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Review: Valiant Hearts: The Great War

Als Ubisoft vor einiger Zeit einen Titel ankündigte, der sich mit dem Thema „Erster Weltkrieg“ beschäftigen sollte – also wirklich ernsthaft damit auseinandersetzen sollte – waren nicht wenige skeptisch ob diesem Unterfangen. Können die Entwickler in einem Spiel, das auch noch mittels abstrakter Comic-Darstellung für den visuellen Background sorgt, die notwendige Tiefe vermitteln, um eine der schrecklichsten Zeiten der Geschichte – zu der viele von uns aber keinen wirklichen Bezug mehr haben – nicht nur mit dem notwendigen Respekt zu behandeln, sondern auch all die Stolpersteine zu umschiffen, die das Kriegsthema mit sich bringt? Da Valiant Hearts: The Great War nun endlich auf den digitalen Märkten aufgeschlagen ist, haben wir uns gleich einmal selbst davon überzeugt, was in dem von realer Kriegskorrespondenz inspirierten Titel so steckt.

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Zerrissene Welten

Dabei beginnt die vierjährige Odyssee so herzzerreißend wie der Rest des Spiels, denn nachdem euch eine kurze Geschichtsstunde darüber aufklärt, wer gegen wen und warum in den Krieg eintritt, der das Leben von vielen für immer verändern sollte, bekommen auch unsere Protagonisten die Auswirkungen bald zu spüren. Da sind z.B. der Farmer Emile, sein deutscher Schwiegersohn Karl und dessen Frau Marie, die bei Kriegsbeginn auseinandergerissen werden, da Karl als Deutscher des Landes verwiesen wird. Beide Männer werden in den nächsten Wochen einberufen, Emile allerdings um die französischen Truppen zu unterstützen, zu denen sich auch der Amerikaner Freddie gesellt, der sein ganz eigenes tragisches Hühnchen mit dem deutschen Befehlshaber an der Front zu rupfen hat. Inmitten all dem Chaos findet sich auch noch die Studentin Anna wieder, die eigentlich in Paris Tiermedizin studieren wollte, nun aber als Krankenschwester an die Front geht, da ihr Vater noch im von den Deutschen okkupierten Belgien festsitzt. All diese Charaktere und ihre Schicksale kreuzen sich an einer oder mehreren Stellen im Spiel und der rote Faden der sie dabei leitet ist der treue Rettungshund Walt, der unseren Protagonisten aus so mancher Patsche hilft.

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Retro-Feeling

Walt kommt vor allem in den vielen Schalterrätseln zum Zug, auf die ihr immer wieder stoßen werdet und leider auch einen Großteil des Gameplays in Valiant Hearts einnehmen. Doch wird auch für Abwechslung gesorgt, denn ab und an dürft ihr Mark of the Ninja-mäßig durch tiefe Gräben und Bunker schleichen, oder einer Marschkapelle dabei helfen, den richtigen Takt zu finden. Apropos Takt: Seid ihr mit Anna unterwegs, müsst ihr nicht nur Soldaten mittels Rhythmuseinlagen bandagieren und zusammenflicken, auch die eine oder andere Autofahrt, die an längst vergangene LCD-Handheld-Tage erinnert und stellenweise perfekt mit einschlägigen französischen Musikklassikern wie dem „Can-Can“ unterlegt sind, sorgen in dem sonst so ernsten Spiel für die notwendige Portion Humor. Leider muss man sich allerdings bald eingestehen, dass keine der angesprochenen Mechaniken besonders anspruchsvoll umgesetzt wurden und mehr als ein Mittel zum Zweck dienen, um die Geschichte voranzutreiben. Wer sich dennoch eine größere Herausforderung wünscht, kann den Veteranen-Modus nutzen, in dem wichtige Gegenstände nicht mehr visuell hervorgehoben werden. Solltet ihr jedoch auch im normalen Modus einmal nicht weiter wissen (manchmal besteht die Schwierigkeit einer Aufgabe darin zu erkennen, was die Entwickler in einer bestimmten Situation eigentlich von einem wollen), werden nach einer gewissen Zeit bis zu drei Hinweise freigeschaltet, die euch das Vorankommen in der Geschichte ermöglichen sollten.

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Voller Gefühle

Und genau das Erleben dieser Geschichte ist es, das alle mechanischen Unzulänglichkeiten in den Hintergrund drängt. Valiant Hearts ist, wenn man es genau betrachtet, mehr ein interaktiver Comic, als ein Spiel und in der visuellen Sparte, gepaart mit einem unglaublich stimmigen Soundtrack, macht der Titel alles richtig. Obwohl der Grafikstil comichaft und abstrakt wirkt, fehlt es Valiant Hearts nie an dem notwendigen Respekt vor dem Thema, was einem besonders während den Schlachten vor Augen geführt wird, wenn rund um euch eure Kameraden von gegnerischen Stellungen niedergemäht werden, ihr verwundete Soldaten aus Leichenbergen ziehen müsst oder ihr durch verlassene Stellungen wandert, die nach dem ersten Giftgaseinsatz mit Toten überseht sind. Die Entwickler haben ein gutes Gespür dafür bewiesen, die in anderen Spielen allgegenwärtige Glorifizierung des Krieges zu vermeiden und dafür die Menschen wunderbar zu porträtieren, die in dieser vom Chaos gezeichneten Zeit ums Überleben gekämpft haben. Alleine deswegen lohnt es sich, den Titel einmal erlebt zu haben. Der einzige Wermutstropfen in diesem sonst so vorbildlich gezimmerten Rahmen ist Freddies Jagd auf den „bösen“ deutschen General von Dorf, die eher wie eine Episode aus Mega Man anmutet und sich ein wenig mit der sehr vorurteilsfreien Darstellung der beiden Kriegsparteien schlägt.

Review Overview

Wertung - 8

8

Stimmungsvolle Graphic Novel zum Mitspielen

Ubisoft wollte mit der UbiArt Framework Engine erreichen, aus Spielen Kunst zu schaffen und das ist mit Valiant Hearts wahrlich gelungen. Obwohl das Gameplay eher auf der seichten Seite des Sees dümpelt, machen Präsentation und Stimmung so viel her, dass man von der tragischen Geschichte der Protagonisten einfach gefesselt wird und die sechs bis sieben Stunden Spieldauer wie im Fluge vergehen. Selten hat sich ein Spiel so frei von Vorurteilen, Glorifizierung und Stereotypen gezeigt wie Valiant Hearts und alleine dafür sollte man es eines Kaufes würdigen. Dazu kommen noch historische Fakten, die ihr - passend zu jedem Spielabschnitt - optional einsehen könnt und euch mit restaurierten Originalaufnahmen aus den Jahren 1914-1918 einen Eindruck der tatsächlichen Zustände dieser Zeit bieten. Geschichte wurde noch nie so spannend und interaktiv vermittelt!

Genre: Adventure
Entwickler: Ubisoft Montpellier
Erscheint: erhältlich
Preis: 14,99
System: PC/PS3/PS4/Xbox 360/Xbox One

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