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Review: Shadow of the Tomb Raider

Langeweile auf der Zielgeraden

Mit Shadow of the Tomb Raider findet die Reboot-Trilogie ihr Ende. Leider ist es nicht das Finale geworden, das Lara Croft verdient hat.

Lara wird zum Tomb Raider… jetzt aber wirklich

Shadow of the Tomb Raider hat ein erzählerisches Problem. Der dritte und letzte Teil der sogenannten Reboot-Trilogie, die 2013 mit Tomb Raider begann und 2015 mit Rise of the Tomb Raider fortgesetzt wurde, soll nun endlich den Werdegang Lara Crofts von der jungen und naiven Archäologin zum legendären Tomb Raider abschließen.

Dieses Erzählkontrukt würde in einer Roman-Trilogie funktionieren, fällt bei einem Videospiel aber schnell in sich zusammen. Zögerte Lara Croft, am Anfang des ersten Teils noch Tiere umzubringen, mähte sie wenige Stunden später Gegnerscharen mit ihrem Waffenarsenal um. Das gleiche Problem findet sich im Finale wieder. Es ist einfach schwer zu glauben, dass Lara Croft erst jetzt zum Tomb Raider wird. Nachdem sie schon Hunderte Gegner ermordet, Dutzende geheime Gräber erforscht und die Pläne der großen bösen Militärorganisation Trinity schon in den Vorgängern durchkreuzt hat.

Jeder Actionheld teilt das dieses Problem. Während es aber den Uncharted-Entwicklern mit dem vierten Teil gelingt, die menschlichen Elemente Nathan Drakes authentisch zu zeigen und so eine Verbindung zwischen Spieler und Helden aufzubauen, bleibt dieses Ziel in Shadow größtenteils unerreicht. Die Entwickler versuchen es, schaffen es aber nicht.

Shadow of the Tomb Raider

Shadow of the Tomb Raider möchte eine fehlerhafte, verletzliche und nachdenkliche Heldin zeigen. In einem kurzen Moment der Unachtsamkeit nimmt Lara ein uraltes Artefakt an sich und setzt so den Weltuntergang in Gang. Die Szene des Ungeschicks dauert ungefähr zwei Minuten. Das Finale der Trilogie, das zentrale Ereignis im Werdegang des Tomb Raiders, ist ein Fehler Laras, der wie aus heiterem Himmel erscheint. Das ist einfach zu dünn, auch wenn die Handlung einige interessante Momente bietet und auch Jonah, Laras Partner, noch nie sympathischer war.

Shadow of the Tomb Raider

Sammeln für die Apokalypse

Natürlich muss Lara nun die von ihr ausgelöste Apokalypse wieder stoppen und natürlich besucht sie dafür wieder exotische Orte (diesmal geht es in den Dschungel Perus), kämpft gegen Tiere, Trinity-Soldaten, übernatürliche Wesen und erforscht uralte Gräber.

Lara macht aber vor allem eines: sammeln. Zweige, Öl, Materialien, Geld, und, und, und. Mit über 20 sammelbaren Ressourcen, mit denen sich Kleidung und Waffen wie Pfeile und Molotowcocktails craften lassen, vergehen keine zwei Minuten, in denen Lara nicht etwas sammeln kann. Hilfreich dabei ist ihre Batman-Sicht, mit der auf Knopfdruck interessante und sammelbare Objekte in ihrer näheren Umgebung markiert werden. Das ist zwar sehr praktisch, es unterbricht aber den Spielfluss erheblich. Das Sammeln an sich macht wenig Spaß und fühlt sich stattdessen nach Arbeit an. Und davon gibt es zu viel.

Shadow of the Tomb Raider

Atemberaubende Kulissen

Der Dschungel als Setting ist vorhersehbar, aber er bietet teils atemberaubende Kulissen. Es ist unglaublich, was die Entwickler aus der Hardware (ich habe das Spiel auf einer normalen PS4 getestet) rauskitzeln. Lara kann den Dschungel auch zu ihrem Vorteil nutzen, sich mit Schlamm beschmieren und so unentdeckt zwischen den Gegner schleichen. Hier kann Shadow punkten. Vom Baum springen, lautlos einen Gegner umlegen und atemberaubend schöne Landschaften und mysteriöse Gräber in diesem großen Gebiet erforschen, das ist Tomb Raider at its best.

Gute und weniger gute Neuerungen

Viel Neues hat Shadow nicht zu bieten. Wer Rise gespielt hat, wird sich hier sofort auskennen und wohlfühlen. Trotzdem gibt es ein paar Veränderungen. Gelungen sind die weniger gewordenen Kämpfe. Im Vergleich zu den anderen Teilen rätselt Lara sich mehr durch das Abenteuer, statt ständig Unmengen an Gegnern umzulegen. Das ist gut, da die Schieß-Steuerung leider immer noch schwammig und unpräzise ist, was auch schon bei den beiden Vorgängern der Fall war. Auch hier sind Pfeil und Bogen die beste Waffe in Laras Repertoire. Für jede Aktion erhält Lara Erfahrungspunkte, mit denen sich ziemlich langweilige Fähigkeiten in einem viel zu üppigen Fähigkeitenbaum freischalten lassen.

Shadow of the Tomb Raider

Auch sehr gut gelungen ist der Schwierigkeitsgrad. Dieser lässt sich für jedes der drei Schlüsselelemente – Kampf, Rätsel und Plattforming – individuell einstellen. Leider kann es zu Fruststellen führen, wenn Lara plötzlich von einer Horde Gegner überrannt wird oder die Steuerung in einer Kletterpassage zu fummelig ist.

Die größte Neuerung sind aber die Unterwassersektionen. Zum ersten Mal kann Lara auch tauchen und Unterwassergebiete erkunden. Leider ist das aber nicht aufregend oder spaßig und bietet viel Potential für Frust. Auf ihren Tauchzügen muss Lara nach Luftblasen Ausschau halten und sich sogar vor Aalen und Piranhas verstecken. Ja, Lara Croft taucht unter Wasser und versteckt sich im Unterwassergras vor vorbeischwimmenden Aalen. Das verliert schnell seinen Reiz, bereichert die Serie nicht und lässt sich auch nicht optimal steuern.

Shadow of the Tomb Raider

Fazit

Wertung - 7

7

Solide Langeweile

Shadow of the Tomb Raider hat eine große Stärke: Es ist Tomb Raider. Die Reboot-Trilogie hat 2013 mit dem ersten Teil ein neues Konzept für die Grande Dame der Videospielgeschichte vorgelegt und durchaus überzeugt. Mit Rise entwickelte sich Tomb Raider in eine neue Richtung und konnte selbstbewusst neben der Uncharted-Serie stehen. Lara fand ihre eigene Nische und besetzte sie blendend. Auch Shadow bietet wieder diesen Mix aus atemberaubenden Kulissen, interessanten Gräbern und spaßigen Rätseln. Mit Shadow wird aber deutlich, dass die Serie keine neuen Ideen mehr hat und eine Pause braucht. Lara als Charakter ist auch nach drei ganzen Spielen immer noch ziemlich langweilig. Shadow ist grundsolide, aber nicht aufregend. Es ist überladen mit Sammelobjekten, mit Fähigkeiten zum Freischalten und Features wie Unterwasserschleichen, nach denen niemand gefragt haben dürfte. Nach dem interessanten Reboot 2013 und dem ebenfalls interessanten Nachfolger ist die Luft raus. Lara braucht wieder einen Reset. Mit God of War, Spider-Man und Red Dead Redemption 2 wird 2018 lange in Erinnerung bleiben. Shadow of the Tomb Raider jedoch dürfte schon schnell wieder in Vergessenheit geraten. Nicht weil es schlecht ist, sondern weil es langweilig ist.

Genre: Action-Adventure
Entwickler: Crystal Dynamics, Eidos Montréal
System: PS4, Xbox One, PC
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 70 Euro

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