FilmFilm-ReviewHighlightNews

Review: Dune – Part Two (spoilerfrei!)

Das Spice muss fließen

Die Geschichte von Arrakis ist noch lange nicht zu Ende erzählt: Nach dem offenen Ende von Dune – Part One, mit dem Regisseur Denis Villeneuve 2021 knapp die Hälfte des ersten Bandes der Dune-Saga von Frank Herbert verfilmt hat, erscheint nun die Fortsetzung, die die Erzählung vollendet. Wir sind auf dem Rücken von Shai-Hulud für euch in die Wüste geritten und haben unsere Eindrücke mitgebracht.

Die Stimme der Außenwelt

Wie erwartet setzt der Film genau dort an, wo der erste endete – weshalb wir für diesen Absatz zwar keine Spoilerwarnung für den zweiten, sehr wohl aber für den ersten Film aussprechen wollen: Paul Atreides und seine Mutter Jessica sind nach dem Angriff der Harkonnen (mit verbotener Unterstützung der imperialen Elitetruppen) in die Wüste entkommen, während Pauls Vater und viele seiner Getreuen fielen. Dort werden sie von Fremen unter der Führung von Stilgar entdeckt, der bereit ist, die beiden aufzunehmen. Warum? Weil er an die Prophezeihung des Mahdi glaubt, des „Lisan al Gaib“, ein Außenstehender, der eines Tages den Fremen die Freiheit geben wird. Doch auch wenn Paul weiß, dass dieser Glauben vom Bene Gesserit-Orden, dem auch seine Mutter angehört und in derer Wege er geschult wurde, verbreitet wurde, zögert er. Schließlich ahnt er, dass er als Messias der Fremen einen heiligen Krieg auslösen wird, der unzählige Tote fordern wird. Doch hat er überhaupt eine andere Wahl?

So steht es geschrieben

Anders als der erste Film, der viel Exposition zu stemmen hatte und recht linear auf ein großes Finale hinsteuerte, ist die Handlung des zweiten Teils schon von der Vorlage her episodischer. Und anders als in Dune – Part One zeigen sich Regisseur Denis Villeneuve und sein Team eher bereit, Buch Buch sein zu lassen und den Fokus auf die Dinge zu richten, die sie beleuchten wollen. So nimmt die Beziehung zwischen Paul (Timothée Chalamet) und Chani (Zendaya) eine größere und anders ausgestaltete Rolle als im Roman ein und gibt dem Fremen-Mädchen ein moderneres Profil als die Vorlage aus den 1960ern; auch das Thema „Religion“ – schon bei Herbert ein zentraler Teil der Handlung – bekommt hier mit unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Fremen mehr Platz eingeräumt, was analog zum Buch durchaus kritische Betrachtungen von Messias-Figuren und Fundamentalismus erlaubt. Dafür werden andere Bereiche innerhalb der Handlung gerafft oder angepasst. Das führt zu einigen deutlichen Veränderungen zur Buchvorlage. Nichts davon ist so anders, dass es die Fortsetzungen (Denis Villeneuve hat ja bereits erklärt, dass er gerne noch den zweiten Band verfilmen möchte) unmöglich machen würde, eher im Gegenteil: Das Finale gibt sich weniger abschließend als noch der Roman und steuert klar in Richtung von „Der Herr des Wüstenplaneten“.  Dennoch werden Buchkenner eventuell das Gefühl haben, dass der Film – trotz seiner Länge von über zweieinhalb Stunden – vielleicht doch zu kurz gewesen ist, um eigentlich zentrale Teile der Story vorlagengemäß zu zeigen. Dass man trotzdem nur schwer sagen könnte „das hätte man dafür weglassen sollen“ spricht für die Qualität des Films.

Schauspielpower …

Für die Verfilmung kann Denis Villeneuve auf seine bewährte Schauspielerriege aus dem Vorgänger setzen: Timothée Chalamet stemmt nun gekonnt die Hauptlast der Handlung, ist sein Paul doch nun fast allein die zentrale Figur. Er meistert den Spagat zwischen seiner Zerrissenheit, seiner Beziehung zu Chani und dem Schicksal, dem er sich stellen muss. Zendaya darf nach ihrem sich eher wie ein Cameo anfühlenden Auftritt im ersten Teil endlich zeigen, was sie kann. Ihre Chani ist weniger weiche Geliebte als ein starker Gegenpart zu Paul, was zwar ein wenig an ihre Rolle in den Spider-Man-Filmen erinnert, aber der Beziehung eine deutlich andere Dynamik gibt als in der Vorlage. Leider sorgt aber auch die Streichung eines Zeitsprungs in der Handlung dafür, dass sich ihre Beziehung ein wenig sprunghaft anfühlt und einen anderen Weg nimmt als im Roman. Auch Javier Bardem bekommt endlich mehr zu tun als im ersten Teil und gibt den weisen Fremenführer Stilgar, dessen starker Glaube an die Prophezeihung zu Beginn für Lacher sorgt, aber nur den kommenden Fanatismus der Fremen vorwegnimmt. Deutlich weniger wichtig als im ersten Teil ist dafür Rebecca Ferguson als Lady Jessica, deren Rolle auch im Vergleich zum Roman geschrumpft ist. Leider weiter etwas blass sind die Gegenspieler. Sowohl Stellan Skarsgard als auch Dave Bautisda fehlt das Material, um aus ihren Rollen als Baron Harkonnen beziehungsweise Rabban mehr als relativ stereotype Antagonisten zu machen. Mehr Glück hat hier schon Dune-Newcomer Austin Butler, der als na-Baron Feyd-Rautha einige gute Szenen abliefern darf. Und wenn wir schon bei den Newcomern sind: Christopher Walken (als Imperator Shaddam IV) und Florence Pugh (als Prinzessin Irulan) bekommen zwar mehr zu tun als in der Vorlage, bleiben aber dennoch etwas flach. Zumindest letztere sollte in der Fortsetzung allerdings mehr von ihrem Talent zeigen können – genauso wie eine weitere bekannte Darstellerin, die hier nur einen kurzen Cameo hat (den wir nicht spoilern wollen). Hier hat man wohl – ähnlich wie im ersten Teil mit Zendaya und Bardem – bereits in das Sequel investiert.

… und Kinobombast

Doch Villeneuve gelingt es nicht nur, mit seiner Schauspielerriege intime, ruhige, aber auch spannende und intensive Momente zu inszenieren. Er setzt – wie auch schon im Vorgänger – auf große, epische Bilder, die nach der großen Leinwand verlangen, aber auch gekonnt in Szene gesetzte Action. Im Vergleich zum ersten Teil profitiert der Film stark davon, dass nun der Großteil der Handlung in der Wüste spielt, die weitläufige, eindrucksvolle Szenerie bietet, in der die Menschen oft klein werden. Villeneuve und sein Kameramann Greig Fraser setzen aber auch ab und an auf künstlerische Noten, zum Beispiel bei einer Sequenz auf dem Harkonnenplaneten Giedi Prime, die Großteils in Schwarz/Weiß gezeigt wird. Das unterstreicht durchaus effektvoll den Unterschied zu Arrakis mit seinen Erdtönen, auch wenn nicht ganz klar ist, warum einzelne Einstellungen dann doch Farbe verwenden. Ähnliche Kontraste gibt es aber auch in der Musik: Hans Zimmers Soundtrack macht zwischendurch immer wieder Pause, bevor er unsere Ohren umschmeichelt oder dann uns wieder mit Bombast in die Sitze schmettert. Die Musik (erneut mit vielen arabischen Elementen) und das Sounddesign sind deshalb ein weiterer Grund, diesen Film im Kino zu sehen: Wer diesen Sound nicht in voller Lautstärke hört, hat einfach nur die halbe Erfahrung. Und das wäre ebenso schade, wie diese Bilder nur auf dem Fernseher zu sehen.

Fazit

Wertung

Dune – Part Two ist bombastisch und episch; oder, wie ich es spontan nach dem Kinobesuch formuliert habe: „eine Urgewalt“, deren Eindrücke auch nach dem Verlassen des Kinos nachwirkten. Villeneuve setzt dort an, wo der erste Teil endet, nutzt aber die Zeit, die ihm diese Teilung gebracht hat, um das zweite Drittel des Buches, das Lynch 1984 eher überhastet erzählte, wirken zu lassen. Buchkenner werden vermutlich kritisieren, dass Villeneuve sich im Ausgleich in manchen Bereichen dann doch ein wenig vom Roman entfernt, einen Zeitsprung eliminiert und einer wichtigen Figur ihren eigentlich handlungsrelevanten Auftritt verwehrt; stattdessen gibt er der Handlung Zeit, die zentralen Themen und Konflikte von Herberts Roman aufzugreifen und sogar zu erweitern. Das Resultat ist eine zwischendurch leise, dann doch wieder bombastische Achterbahnfahrt, die unbedingt im Kino genossen werden sollte und zwar grundsätzlich am selben Punkt wie das Buch endet, aber dennoch deutlicher in Richtung eines Sequels drängt. Hoffentlich lässt uns Villeneuve nicht zu lange darauf warten.

Kurzinformationen
Land, Jahr: USA, 2024
Filmlänge: 166 Minuten
Genre: Science Fiction
Regie: Denis Villeneuve

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"