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Review: Vengeful Guardian: Moonrider

Der geistige Shinobi-Nachfolger im Robocop-Setting

Ende der 80er, Anfang der 90er waren mächtige Jahre für 16 Bit-Action-Plattformer, die mit ihrem auf Präzision-getrimmten Gameplay neue Wege auf Heimkonsolen wie dem Sega Mega Drive und dem SNES beschritten. Genau diese Zeit ist es auch, in deren geistigen Fahrwasser der neueste Retro-Arcade Titel des brasilianischen Entwicklers JoyMasher(Blazing Chrome, Odallus) angesiedelt ist. Vengeful Guardian: Moonrider vermittelt somit sogleich das wunderbare Gefühl, eine versteckte Perle von damals ausgegraben zu haben.

Robo for Vendetta

Die Story dreht sich dabei um den namensgebenden Supersoldaten Moonrider, der an sich als Werkzeug eines totalitären Regimes geschaffen wurde, sich aber nach einem unerklärten Sinneswandel gegen seine Schöpfer und auf Seiten der Revolution stellt. In diesem Zuge muss er á la Mega Man seine Cyborg-Ninja Geschwister in beliebiger Reihenfolge zuerst in sechs sich thematisch stark unterscheidenden Levels in beliebiger Reihenfolge besiegen, bevor die Rebellion dann zum großen Finale geführt werden kann. Die so vermittelte Stimmung reiht sich dabei irgendwo zwischen RoboCop und V for Vendetta ein und wirkt dadurch zwar nicht allzu inspiriert, reicht aber aus, um eine funktionsfähige Rahmenhandlung für das Geschehen zu bieten.

Shinvania

War JoyMasher’s vorheriger Titel Blazing Chrome mehr von Run-and-Gun Shootern wie Contra oder Metal Slug inspiriert, präsentiert sich das Gameplay von Moonrider als indirekter Nachfolger der Shinobi-Serie, in das etwas vom Gegnerdesign eines Metroid gemischt wurde. Durch ein starkes Hauptaugenmerk auf Nahkampf und ordentlich Momentum bei den diversen Manövern fühlt sich das Ganze aber dennoch unverbraucht und stimmig an.

Spiel aus dem Webbrowser

Die Entwickler nutzten dafür die HTML5-basierte Construct 2 Game-Engine, die bekanntlich ihre Probleme hat, was das Endergebnis jedoch nur umso beeindruckender macht. Technisch größtenteils sehr sauber, holt JoyMasher hier selbst auf der Nintendo Switch ein mehr als flüssiges Gameplay heraus, das auch mit netten visuellen Spielereien nicht geizen möchte. Hin und wieder wurde dann sogar kurzerhand eine eigens entwickelte Engine über Construct 2 gelegt, um besondere Highlights wie an Mode 7-Klassiker wie Hyperzone erinnernde Motorrad-Sequenzen einzubauen.

Doch nicht so Vania

Bei aller rosaroter Retrobrille ist der Titel jedoch nicht ganz frei von Kritik. So wurden während des Entwicklungs-Zyklus einige essentielle Design-Änderungen vollzogen, deren Überbleibsel stellenweise immer noch zu spüren sind. Ist die Ästhetik der Levels vor allem für 16Bit-Fans wohl über jeden Zweifel erhaben, lassen sich in deren Aufbau merklich Überbleibsel Metroidvania-artiger Strukturen erkennen, die wohl in einem weit fortgeschrittenen Entwicklungs-Zustand noch in Schlauchlevels umkonstruiert wurden.

Nicht ganz so Spezial

Die am Ende des Level durch Besiegen eines der anderen Cyborg-Ninjas freispielbaren Spezial-Attacken wurden außerdem augenscheinlich ebenfalls erst nachträglich zweckentfremdet. So variieren diese an eine Energieleiste gekoppelt Angriffe massiv in Effizienz und Sinnhaftigkeit und so mancher wirkt, als wäre er als Alternative zum normalen Standardangriff gedacht gewesen, bevor der Fokus vorwiegend auf den Nahkampf gelegt wurde.

Wenn der Supersoldat einen Hänger hat

Zusätzlich ist das Spiel trotz solider technischer Umsetzung leider nicht frei von Bugs. So kann es beispielsweise passieren, dass der Moonrider nach einem Treffer in größeren Bossgegnern hängen bleibt und dadurch gleich weiteren Schaden erhält. Einmal blieb uns der Charakter überhaupt bis zum nächsten Treffer in einer Sprunganimation hängen. Solche Fehler sind zwar verkraftbar, können im falschen Moment aber durchaus frustrierend sein.

Manchmal kann ich teleportieren.

Die meist nach einem Zwischenboss auftretenden Übergänge vom ersten zum zweiten Teil eines Levels sind außerdem oft mehr als holprig gelöst. So steht Moonrider in den meisten Fällen plötzlich einfach ohne Outro, Intro oder weiteren Erklärungen in einer völlig neuen Umgebung. Das erweckt den Anschein, dass die jeweiligen Level-Teile stellenweise erst nachträglich und ohne direkten Kontext zusammengeführt wurden.

Die Langweile im Kreuzfeuer

Dafür zählen die zu besiegenden Zwischenbosse selbst zu absoluten Highlights des Titels und begeistern mit frischen Ideen und überraschenden perspektivischen Spielereien. Auch die einzelnen Umgebungen gestalten sich stets abwechslungsreich und schießen lieber ein kreatives Szenario nach dem anderen im Dauerfeuer hinaus, anstatt das Gameplay unnötig in die Länge zu ziehen.

Blutrausch

Die in den diversen Levels versteckten, passiven Power-Module bringen zusätzlich merkliche Gameplay-Änderungen mit sich und motivieren zum aufmerksamen Durchwandern der Levels. Da das Stage-Ranking vorwiegend an den Anzahl der Bildschirm-Tode gekoppelt scheint, trägt dieses für den ersten Durchlauf wohl für die meisten keine größere Bedeutung und wirkt eher demotivierend. Dank des präzisen Gameplays dürften vor allem Speedrunner aber ihre helle Freude mit dem Titel haben und auch als Erstbesucher ist der Rausch, mit dem sich die Levels nach dem ersten Ableben plötzlich in der Hälfte der Zeit durch-metzeln lassen, eine wahre Freude.

Dreh den Ghetto-Blaster auf!

Zu guter Letzt bleibt noch der Soundtrack positiv zu erwähnen. Diesem leiht Komponist Dominic Ninmark (Gravity Circuit) sein Talent, der vor allem für seine Eurobeat-Versionen diverser Pop-Kultur Klassiker bekannt ist. Zum Setting passend, zwar etwas düsterer eingestellt, muss sich hier so mancher Bosskampf-Song dennoch kaum vor Genre-Größen wie Manami Matsumae (Mega Man, Shovel Knight) verstecken.

Fazit:

Wertung: - 7.5

7.5

Für alle mit 16Bit-Brille

Das kleine Entwicklerteam hinter Vengeful Guardian: Moonrider ist merklich mit sehr viel Liebe zu dessen geistigen Vorlagen an das Projekt herangegangen. Der Titel weiß es somit gekonnt sowohl nostalgische Gefühle zu wecken, als auch seine eigene Identität aufzubauen. Gelegentliche Bugs, teils etwas holprige, weil merklich nachträglich eingefügte Design-Entscheidungen, sowie die uninspirierte Geschichte verhindern dabei jedoch leider Best-Noten. Dennoch bleibt Moonrider ein fantastisches Spiel, das dank befriedigendem Spielgefühl, erinnerungswürdiger Ästhetik und stimmigem Soundtrack über seine 3-5 stündige Kampagne durchaus zu begeistern weiß. Shinobi- und Mega Man-Fans dürfen relativ bedenkenlos zugreifen, solange ihnen die düstere Retro-SciFi Ästhetik zusagt. Alle anderen können zumindest einen Blick riskieren.

Genre: Action Plattformer
Entwickler: JoyMasher
System: PC, PS4, PS5, Switch
Erscheint: verfügbar
Preis: ca. 15 Euro
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