Hands-On Total: Everybody 1-2-Switch! in Berlin

Vielleicht kennt ihr ja genau diese eine Person, die immer das Herz jeder Party ist. Um die sich alle versammeln und die irgendwie den Ton des Abends vorgibt. Wenn diese Person vor Ort ist, weiß man, dass man Spaß haben wird. 

… Leider bin ich nicht diese Person!

Auf Partys findet ihr mich garantiert nicht mitten im Trubel und schon gar nicht auf der Tanzfläche. Man will ja nichts Peinliches machen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch was wäre, wenn ALLE etwas Peinliches machen und dabei laut lachen und brüllen? Bühne auf für Everybody 1-2-Switch!. 

Horace for Smash

Nintendo hat zum Event eingeladen. Zu spielen gibt es Pikmin 4 (Review ist schon in Arbeit) und *checks notes* Everybody 1-2-Switch!? Moment. Ein Nachfolger zur Switch-Launch-Tech-Demo? Wer genau hat danach gefragt? Und warum ist es plötzlich da? Normalerweise macht Nintendo ein großes Brimborium um neue Spiele. Großes Reveal auf einem Direct und mehrere Trailer vorm Release gehören eigentlich zum Standardsortiment der Nintendo-Marketing-Kiste. Eigentlich. Gerüchten nach war das Spiel schon vor langer Zeit fertig, ist bei internen Tests aber ziemlich durchgefallen. Nun erscheint es für 30€ wie aus dem Nichts. Zufall?

Egal. Gerüchte sind Gerüchte. Ich betrete den “Event Space” Nintendos (hier mal vielen Dank für die Bahntickets und die Nacht im Hotel) und sehe vor allem eines. Oder besser gesagt jemanden: Horace. Der sprechende Pferdekopf ist der neue Showmaster und führt wie bei einem TV-Quiz durch die Partien. Auch wenn er teilweise in die Fremdscham abdriftet, tut er dem Nachfolger als roter Faden zwischen all den Schauspielern gut.

Diese sind auch wieder mit von der Partie und spielen die Minispiele vor. Hier fällt auch der Rest der Präsentation ins Auge. Alles glänzt und sieht schon gut produziert aus, aber nichts erinnert an Nintendo. Es könnte sich genauso gut um ein Party-Spiel von Buzzfeed handeln (“Quiz: Welcher Horace bist du?”) Hingegen sehr Nintendo ist das generelle Tempo. Während man endlich Steaks anbraten möchte, muss man brav ein Tutorial-Fenstern nach dem anderen wegklicken. Und natürlich nicht die Joy-Con-Handgelenkschlaufe vergessen. Da versteht selbst Horace keinen Spaß.

Ist der Fernseher also erst mal sicher vor fliegenden Controllern, müssen Spieler aufgeteilt in Teams manchmal Sekunden abschätzen (indem sie das Steak zum perfekten Zeitpunkt von der Pfanne nehmen), gleichzeitig über ein imaginäres Seil springen oder die Controller im Raum verstecken. Ist ein Team in Unterzahl, erhält es Bonuspunkte, um die Sache spannend zu halten.

Nintendos eigene Jackbox

Kennt ihr die Jackbox? Das ist eine Reihe von Partyspielen, die sich off- und online mit Tausenden von Leuten spielen lassen. Tausenden? Ja, genau. Der Trick hierfür sind Smartphones. Spieler können im Browser Codes eingeben oder QR-Codes abfotografieren, um einer Lobby beizutreten. Was die Jackbox schon vor Jahren vorgemacht hat (und Sony mit dem mittlerweile eingestellten PlayLink nachahmte), hat nun auch Nintendo erreicht.

Hier können jedoch nur bis zu 100 Spieler offline teilnehmen. Sie werden in zwei Teams aufgeteilt und treten mit ihren Handys gegeneinander an. Jetzt stellt euch mal folgende Situation vor. Ihr seid auf einem Event in einer Bar. Um euch herum knapp 100 Leute, die alle zeitgleich ihr Handy nach links und rechts schwenken und dabei “Hoo! Ha!” brüllen, um Aliens anzulocken (???). Die Bewegungen werden immer schneller, das Gestöhne immer lauter, aus irgendeiner Ecke kommt ein verzweifeltes “ICH KANN NICHT MEHR!”. Bis ein Team es endlich schafft und alle erleichtert die Arme senken und sich über die Überraschungs-Cardio-Einheit freuen. Ich habe mich wie in einem WarioWare-Spiel gefühlt. Genau für diesen Moment wurde Everybody 1-2-Switch! gemacht. Horace kann etwas nervig sein? Egal! Menüs sind teilweise zu langatmig? Wen juckts. Verbindung zum Server wurde unterbrochen und das Minispiel muss komplett wiederholt werden? … Moment, was?

Das ist leider tatsächlich passiert und auch noch bei einem besonders langen Minispiel. Hier mussten alle Teilnehmer eine bestimmte Farbe im Raum finden und mit ihrem Handy fotografieren. Während des chaotischen Getümmels (“DIESE BLUME IST GELB LEUTE!!!” *knipsknipsknips*) stand ich ganz gelassen an der Bar. Als Farbenblinder sollte ich jetzt vielleicht nicht unbedingt Finde-die-Farbe spielen, aber auch daran haben die Entwickler gedacht. Bei jedem Spiel wird man gefragt, ob man mitmacht oder aussetzt. Bestraft wird man dafür nicht, es bekommt auch kaum jemand mit. Also kein Grund sich zu schämen, wenn man gerade nicht Squats machen oder Seilspringen möchte. Das Handy sollte trotzdem in der Nähe sein. Die Stromspareinstellungen werfen einen sonst raus, wobei der Wiedereintritt ziemlich gut über die Bühne ging.

BINGO! *stöhn*

Everybody 1-2-Switch! ist ein eigenartiges Biest. Es ist besser als der erste Teil, die Handy-Funktion ist das klare Highlight und doch gibt es ein paar offensichtliche Probleme. Einige der Minispiele brauchen zu lange oder sind schlicht zu simpel. Ein Paradebeispiel hierfür ist Bingo, bei dem jeder Spieler eine eigene Bingo-Karte auf dem Handy sieht. Und dann wird halt… Bingo gespielt. Jede Spannung geht so flöten und muss erst wieder aufgebaut werden. Ähnliches gilt natürlich auch für technische Probleme. 

Aber wenn es punktet, dann punktet Everybody 1-2-Switch! so richtig. Es gibt keinen besseren Eisbrecher als das gemeinsame Stöhnen beim Anlocken von Aliens, oder eine chaotische Runde “Reise nach Jerusalem”, bei der alle Altersklassen gemeinsam um eine Bar tanzen. Oder wenn die Punkte präsentiert werden und die Teams freudig klatschen oder frustriert pfeifen. Als wäre man bei einem regionalen Fußball-Derby.

In diesen Momenten ist das Spiel absolut genial. Nur… wer mietet schon eine komplette Bar, um mit 99 Leuten Everybody 1-2-Switch! zu spielen? Falls ihr das tun solltet, lasst es mich wissen. Ich komme vorbei und stöhne laut die Aliens an!

Everybody 1-2-Switch! erscheint am 30. Juni für Nintendo Switch!

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