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Review: Dragon’s Dogma II

Zwölf Jahre nach der Veröffentlichung des ursprünglichen Dragon’s Dogma sind Capcom und Game Director Hideaki Itsuno endlich bereit, diesen geliebten Kultklassiker noch einmal aufleben zu lassen. Das erste Spiel war zwar brillant, blieb aber letztlich hinter den Erwartungen zurück, da es einfach nicht mit Dark Souls konkurrieren konnte, das einige Monate zuvor erschienen war. Es half auch nicht, dass Dragon’s Dogma ein sehr schwerfälliges Spiel war. Dennoch hat es sich eine treue Fangemeinde erarbeitet. Und wenn man über den ganzen Unannehmlichkeiten hinwegsehen konnte und das Spiel als ein wirklich fesselndes Open-World-Fantasy-Spiel betrachtete, das nach seinen eigenen Regeln spielt, dann hatte man eine Menge Spaß. Dragon’s Dogma 2 baut auf allem auf, was sein Vorgänger getan hat, und verfeinert die Formel, um sie für ein modernes Publikum ein wenig schmackhafter zu machen. Aber Achtung, es handelt sich immer noch um ein gnadenloses Spiel, bei dem ihr alles selbst herausfinden müsst. Es sieht jetzt nur viel besser aus und spielt sich auch viel besser.

Rollenspiele erfindet Capcoms Dragon’s Dogma II zwar nicht neu, dennoch ist der Hype um den Titel mehr als gerechtfertigt, wie unser Review zeigt. Das seit zwölf Jahren heiß erwartete Game bringt uns eine moderne Version eines klassischen Rollenspiels, das sich auf alte Werte besinnt und sich zum großen Teil völlig ident wie der Vorgänger spielt, gleichzeitig Spielern aber fast völlige Freiheit lässt, die Welt nach eigenen Vorstellungen zu erkunden. Und auch wenn das Spiel eine reine Einzelspieler-Erfahrung ist, wirkt die Welt so lebendig und das Begleiter-System so durchdacht, dass man sich in einem gigantischen MMO wähnen könnte.

Ruft man das Spiel zum ersten Mal auf, fällt aber anfangs mal auf, wie klassisch-angestaubt vieles ist. Das beginnt dabei, dass man ins Game startet und nur diesen Durchgang als einzigen manuell speichern kann. Macht man einen fatalen Fehler, lässt sich der Spielstand außerdem auch nicht schnellladen, sondern man muss zum Startbildschirm zurückkehren und dann die Speicher-Datei neu laden. Das war wie einiges andere Standard bei allen Rollenspielen vor einem Jahrzehnt, hätte für ein neues Game aber gerne modernisiert werden dürfen. Die Grafik ist mit der RE Engine großteils hübsch ausgefallen, Optik-Oscar gewinnt der Titel aber keinen.

Das Gameplay könnte wiederum klassischer nicht sein: Zu einem Ziel geschickt werden, Feinde besiegen und Beute einstreifen, mit NPCs reden, und das alles immer und immer wieder von vorne. Nicht einmal ein Schnellreisesystem im traditionellen Sinne anderer Games gibt es. Was nach viel Kritik klingt, soll aber gar kein Abturner sein, denn genau danach haben sich viele Spieler gesehnt, die bereits den Vorgänger geliebt haben. Und auch wenn sich Vieles wiederholt und Anderes eine Staubschicht aufweist, Spaß macht das Rollenspiel allemal. Vor allem, weil man alles in seinem eigenen Tempo angehen darf und bei der Wahl der Aufgaben sehr frei ist.

Wunderbar ist die Handlung des Spiels – übrigens für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S – ausgefallen, die uns in eine Fantasy-Welt zieht, in der man fast vom ersten Moment an versinkt, wie es nur die ganz großen Meister ihres Fachs können. Viele denkwürdige Momente, unerwartete Wendungen, große Emotionen – was wir Spoiler-frei verraten wollen: Ihr schlüpft in die Rolle des „Erweckten“, der von einem Drachen besiegt und gebrandmarkt wurde und diesen nun besiegen muss, um sein Herz und seine Seele zurückzugewinnen. Klingt vertraut? Klar, aus dem ersten Teil! Dank zahlreicher Nebenschauplätze ist die Spannung aber in Teil 2 garantiert.

Neben der absehbaren Konfrontation mit dem Drachen erwarten uns auf dem Weg dorthin Intrigen, Betrügereien, ein ausgewachsener geopolitischer Konflikt. Freunde, die zu Feinden werden und Gegner, die plötzlich an unserer Seite kämpfen – Dragon’s Dogma II greift ganz tief in die Fantasy-Schatztruhe und bedient sich umfassend an bekannten Geschehnissen, macht das aber gut umgesetzt und emotional glaubhaft. Die Geschichte entwickelt sich recht gemächlich und schreitet linear fort, hat aber ein beeindruckendes Schluss-Kapitel und einige Momente in der zweiten Spielhälfte zu bieten, die das Erlebnis unvergessbar machen werden.

Garniert wird das alles mit einer sehr guten (englischen) Sprachausgabe und vielen bombastischen Zwischensequenzen. Dennoch steht das Gameplay und nicht die Geschichte im Mittelpunkt des Rollenspiels. Und da zeigt sich selbiges Phänomen: Man kennt eigentlich bereits alles und auch den Ablauf der Missionen, und dennoch macht das Game riesig Spaß und man freut sich auch, wenn man zum vierten Mal in Folge dieselbe Beute für einen NPC heranschleppen muss, weil dieser nicht genug bekommen kann. Neben sich wiederholenden Kampf- und Beute-Missionen hat das Spiel aber auch jede Menge Abwechslungsreiches parat.

Spielwelt ist immersiver, als es die meisten Games können

Immersiv wie kaum ein Game wird Dragon’s Dogma II durch minimalistische Einblendungen. Wegweiser, Entfernungsanzeigen, ja nicht mal eine Zielmarkierung gibt es, man muss die offene Welt erkunden, wie man sie vorfindet. Das spielt sich ähnlich wie in „Elden Ring“, hier gibt es aber dennoch mehr Hinweise auf Schauplätze und Missionsziele, denn NPCs weisen uns in Gesprächen in die jeweilige Himmelsrichtung, auf Spuren am Boden oder auf Pflanzen hin, die nur in einem gewissen Gebiet oder nur zu einer bestimmten Tages- oder Nachtzeit blühen. Ohne Plan irrt man also nicht durch die Welt, manchmal braucht es aber eine Prise Denkarbeit.

Neben den klassischen Kämpfen und Aufgaben in Dragon’s Dogma II gibt es auch für Rätsel- und Action-Freunde etwas – so stellt uns eine Sphinx knifflige Aufgaben oder manche Ereignisse kommen mit einem knackigen Timer daher. Diese Quests sind lobenswerterweise fast allesamt optional, versprechen aber besonders wertvolle Beute. Und noch eine weitere Parallele gibt es: Bei der Wahl des Spielstils ist man weder anfangs noch im Verlauf beschränkt und kann jederzeit zu Schwertern, Äxten, Magie oder Bögen greifen. Zehn spielbare Klassen gibt es, einige Skills werden der Experimentierfreude zuliebe Klassen-übergreifend nutzbar.

Vasallen-System lässt Game wie ein Koop-Erlebnis wirken

Dass das Einzelspieler-Abenteuer teils wie ein Multiplayer- und Koop-Abenteuer wirkt, dafür sorgt das über weite Strecken hervorragende Vasallen-System. Drei Begleiter können mit auf Abenteuer genommen werden, wobei zwei davon aus einem Sortiment ausgewählt und einer sogar mit einem Editor erstellt werden kann. Spieler können sich durch dieses System nicht nur eine starke Gruppe aus sich gegenseitig unterstützenden Klassen basteln, die KI-Gefährten reagieren auch meist autonom und schützen uns, wenn alles in der Spielwelt auf uns losgeht. Was allerdings mächtig nervt: Besiegte Feinde erscheinen immer wieder neu in der Spielwelt.

Ständig steht man unter Beschuss und Attacken von in Dauerschleife wiederbelebten Feinden, die zwar jede Menge Beute fallenlassen, aber uns nie die Zeit geben, die Spielwelt mal in Ruhe zu erkunden. Auf der Haben-Seite steht dafür wiederum die Abwechslung, denn das Sortiment an Feinden ist von kleinen Wölfen bis riesigen Zyklopen gigantisch. Ebenso cool: Die Feinde lassen sich packen, schleudern, erklimmen und auf die verschiedensten Arten töten. Ein fixes Ziel lässt sich dabei leider nicht per Eingabe festlegen, weswegen Angriffe auch mal ins Leere laufen können. In besonders hektischen Gefechten tut eine etwas nervöse Kamera ihr Übriges.

Technisch ist das Game wie sein Vorgänger ein zweischneidiges Schwert. Richtig Laune machen wieder die Ragdoll-Animationen und dass man sich entweder Monster oder auch so gut wie alles in der Umgebung packen und herumschleudern kann. Weniger guten Eindruck macht (ebenso erneut) die nicht auf den Punkt getroffene Steuerung, aber auch die KI der Feinde und Begleiter. Die nimmt wenig Rücksicht auf die Umgebung und fokussiert stattdessen hauptsächlich auf das Gegenüber – so bringen sich selbst die mächtigsten Begleiter oder Feinde gerne mal selbst um, indem sie sich in Abgründe oder todbringendes Wasser stürzen.

Eine Mini-Prise Multiplayer: Unsere Begleiter können mit Aufträgen ausgestattet werden, andere Spieler können den Vasallen dann in ihr Spiel holen und die Quest erfüllen. Das Gameplay selbst lief bis auf einige Ruckler problemlos ab, allzu viele Grafik-Bugs waren in der PlayStation-5-Version nicht zu entdecken. Schade: Dragon’s Dogma II verzichtet auf Beziehungs-Systeme zu Charakteren ebenso wie auf Story- und Spiel-verändernde Entscheidungen in Handlungen und Dialogen. Mühsam ist auch das eingerostete Inventarsystem, denn das Spielt deckt uns massig mit Items ein, mit der Ãœbersicht geht aber auch die Ausdauer des Protagonisten flöten.

Dragon’s Dogma II ist sogar besser als der Hype darum

Einige Besonderheiten im Vergleich zu anderen Rollenspielen hat das Game dennoch zu bieten. Etwa die Verlustanzeige, die den Kämpfen eine taktische Note gibt. Nimmt unser Held Schaden, schrumpft nicht nur seine Gesundheitsleiste, sondern vorübergehend auch die Menge an Gesundheit, die mit Items wiederhergestellt werden kann. Das simuliert quasi die Erschöpfung und wird erst aufgelöst, wenn wir uns in einem Lager ausgeruht haben. Dadurch überlegt man genauer, wie viel Risiko man geht, weil der Spieltod zwei Möglichkeiten eröffnet: Wer den letzten Speicherpunkt lädt, behält den Großteil des Fortschritts, spielt aber mit deutlich reduzierter, maximaler Gesundheit weiter. Wer dagegen von der letzten Rast neu lädt, verliert teils viel Spielfortschritt, aber keine Gesundheit.

Lange Rede, kurzer Sinn: Technisch und spielerisch gibt es zwar einige Neuerungen, vieles ist jedoch im vorigen Jahrzehnt hängen geblieben, und trotzdem – oder vielleicht sogar gerade deswegen – ist Dragon’s Dogma II ein fantastisches Rollenspiel klassisch-alter Schule, das Freiheit und Gameplay in den Mittelpunkt stellt und uns tief in einer großen und großartigen Fantasy-Welt versinken lässt. Wer den Vorgänger mochte, wird Dragon’s Dogma II lieben, mit all der wunderbaren Auswahl an Klassen, Waffen und Effekten sowie Monstern und Beute fast ohne Ende. Zahlreiche NPCs und unsere im Kampf manchmal sogar brauchbaren KI-Vasallen-Begleiter simulieren eine lebendige Fantasy-Welt, in der wir auch in der Klassen-Wahl unseres Charakters nicht beschränkt bleiben und in der die Kämpfe richtig spektakulär ausfallen können – oder auch saukomisch dank der Ragdoll-Animationen.

Fazit

Wertung - 8

8

Ich habe Dragon's Dogma 2 nach rund 45 Stunden durchgespielt und kann mir gut vorstellen, dass ich diese Zahl mehr als verdoppeln werde, bevor ich das Spiel wieder deinstallieren werde. Es gibt Quests, die ich unvollendet gelassen habe, und viele, bei denen ich nicht einmal an der Oberfläche gekratzt habe - ich bin zum Beispiel nie der legendären Sphinx begegnet. Die große Auswahl an Berufen bietet endlosen Spielspaß, und die Welt, die hier erschaffen wurde, ist einfach eine, von der man mehr haben will. Dragon's Dogma 2 ist eine Meisterklasse in fesselndem Spieldesign und der Beweis dafür, dass es sich lohnt, von der Norm abzuweichen und sein Publikum herauszufordern. 

Genre: Rollenspiel
Entwickler: Capcom
System: PlayStation 5, Xbox Series, PC
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 70 Euro

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