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Review: Cyberpunk 2077 – Big City Dreams

Als sechsten Band seiner Cyberpunk 20277 Comic-Reihe bringt der Panini Verlag ein ganz besonderes  Schmankerl: Big City Dreams! Einmal mehr erzählt Autor Bartosz Sztybor hier nicht etwa eine Mission aus dem Videospiel nach, sondern eine auf den ersten Blick kleine Geschichte in dieser dystopischen Welt. Dies jedoch erneut mit einer enormen Intensität und Raffinesse. Das sorgte im letzten Jahr für eine Sensation: Cyberpunk 2077: Big City Dreams gewann den renommierten Hugo Award für die beste Graphic Novel.

Bartosz Sztybor nimmt den renommierten Hugo Award entgegen.

Der Hugo Award ist ein seit 1953 jährlich verliehener Literaturpreis, mit dem die besten Werke und Leistungen im Bereich Science Fiction und Fantasy ausgezeichnet werden. Mit Big City Dreams wurde zum ersten Mal ein polnischer Autor mit einem Hugo Award ausgezeichnet (Anmerkung der Redaktion: Unglaublich, Stanisław Lem hat nie einen Hugo Award verliehen bekommen). Bartosz Sztybor, der neben weiteren Comics auch die Story zur gefeierten Cyberpunk 2077 Netflix Serie schrieb, wird hier durch die Artworks von Filipe Andrade und Alessio Fioriniell und den Farben von Roman Titov und Krzysztof Ostrowski unterstützt. Dabei umfasst die gerade erschienene deutsche Ausgabe nur 64 Seiten, aber schafft es auch, ohne jemals das Videospiel gespielt zu haben, den Leser in seinen Bann zu ziehen.

Große Träume

Tasha und Mirek sind ein Möchtegern-Edgerunner-Paar, nicht mehr als kleine Ganoven. Tasha feuert mit ihrer Waffe wahllos auf jeden, der ihr nicht gefällt, und Mirek unterstützt sie, obwohl er weder psychotisch noch gewalttätig ist. All das ändert sich, als Mirek einen Braindance (Anmerkung: VR-Programme für Nicht-Cyberpunk 2077-Fans) ausprobiert und das Leben eines liebenden Vaters und Ehemanns auf einer Farm außerhalb von Night City kennenlernt.

Die grundlegende Prämisse der Handlung ist simpel, aber ich muss dem Autor einmal mehr ein Lob aussprechen, denn er hat sich etwas einfallen lassen, das ich in einem Comic wie diesem nicht unbedingt erwartet hätte. Es ist ein Thema, das sich mit dem zentralen Motiv des Videospiels und seinen Charakteren deckt: Willst du ein ruhiges Leben führen oder im Glanze des Ruhms sterben? Diese Frage wird auch V im Videospiel wiederholt gestellt und das Ende des Spiels spiegelt wider, ob er oder sie glaubt, dass das eine oder das andere sein Schicksal ist.

Ich bin mir nicht sicher, ob Tasha klug genug ist, um zu erkennen, dass sie sterben wird, oder irgendjemand anderes wichtig genug ist, um die Wahl zu treffen, aber es ist klar, was sie wählen würde. Sie glaubt, dass sie eine aufkeimende Night City-Legende ist, die sich ihren Weg an die Spitze morden kann, obwohl sie offensichtlich inkompetent und eine mörderische Landstreicherin ist. Mirek hingegen ist fassungslos über die Möglichkeit, dass ein ruhiges Leben überhaupt möglich wäre. Er möchte das Leben eines ruhigen Bauern und Familienvaters fernab von Gewalt und Tod kennenlernen. Doch in dem Moment, in dem er Tasha seine „Vision“ mitteilt, wird er schallend verspottet.

Diese Geschichte fesselte mich schneller, als ich dachte, denn sie kommt mir vor wie eine Geschichte, die die große Mehrheit der Schurken im Videospiel (und auch im Tabletop-Rollenspiel) haben würde. Tasha hat nicht die Ausbildung, das Temperament oder die Fähigkeiten, um ihre Ziele zu erreichen, aber sie hat einen soziopathischen, unverdienten Stolz, der ihr sagt, dass das Töten irgendwelcher Leute auf der Straße sie irgendwie berühmt machen könnte. Mirek hat keine anderen Freunde oder geliebten Menschen, also ist er einfach bereit, das mitzumachen.

Auch wenn es in der Welt von Cyberpunk 2077 die Möglichkeit gibt Träum mit einer Technologie namens Braindance zu kaufen, wird dies hier mit Bedacht einsetzt. Es gibt keinen umständlichen Stepptanz um literarische Kunstgriffe, um an das Innenleben eines Charakters zu gelangen. Die Träume gibt es gewissermaßen gratis dazu. Tasha wünscht sich Conan zu sein und alles zu zerstören, Mirek möchte ein ruhiges, beschauliches Leben führen.

Großartig ist auch die grafische Umsetzung. Während die Braindance-Sequenzen von Filipe Andrade gezeichnet werden, wir die normale Umgebung on Alessio Fioriniello zu Papier gebracht. Fiorniellos Arbeit ist äusserst ausdrucksstark und ungeschliffen, was perfekt zu Night City passt.

Meinung:

Bam! Waren die restlichen Cyberpunk 2077 Comics bereits gut bis sehr gut, so ist Big City Dreams einfach nur exzellent. Dies liegt vor allem an dem Umstand, dass diese „kleine“ Geschichte komplett ohne Vorwissen rund um das Videospiel funktioniert. Ihr bekommt einfach eine erstklassige Science Fiction Geschichte serviert, die in vielen Punkten geradezu philosophisch ist.

Infos:

Autor: Sztybor, Bartosz,
Zeichner: Filipe Andrade, Alessio Fioriniello
Verlag: Panini Verlag (Original: Dark Horse)
Seiten: 64
Preis: ca. 10  Euro

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