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Chrissi’s Midweek Madness: Picknick mit Bären

Als ich mich dieses Jahr im Mai mal wieder in den USA herumtrieb, besuchte ich den Yellowstone Nationalpark. Dort fielen mir mehrere “Beware the Bear” (Vorsicht vor Bären) Schilder auf. Die Parkranger informieren alle Besucher, dass man mindestens einen Sicherheitsabstand von 91 Metern bei einer Begegnung mit Bären einhalten muss. Diese ungerade Zahl kommt von der Umrechnung der Maßeinheiten, denn die Amerikaner betiteln den Abstand mit 100 Yards – man muss also immer einen Zollstock parat haben, wenn man auf einen Bären trifft, um diesem nicht zu nahe zu treten und sich selbst in Gefahr zu bringen.

An diesem Tag sah ich wilde Rehe, Elche und Bisons. Diesen darf man sich laut Ranger bis auf 23 Meter (25 Yards) nähern. Für ein Foto reicht aber auch ein größerer Abstand, wofür die Tiere sehr dankbar sind, wenn sie tagtäglich von neugierigen Leuten in Autokolonnen angestarrt werden. Aber einen Bären in freier Wildbahn wollte ich dann schon ganz gerne – mit Sicherheitsabstand natürlich – sehen. Wie der Zufall so wollte, entdeckte ich am frühen Nachmittag tatsächlich einen Grizzlybär!

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Er sonnte sich abseits der Wanderwege unter einem Baum. Mit dem Teleobjektiv schoss ich ein Foto und beobachtete ihn noch eine Weile beim Dösen. Die asiatischen Kameraträger um mich herum verhielten sich da auch sehr naturgetreu, nur leider nicht naturlieb. Sie stellten sich jeweils vor den anderen Touristen, der ihre Sicht auf das begehrte Fotomotiv versperrte und unterschritten recht schnell die 91 Meter-Grenze – ja, ich habe es selbst nachgemessen, bevor ein Parkranger die asiatische Schafherde zum Parkplatz zurücktrieb.

Wer ebenfalls eine Begegnung mit Bären in freier Natur suchte, ist der Reiseschriftsteller Bill Bryson.

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2002 brachte mich ein guter Freund auf diesen Autor und lieh mir als erstes das Buch Picknick mit Bären. Der unterhaltsame Roman berichtet von Brysons tollkühner Wanderung auf dem Appalachian Trail.

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Diesen Weg, der über 3500 Kilometer durch 14 Bundesstaaten im Osten der USA führt, erkundete Bill Bryson in den 1990er-Jahren zusammen mit seinem früheren Schulfreund Stephen Katz. Ihre Reise wird sehr humorvoll und selbstironisch beschrieben und so bietet das Buch auch für Nichtwanderer einen hohen Unterhaltungswert. Bryson unterhält seinen Leser nicht nur, sondern bildet ihn auch. In Picknick mit Bären berichtet er von Begegnungen mit Tieren (findet allerdings im Gegensatz zu mir leider, oder zum Glück, keine Bären), hat mit Naturgewalten, Krankheiten und Verbrechern zu kämpfen und weist auf das Baumsterben in den Appalachen hin.

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Mir gefiel das Buch so gut, dass ich seine weiteren Werke verschlang und Picknick mit Bären dem Hollywoodstar Robert Redford weiterempfahl. Na gut, nicht ganz, aber Redford muss zur selben Zeit auf das amüsante Buch gestoßen sein, denn 2005 sicherte er sich die Filmrechte daran. Geplant war, dass er Bill Bryson spielt und sein Freund Paul Newman sollte seinen übergewichtigen Wanderkumpanen Stephen Katz verkörpern. Da sich der Dreh verzögerte und Newman 2008 verstarb, verwirklichte Robert Redford sein Projekt erst jetzt. Der Film läuft aktuell im Kino.

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Ein guter Anlass, um mit meinem Freund, der mich auf Bill Bryson gebracht hat, ins Kino zu gehen.

Es ist ein Film, der bei jung und alt für kurzweilige Unterhaltung sorgt. Aus dem Buch bekannte, witzig erzählte Stellen, wie beispielsweise der nervenaufreibende Kauf einer Wanderausrüstung, werden humorvoll auf die Leinwand gebracht. Redford ist jetzt 79 Jahre alt. Im Buch ist Bryson aber Mitte 40. Und Nick Nolte, der den trockenen Alkoholiker Stephen Katz mimt und Bryson immer wieder zur Weißglut bringt, ist 74. Deshalb wurde das Buddy-Movie an Senioren angepasst und vermittelt die Botschaft, dass das Leben endlich ist und man es nutzen sollte, bevor man selbst zum Gastgeber seiner Beerdigung wird.

Nicht einmal in der Natur bleiben die beiden Rentner vor nervtötenden Leuten wie Mary Ellen, gespielt von Kristen Schaal (Gravity Falls, The Last Man On Earth), verschont – was dem Film zugute kommt. In der Romanvorlage gibt es eine Begegnung mit aufdringlichen Elchen. Der Film holt sich hier zwei große Bären, die nachts das Lager der beiden Wanderer plündern, aus spannungstechnischen Gründen ans Set. Immer wieder streut Redford Umweltthemen, die Bryson in seinem Buch erläutert, an passender Stelle in das muntere Filmwerk. Wo der Streifen endet, geht es im Roman noch eine ganze Weile weiter und Bill Bryson kann mit Stolz behaupten, die 3500 Kilometer persönlich abgelaufen zu sein. Respekt.

Trotz vorhersehbarem Handlungsstrang und Buddy-Komödien-Klischees bleibt der Streifen durchgehend unterhaltsam. Die ausführlichere, geschriebene Erzählung lege ich jedem ans Herz.

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, dem wünsche ich für sein Picknick mit Buch und Film einen guten Appetit und gute Unterhaltung.

Wenn euch diese #MidweekMadness gefallen hat und ihr mich persönlich unterstützen wollt, dann schaut doch mal auf patreon.com/streeture vorbei. Ein Milestone, den ich mit euch erreichen will, ist zum Beispiel die Veröffentlichung meines USA-Reiseberichts.

Chrissi

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