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Comic-Review: Gute Nacht Pun Pun Band 1

Im deutschsprachigen Raum haben Seinen einen sehr schweren Stand. Ein Paradebeispiel dafür wäre wohl 20th Century Boys bei Panini, dieser Manga wurde eingestellt, als Print of Demand weitergeführt und dann langsam aber sicher über die Ziellinie gebracht wurde. Ein anderes Beispiel ist Homunculus von EMA. Hier gab es eine Preiserhöhung und mittlerweile auch eine mehr als unregelmäßige Veröffentlichung.
Nun hat sich Tokyopop an einen interessanten Seinen herangewagt. Guten Nacht, PunPun ist ein Coming of Age Drama um den vorpubertären Jungen PunPun, der einen alkoholkranken und brutalen Vater und eine unglaublich devote Mutter hat. Diese sind zumindest in der ersten Ausgabe nur Randfiguren, da die Mutter im ersten Kapitel Opfer von Einbrechern wird und der Vater daher für eine längere Zeit von einer Firma (er ist arbeitlos) ins Ausland geschickt wird…. so stellt sich die Situation zumindest für PunPun dar. Natürlich ist es ein bisschen anders abgelaufen, denn in Wirklichkeit hat der Vater hat die Mutter krankenhausreif geschlagen und sitzt deshalb im Gefängnis. PunPuns Onkel wird daher für die restliche Zeit des ersten Bands als Vormund eingesetzt.

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Neben dieser Episode gibt es auch noch: Die Suche nach Pornos, die erste Liebe, Sektenmitglieder, das Bekenntnis eines Mörders und die erste Ejakulation. Sprich: Das Leben eines knapp 10-jährigen.

Und hier beginnt einer der interessantesten Erzählkniffe zu greifen. Anders als viele Coming of Age oder Slice of Life Geschichten erlebt der Leser die Geschichte streng aus PunPuns Sichtweise. Viele Verhaltensweisen der Erwachsenen kann er logischerweise nicht verstehen, weshalb sie im ersten Moment etwas auf ihn bizarr wirken. Diese Momente sind dann auch für den Leser verstörend, vor allem weil sie vollkommen unerwartet kommen und wieder gehen. Zudem versteht der Junge noch nicht, was mit seinem Körper vor sich geht, so wird die erste Ejakulation plötzlich zum Verlust von Gehirnmasse.
Bizarr ist im Übrigen auch die Darstellung des Jungens und seiner Familie. Denn diese besteht aus stilisierten Vögeln, entweder mit bestimmten Frisuren oder mit Wollmützen. Dies wirkt besonders am Anfang befremdlich, da die übrigen Charaktere und die Welt  sehr realistisch dargestellt werden. Im Laufe des Bandes gewöhnt man sich aber sehr schnell an diese Darstellung. Dies liegt daran, dass sich dieser Vogel so gut in die Welt einfügt, dass er nicht mehr wie ein Fremdkörper wirkt und weil diverse surreale Szenen die realistische Welt relativieren.

Die Autorin Inio Asano (der Autor hat sich Anfang dieses Jahres als transsexuell geoutet) schafft eine wunderbar schwermütige Geschichte, die sich in ihren besten Momenten an 20th Century Boys, Stand By Me oder 1Q84 anlehnt . Besonders letzteres wird dann offensichtlich, wenn der Schwarm von PunPun mit seiner Mutter von Tür zu Tür geht, um religiöses Wasser zu verkaufen, was doch frappierend an Passagen von 1Q84 erinnert.
In Japan erscheint übrigens im Winter bereits der 13. Band. Ob die Serie dann beendet sein soll oder nicht, ist noch nicht klar. Was hingegen sicher ist, ist das nächste Projekt von Inio Asano. Das soll sich um Transgender drehen.

RTEmagicC_PunPun_Cover.jpgEin Manga mit Ecken und Kanten. Ein Manga mit starken Figuren, mit starken Charakterzeichnungen und einer interessanten Erzählperspektive. Das alles erinnert an die oben genannten Serien Homunculus und 20th Century Boys. Dennoch bleibt  zu hoffen, dass sich Gute Nacht, PunPun nicht in die Traditon von Homunculus oder 20th Century Boys einreiht. Die Serie sollte möglichst vollständig und möglichst regelmäßig erscheinen, vom Niveau her spielt sie ganz oben mit. (Lorenz Müller)

INFO
PREIS: ca. 7 Euro
VERLAG: Tokyopop

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