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Review: Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise

Der Nachfolger des abgedrehten Weltrekord-Halters

Beim ersten Blick auf den Nachfolger von Hidetaka Suehiros Deadly Premonition (Tödliche Vorahnung) werden sich viele denken: “Warum sollte ich mich für ein neues Spiel interessieren, das schon beim Release aussieht wie ein zehn Jahre altes HD-Remaster eines 20 Jahre alten Bootlegs ” und hätten damit nicht ganz unrecht. Warum sein Vorgänger dennoch der Guiness Weltrekord als das am stärksten widersprüchlich ge-reviewte Survival-Horror-Spiel der Welt hält und auch sein Nachfolger diesem Titel alle Ehre machen, lest ihr hier.

„We just can’t seem to keep ourselves away from dead girls.“

So wie auch im Vorgänger dreht sich auch die Handlung von Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise um den verschrobenen FBI-Special-Agent Francis York Morgan. Diesen werden seine Fans aber vorerst kaum wiedererkennen, denn er wird er als drogensüchtiger Irrer im Jahr 2019 als Verdächtiger in einem Mordfall an derjungen Agentin Aaliyah Davis verhört. Der Großteil der Handlung spielt nun in Yorks Erzählung eines kontroversen Falls aus dem Jahr 2005 in dem fiktionalen Südstaaten-Dorf Le Carré.

„Just call me York. That’s what everyone calls me.“

Ähnliche wie in der ersten Season der beliebten Crime-Thriller-Serie True Detective beschwört dieser non-lineare Handlungsaufbau, der gerne auch zwischen den Protagonisten wechselt, ein Setup für einige interessante Story-Gimmicks. Ähnlich verhält es sich mit York selbst, der 2005 zwar noch ein gestandener Mann und clean, aber bereits damals überaus eigen war. So unterhält er sich stetig mit einem nicht anwesenden “Zach” und teilt diesem oft in Anwesenheit anderer seine derzeitigen Gedanken zu dem Fall mit, was für eine regelmäßige Dosis Humor, aber zeitgleich auch einen interessanten Einblick in Yorks Gedankenwelt sorgt.

„Did you hear that Zach?“

Yorks Selbstgespräche, aber auch die mit den anderen durchwegs verschrobenen aber immer interessant geschriebenen Charakteren, stellen daher ohne Frage das Herzstück des Titels dar. Denn York selbst ist nicht nur ein genialer Analytiker und eine wandelnde Enzyklopädie, sondern auch ein absoluter Film-Nerd mit Hang zum Übernatürlichen. Dadurch wird einem stetig das Gefühl vermittelt etwas Neues zu lernen während die wachsende Neugierde ihn, sein damaliges Umfeld sowie den Grund für seinen Verfall besser kennenzulernen, gerne über die Schwachstellen des Titels hinwegsehen lässt.

„I was awestruck by the sheer reality of it all.“

Besagte Schwachstellen sind aber zuhauf vorhanden. Der bereits Eingangs erwähnte optische Terrorangriff setzt sich zusammen aus veraltet wirkenden 3D-Modellen, hölzernen Animationen, asychronen Lippenbewegungen, Clipping-Fehlern und halb geladenen Matsch-Texturen soweit das Auge reicht. Tatsächlich ist Deadly Premonition 2 visuell derartig unterwältigend, dass die Erwartungshaltung in diesem Bezug von der ersten Sekunde an auf einen Nullpunkt sinkt und weitere Enttäuschungen dadurch im Grunde irrelevant erscheinen.

„Perhaps this Town is finally starting to warm up on us“

Irgendwann setzt bei dann eine Art Stockholm-Syndrom ein, das einen die wenigen optisch etwas besser gelungenen Szenen (hauptsächlich in geschlossenen Räumen) irgendwie beeindruckt aufnehmen lässt, bis einem dann wieder einfällt, dass das Jahr 2001 lange vorbei ist. Zumindest können aber die sich in Konversationen stetig kreativ verändernden Kameraaufnahmen positiv erwähnt werden, die diese Hauptsäule des Titel dann doch zumindest würdig untermauern.

„Alligator, 1980 directed by Lewis Teague“

Ähnlich verhält es sich mit dem Gameplay. Deadly Premonition 2 ist aus irgendeinem Grund ein Open World-Spiel mit unglaublich vielen, vollkommen sinnlos erscheinenden Collectibles geworden, die anschließend in Upgrades in Form von Voodoo-Accessoires verwandelt werden dürfen. Da ihr euch nur mit dem Skateboard fortbewegen dürft, wirkt Le Carré (wie zugegebenermaßen die meisten Südstaaten-Kleinstädte) aufgefächert und leer. Es gibt zwar überall irgendetwas zu finden und teils greifen einen Wildtiere wie Eichhörnchen, Schäferhunde und Alligatoren an, die anschließend, ähnlich wie schwebende Ufo-Ballons mit einer Pistole mit Gummi-Kugeln abgeschossen werden dürfen, aber wirklich lebendig wirkt hier nichts.

„Fell ten maidens in the Shrine of hunger“

Zusätzlich können weitere Materialien sowie Regenerations-Items in diversen Minispielen wie Bowling oder Steine-Springen-lassen erspielt werden. Dies sorgt zwar teils für Kurzweile, wirklich sinnvoll fühlt sich aber nichts davon an, denn auch der Schwierigkeitsgrad bewegt sich stetig auf einem mehr als nur seichten Niveau.

Sogar auf Nahrungszunahme, Rasur und frische Wäsche muss geachtet werden. Zum Glück lässt sich das meiste aber schnell erledigen oder schlichtweg ignorieren und nach einem kleinen Schläfchen bis zur richtigen Tageszeit geht es schnurstracks auf zur nächsten Story-Quest. Die dann immer wieder anfallenden Strecken versüßt einem York mit seinen verschrobenen Selbstgesprächen und wer sonst stetig durch die Story schreitet, wird hier auch nicht allzu oft Wiederholung hören.

„It’s time we saw this Otherworld for ourselfs“

Kleinere Rätsel, Ermittlungen sowie Yorks Ausflüge in die verstörend gruselige Otherworld stellen dann die Gameplay-Highlights des Titels dar. Sie wissen dank stetiger Abwechslung, dem einen oder anderen größeren Bosskampf und viel Mut zur Gestörtheit ohne je übermäßig gewalttätig oder blutig zu werden, durchaus zu überzeugen, auch wenn sie immer noch Meilen hinter allen modernen Genre-Konventionen liegen.

„The world is filled with truth bombs“

Worüber aber kein Stockholm-Syndrom der Welt hinwegsehen lässt, sind die katastrophalen Ladezeiten, stetig auftretende Lags, die das Zielen und Bewegen endgültig zur Graus machen, sowie Bugs, die teils ein Neuladen der zumindest regelmäßig automatisch ausgeführten Savegames fordern. Bei aller Liebe zur Verschrobenheit, sind das Mängel, die bei einem Vollpreis-Titel wahrlich schwer zu verzeihen sind.

Fazit

Wertung: - 7.5

7.5

Leider kein Hörspiel

Ich weiß nicht ob Deadly Premonition 2 als Hörspiel funktionieren würde, aber ich wünschte es wäre eines. FBI-Agent Yorks stetig mit Spieler und Umwelt geteilte Gedankenwelt ist faszinierend, die Story sowohl psychedelisch als auch von einem kriminologischen Standpunkt mitreißend, die verschrobenen Charakter liebenswert und interessant geschrieben und alles wird von einem soliden bis fantastischen Voice-Acting zum Leben erweckt. Vor allem Fans von Dirk Gently's Holistic Detective Agency dürften hier ihre helle Freude haben, aber auch den Vergleich mit Hannibal oder True Detective braucht Deadly Premonition 2 nicht scheuen. Leider ist diese Story aber in ein, im besten Fall generisches, im schlechtesten fürchterliches Spiel gepackt, das aufgrund der grauenvollen technischen Umsetzung nicht einmal mehr als Retro durchgehen kann. Da auch noch ein Vollpreis-Titel, sollte das eigentlich ein Todesurteil sein, mein Stockholm-Syndrom lässt aber nicht zu, dass ich Deadly Premonition 2 eine schlechtere Bewertung gebe ... weil ich es einfach liebe ... Aber zumindest auf einen Sale sollten potentielle Interessenten wohl schon warten

Genre: Open-World-Psycho-Thriller
Entwickler: Access Games
System: Nintendo Switch
Erscheint: 10.Juli 2020
Preis: ca.  50 Euro

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