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Serien-Review: WandaVision (spoilerfreier Ersteindruck)

Schatz, ich bin im Fernsehen!

2020 hat überall Chaos hinterlassen – auch im Marvel Cinematic Universe (MCU) blieb kein Stein auf dem anderen. Eigentlich sollten wir schon mehrere Projekte aus Phase 4 gesehen haben, wie zum Beispiel die Kinofilme Black Widow und Eternals; und auch die neue Ära der Disney+ MCU-TV-Projekte, deren Markenzeichen eine deutlichere Verknüpfung mit dem großen MCU-Universum sein soll, hätte schon letztes Jahr mit Falcon and the Winter Soldier starten sollen. Doch „dank“ Covid-19 kam alles anders: Filme wurden verschoben, Produktionen verzögert und dadurch Releasereihenfolgen durcheinandergewürfelt. So startet Phase 4 eigentlich ungeplanter Weise mit einem ungewöhnlichen Projekt, das weitab von der typischen Marvel-Formel frischen Wind in das Comic-Universum bringen könnte. Wir haben uns die ersten Episoden der neuen Disney+-Serie WandaVision bereits angesehen und unsere (abgesehen von aus den Trailern schon bekannten Informationen Großteils spoilerfreien) Eindrücke mitgebracht.

Einschalten!

Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) und Vision (Paul Bettany) finden sich nach den Ereignissen aus Endgame plötzlich in einer völlig anderen Lebenssituation wieder: Sie leben in der Kleinstadt Westside ein ideales Leben als Paar. Wie sie dorthin gekommen sind ist ebenso unklar wie die Frage, wie Vision überhaupt dort sein kann – von der Frage, wie sie in eine klassische Sitcom geraten sind, mal ganz abgesehen. WandaVision ist nämlich zumindest in den ersten Folgen alles andere als eine erneute Umsetzung der klassischen Marvel-Formel, sondern eröffnet Phase 4 auf ungewöhnliche Art: Wanda und Vision leben in einer perfekten „Fernsehwelt“, die mit klassischen Sitcom-Klischees aus diversen TV-Zeitaltern spielt. Wer Klassiker wie „I Love Lucy“ oder die „Dick Van Dyke Show“ kennt, wird in den ersten beiden Folgen zahlreiche Anspielungen auf den Stil und die Storylines (alter) TV-Serien finden – inklusive Lachtrack, 4:3-Format, schrägen Alltagssituationen, neugierigen Nachbarn, Schwarz-Weiß-Optik (allerdings ohne klassischen Film-Grain) und rudimentären Special-Effects. Allerdings fixiert sich die Serie nicht auf eine Ära, schon zwischen den ersten beiden Episoden ändert sich der Stil – und wohin es von dort aus gehen wird, bleibt abzuwarten.

Dass es sich bei WandaVision allerdings nicht nur um eine Komödie handelt, ist rasch klar. Sicher, viel dreht sich darum, dass Wanda und Vision als „normales“ Ehepaar wahrgenommen werden wollen und ihre Superkräfte deshalb geheim halten müssen – hier können sowohl die pointierten Dialoge punkten als auch vor allem die beiden Hauptdarsteller zeigen, dass sie großes komödiantisches Talent und scheinbar auch viel Spaß haben, mit den Klischees des Genres zu spielen. Dennoch wissen beide Figuren, dass etwas nicht stimmt, was die Serie zu mehr als nostalgischem Klamauk mit Comic-Touch macht – was genau vor sich geht, ist wohl die große Klammer, die die ganze Serie (neun Episoden, nur eine Staffel geplant) über zahlreiche Sprünge quer durch die Fernsehlandschaft zusammenhält. Worauf alles hinausläuft und wie diese Serie zu den anderen Projekten aus Phase 4 führt (hier gibt es ja zumindest ein paar Gerüchte) wird bislang nur angedeutet, aber eines scheint jetzt schon klar: Im Laufe der Serie (weitere Folgen erscheinen immer Freitags) wird der lockere Ton wohl nicht beibehalten bleiben.

Ersteindruck

WandaVision ist bislang vor allem eine liebevolle Hommage an große Klassiker des Sitcom-Genres, die allerdings die typische Zielgruppe der MCU-Filme kaum kennen wird – kann sein, dass das so manchen eigentlich interessierten Zuseher abschrecken wird; gleichzeitig ist es natürlich ein Teil des MCU, bricht aber mit der etablierten Superhelden-Film-Formel. Das Resultat wird nicht jedem Fan zusagen, da die Serie sich schräg und eben völlig anders präsentiert, legt aber gleichzeitig (zumindest wenn man den Gerüchten glauben kann) die Wurzeln für wichtige spätere Entwicklungen in MCU-Universum, was es zumindest für Fans dann doch zu einer Pflichtserie machen sollte. Doch würde man diese Entscheidung nur wegen der Einbindung ins MCU treffen, würde man der Serie unrecht tun: WandaVision punktet mit einer tollen schauspielerischen Leistung vor allem von Elizabeth Olsen und Paul Bettany, einem interessanten Mysterium und natürlich der gekonnten Umsetzung des klassischen Sitcom-Stils (der mich in manchen Details durchaus an Pleasantville und damit an eine andere Hommage an klassische Sitcoms erinnert). Das macht die Serie zu einem mutigen Start in die neue Phase, der zeigt, dass man zumindest auf Disney+ bereit ist, ein kreatives Wagnis einzugehen. Bislang geht die Rechnung dabei auf und zumindest ich kann die nächste Folge (es gibt immer eine neue Folge jeden Freitag) kaum erwarten.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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