben Einheiten und Charaktere ersetzt, die in 3D gerendert wurden. Die Farben sind jedoch genauso bunt, sodass der visuelle Gesamteindruck komplett erhalten bleibt, während die verschiedenen befehlshabenden Offiziere und Charaktere auch neue Porträts im Anime-Stil für ihre Dialoge erhalten haben. Als wir das Spiel durchgespielt haben, waren wir vom neuen Grafikstil hin und her gerissen. Auf der einen Seite ist die grafische Umsetzung leicht zu verstehen und auf eine Art und Weise zweckmäßig, die es ermöglicht, Situationen schnell zu durchschauen und ein Gefühl für die einzelnen Kämpfe zu bekommen, während die Charaktere von ihren Witz nichts verloren haben.

Wir haben aber auch unseren GameBoy Advance ausgegraben und das Originalspiel gespielt, und es dauerte nicht lange, bis wir feststellten, dass die alten Pixel- und Sprite-Tage einen ganz eigenen Stil und Charme haben, der nicht ganz eingefangen werden konnte.

200 Games, die du gespielt haben musst! (54) – Advance Wars 2: Black Hole Rising

 

Geschmacksache ist wahrscheinlich auch die Musik, deren einfache Melodien dem Autor dieser Zeilen sehr gefielen, andere aber nur noch nerven, da sie orchestriert statt mit Chips gestimmt sind. Gleiches gilt wohl auch für die zuckersüße Sprachausgabe, die meist leider nur den ersten Satz der Texte umfasst. Wer die Originale nicht kennt, wird die charmante Welt der primärfarbigen Armeen und der Spielzeugsoldaten-Ästhetik als erfrischend fröhlich empfinden.

Während die grafische Aufwertung des Spiels Ansichtssache sein mag, sind wir der Meinung, dass Re-Boot Camp in Bezug auf das Gameplay-System einen überzeugenden Erfolg darstellt. So konnten wir so gut wie keinerlei Änderungen gegenüber dem Originalspiel feststellen, abgesehen von einer sanfteren Einführung in Form von mehr Trainingsmissionen und dem oben schon angesprochenen zweiten Schwierigkeitsgrad für komplette Genre-Einsteiger.

Gespielt wird Advance Wars auf einem einfachen Raster, einer Landkarte, die leicht zu verstehen ist, aber dennoch viele Details enthält. Jede Kachel kann deinen Einheiten je nach Typ mehr oder weniger Deckung bieten, von weitläufigen Straßen und Flüssen bis hin zu dichten Wäldern und Städten, die Schutz bieten. Ihr bewegt eine Reihe von Einheitentypen auf diesen Karten, darunter zerbrechliche Infanterie, robuste Panzer, weitreichende Artillerie, Flugzeuge und Boote gleichermaßen.

Je weiter ihr in die Kampagnen eintaucht, desto mehr Tiefgang bekommt das Gameplay, und Advance Wars schichtet die Dinge ziemlich schnell auf – gerade denkt ihr vielleicht, dass ihr nach ein paar Missionen alles im Griff habt, aber dann werden Fabrikplättchen eingeführt, die neue Einheiten für die Armee produzieren können, die sie kontrolliert und ihr beginnt zu erkennen, dass dies ein potenziell enorm komplexes Strategiespiel ist.

Auch die Kampagne hat eine willkommene Kadenz. Zwar werdet ihr im Laufe der Zeit geschickt mit neuen Einheiten und Geländetypen versorgt, aber es handelt sich auch nicht gerade um Kinderkram – die strategischen Rätsel, die hier gestellt werden, stellen eine ziemlich unmittelbare Herausforderung dar, die in einem wirklichen Remake vielleicht etwas geglättet worden wären.

Eine weitere strategische Ebene bieten die befehlshabenden Kommandantinnen, von denen jede(r) über eine einzigartige Fähigkeit verfügt, mit der er das Blatt möglicherweise wenden kann. Euer anfänglicher Befehlshaber Andy kann zum Beispiel sofort alle seine Truppen teilweise reparieren, während die gegnerischen Befehlshaber manchmal Schneestürme herbeirufen und die Reichweite ihrer Fernangriffe erhöhen können.

Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp verspricht auch eine wahre Fülle an Nebeninhalten, von einem Mehrspielermodus an einem Gerät mit bis zu vier Spielern, bis hin zu Online-Schlachten auf Karten, die sowohl aus der Kampagne stammen, als auch komplett von Benutzern erstellt wurden.
Der letzte Teil ist von großer Bedeutung – ein echtes Toolset zum Erstellen von Online-Karten und -Szenarien ist genau die Art von Dingen, die eine Community über Jahre hinweg aufrechterhalten kann, also hoffen wir, dass es hält, was es verspricht.

Fazit

Wertung - 8

8

Es ist spannend, auch nach all den Jahren hat Advance Wars nur wenig von seinem damaligen Glanz verloren. Das gilt für das Original Spiel auf dem Game Boy Advance genauso wie für die schicke Switch Version.  Ein Spiel, das ich immer wieder spielen kann, wann immer ich die Gelegenheit dazu habe. Advance Wars: Re-Boot Camp setzt den Trend zu Remakes von Nintendo-Spielen aus der Vergangenheit fort, die zwar solide sind, aber für den modernen Spieler noch ein wenig aufgepeppt werden müssen, und das mit einer aufgefrischten Optik und einem neuen Sound. Re-Boot Camp ist sowohl für Neulinge als auch für Veteranen der Serie geeignet. Ein echtes Highlight ist der 4 Spieler Multiplayer, der mich sicher noch lange begleiten wird. Doch es gibt einen Wermutstropfen... warum bekommen wir für die Nintendo Switch nicht einen waschechten Nachfolger? So gut dieses Spiel ist, das Gameplay ist zwar zeitlos, aber 2023 sollte da doch noch mehr drin sein.  Die Entwickler von WayForward haben hier einen wirklich hervorragenden Job abgeliefert, doch angesichts der Art und Weise wie das Spiel nun fast still und heimlich veröffentlicht wird, bin ich mir nicht sicher, ob Nintendo gerade große Pläne mit der Zukunft seiner "Wars" Serie hat. 

Genre: Strategie
Entwickler: WayForward
System: Nintendo Switch
Erscheint: 21.4.2023
Preis: ca. 60 Euro

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