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Review: Chantal im Märchenland

Tschechische Märchen 3.0

Chantal, heul leise! Dieser Satz aus dem Elias M’Barek-Blockbuster „Fack Ju Göhte“ ist mittlerweile eine geflügelte Phrase. Aber wer lässt sich schon gern den Mund verbieten? Mehr als ein Jahrzehnt und zwei Fortsetzungen später meldet sich das Mädel mit dem interessanten Intellekt lautstark in ihrem eigenen Fantasy-Spin-Off zurück. 

Fack Ju Grihmm!

Jahre nach ihrem Schulabschluss in der Klasse von Lehrer Zeki Müller (Elias M’Barek) ist Chänti (Jella Haase) weitgehend von Erfolg verschont geblieben. Sie wohnt unverändert zuhause und versucht, als Mikro-Influencerin durchzustarten, wenn sie nicht gerade mit ihrer besten Freundin Zeynep (Gizem Emre) im Jugendzentrum abhängt, obwohl sie eigentlich viel zu alt dafür ist. Aber gut fürs Kinopublikum, denn genau dort wird sie in einen magischen Spiegel gesaugt und landet zusammen mit ihrer BFF im Märchenland, wo sie als Neo-Prinzessin mit unkorrekten Sprüchen und ihrer „einzigartigen“ Art schnell alles auf den Kopf stellt. Bekannte Märchenfiguren wie Aladin (Mido Kotaini), den tapferen Prinzen (Max von der Groeben) oder die Hexe (Nora Tschirner) erwartet dabei ein humoriges Chaos, bei dem die Chantal-Gags ohne Pause abgefeuert werden und durch ihre hohe Frequenz gut übertünchen, dass nicht jeder davon auch zündet. Dabei kommen auch jede Menge Schimpfwörter wie „Fotze“ oder „Fuck-Face“ nicht zu kurz, die im Kontext des Märchen-Settings völlig bedeutungsfern Verwendung finden und für skurrile Situationskomik sorgen. 

Die Story des Films aus der Feder von Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin (Fack Ju Göhte 1-3, Türkisch für Anfänger) ist ähnlich wenig ausgeklügelt wie das klassische Märchen à la Gebrüder Grimm. Vieles bei „Chantal im Märchenland“ ist vorhersehbar und passiert erkennbar nur für die Pointen. Fad wird dem Publikum in den gut zwei Stunden Film jedoch nicht. Dafür sorgt Chantal: Ihr Charakter haut einen zweifelhaften Spruch nach dem anderen raus, vermittelt aber dennoch Werte wie Akzeptanz, Gleichberechtigung oder Nächstenliebe – und macht dabei in weiten Zügen viel Spaß. Und auch der Rest vom Cast gefällt: Frederick Lau mimt den loserhaften Macho-Ritter Atolf ebenso schön wie Maria Happel die unorthodoxe Fee Funkelchen – die im rosa Kleidchen durchs Bild tänzelt.

Visuell macht Chantal im Märchenland viel richtig: Weiche, helle Farben, tolle Sets sowie Kulissen und Kostüme mit viel Liebe zum Detail. Es erinnert alles ein wenig an den Zauber der – im Film sogar erwähnten – Tschechischen Märchenfilme, wie man sie aus dem Fernsehprogramm zur Weihnachtszeit kennt. Einzig bei manchen digitalen Sets oder digital erstellten Figuren hätte man ruhig den einen oder anderen Cent mehr investieren können. Schlecht sehen die Special Effects zwar nicht aus – und sie erfüllen auch ihren Zweck, aber der Rest des Streifens wirkt so schön feinpoliert, dass es dann schon schade ist, wenn z.B. ein Drache im auf Chantal-Niveau furiosen Showdown relativ detailarm auf der Leinwand erscheint.

(Hanns Peter Glock)

Fazit

Wertung

Obwohl ich alle Teile der „Fack Ju Göhte“-Reihe gesehen hatte, war ich skeptisch, was mich bei diesem Film erwarten würde: märchenhafte Unterhaltung oder doch eine Horror-Story? Aber ich wurde positiv überrascht. Hatte sich „Fack Ju Göhte“ bei seinen Sequels schon dezent totgelaufen, bringt das neue Märchensetting mit Chantals ungefilterten Seitenhieben auf gefühlt alles zauberhafte Frische in die Serie. Jella Haase macht die knapp zwei Stunden fast durchgehend zur kurzweiligen Chantal-Show, die man gerne besuchen kann. Hardcore-Elias-M’Barek-Fans müssen indes stark sein: Lehrer Zeki hat großteils Pause und gibt dem Film nur etwa fünf Minuten lang die Ehre.

Kurzinformationen
Land, Jahr: Deutschland, 2024
Filmlänge: 123 Minuten
Genre: Komödie
Regie: Bora Dagtekin

 

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