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Review: Nomadland

Lange Zeit war Pandemie-bedingt nicht klar, wie mit bevorstehenden Kinofilmen umgegangen werden soll. Sollen diese auf unbestimmte Zeit verschoben werden oder sollen sich die Studios ihren kreativen Content vergolden lassen und ihre Werke an Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime & Co. verkaufen – oder diese beispielsweise im Fall der Walt Disney Studios gleich auf ihren hauseigenen Dienst Disney+ stellen? Fragen über Fragen…

Mit dieser ungewissen Zukunftsaussicht hatte auch der diesjährige Oscar-Abräumer Nomadland der Regisseurin Chloé Zhao zu kämpfen. Hierzulande hat man sich für das Risiko entschieden, zugewartet und bringt den Film nun am 27. Mai in die hiesigen Lichtspielhäuser. Ob sich das Warten gelohnt hat?

Moderne Nomaden

In Nomadland begleiten wir Fern (Frances McDormand) auf eine Reise ins Ungewisse. Sie hat vor kurzem ihren Ehemann an eine schwere Krankheit verloren, weshalb sie kurzerhand all ihren Besitz verkauft und mit einem Van in den Westen der USA fährt – scheinbar ohne Ziel, ohne nähere Bestimmung. Sie wird zu einer modernen Nomadin.

Auf ihrer Reise lernt sie viele Menschen kennen, die von der Hand in den Mund leben und auf ihren Van als Unterkunft angewiesen sind. Um sich finanziell über Wasser zu halten, arbeitet Fern in prekären Jobs mit losen Anstellungsverhältnissen. Hier sieht man sie beispielsweise in einem riesigen Amazon Logistik Center oder als Reinigungskraft in Fast Food-Läden arbeiten. Nichts hiervon macht sie besonders lange, es ist vielmehr ein Kreislauf: Die Karawane an „Nomaden“ sucht Arbeit, nur um weiterzuziehen, wenn es keine mehr gibt. Dass dieses Leben nicht nachhaltig ist, liegt auf der Hand und dennoch scheint Fern während ihrer Reise nicht unglücklich zu sein. Vielmehr scheint sie über ihr bisheriges Leben nachzudenken.

Fern arbeitet auch für Amazon | © Walt Disney Studios

Eine spielt sie alle an die Wand

Dieses Reflektieren wird wunderbar von Frances McDormand eingefangen. Hierfür verwendet sie keine großen Worte oder überaus viel Pathos. Vielmehr ist es ihr Schauspiel, ihre Mimik und Gestik, mit der die mittlerweile dreifache Oscar-Preisträgerin die Geschichte beinahe alleine auf ihren Schultern trägt – und das gelingt ihr bravourös!

Nomadland ist ein ruhiger, beinahe introvertiert wirkender Film. Hier gibt es keine Explosionen oder wilde Verfolgungsjagden. Stattdessen wird anhand des Hauptcharakters, der Zuseher:innen als Ankerpunkt dient, eine kleine und persönliche Geschichte erzählt. Hierbei nimmt die hierfür mit dem Oscar ausgezeichnete Regisseurin auch nicht den narrativen Holzhammer zur Hilfe, sondern überlässt dem Publikum die Einordnung der Ereignisse.

Aufgrund dieses eindrücklichen Filmerlebnisses ist es ratsam, Nomadland an einem Stück, vorzugsweise in einem abgedunkelten Kinosaal zu genießen. Auf diese Art und Weise wird die Geschichte wohl ihre Wirkung am besten entfalten können und Zuseher:innen in seinen Bann ziehen. Aus diesem Grund dürfte man hierzulande auch alles richtig gemacht haben, indem man auf einen Kino-Release zugewartet hat.

Chloé Zhao (links) und Frances McDormand (rechts) dürfen sich beide über einen Goldjungen freuen | © Walt Disney Studios

Fazit

Wertung - 9

9

Nomadland ist kein lauter Film. Darauf sollten sich Kinogänger:innen einstellen. Es finden hier keine Alien-Invasionen oder wilde Verfolgungsjagden auf offener Straße statt. Vielmehr gelingt es der Eternals-Regisseurin aus wenig viel zu machen und eine eindrückliche Geschichte einer Frau zu erzählen, die alles verloren hat und sich nun auf dem Weg befindet, sich selbst (wieder) zu finden.

Kurzinformationen
Filmlänge: 110 Minuten
Land, Jahr: USA, 2021
Genre: Drama
Regie: Chloé Zhao

Tipp! Audio-Review zu Nomadland im Review-Podcast anhören

 

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