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Spiele, die ich vermisse #69: Super Mario Bros. 3

In mancherlei Hinsicht erlaubt mir dieser Blog, auf ein Tagebuch zu verzichten. Wie oft war ich seit dem Beginn dieser Aufzeichnungen krank? Genau: Zweimal, weil ich mich zweimal Spielen mit „krank“ gewidmet habe. Aber was mache ich diese Woche, in der eine Erkältung gnadenlos zugegriffen und mich zeitweise ans Bett gefesselt hat? Keine Angst, ich packe nicht noch eine Krankenhaussimulation aus (ich wüsste jetzt auch mal gar keine), sondern nutze einen reichlich kreativen Winkelzug (mehr dazu später) um bei dem (für mich) ultimativen Teil der Super Mario-Reihe zu landen: Super Mario Bros. 3.

Dieser letzte Teil der Mario-Saga für den NES erschien hierzulande erst 1991 (in Japan war es schon etwas weniger als drei Jahre früher erhältlich – denkt drüber nach, wenn ihr euch das nächste Mal über die lange Wartezeit zwischen den Regionen beschwert), war aber das Warten mehr als nur wert. War Super Mario Bros. eine Revolution im Jump’n’Run-Genre, stellte Super Mario Bros. 3 eine gewaltige Evolution dar – und viele Konventionen, die damals eingeführt wurden, finden sich bis heute in den Mario-Titeln (was natürlich vor allem für die 2D-Teile gilt – die 3D-Teile waren hier meist weitaus experimentierfreudiger). Böse Zungen könnten natürlich herauslesen, dass das auch bedeutet, dass die Marios nach SMB3 begannen, sich nur noch in Details zu verändern (auch wenn insbesondere Super Mario World noch etliche Zutaten hinzufügen sollte, die heute als Standards gelten) und im Grunde genommen auf ihrer bewährten Formel zu beharren. Das stimmt auch, allerdings wurde dennoch an jedem Folgespiel herumgeschraubt, neue Ideen eingebracht und die weiten Abstände zwischen den Titeln (die sich erst in den letzten Jahren verkürzen sollten) taten ihr Übriges, um Mario trotz (oder gerade wegen?) nur kleinerer Veränderungen immer wieder zum willkommenen Gast in unseren Wohnzimmern werden zu lassen.

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Gut, doch genug Blick in die Zukunft der Mario-Serie (aus der Sicht von SMB3) – werfen wir einen Blick in die Vergangenheit. Im Gegensatz zum hiesigen Super Mario Bros 2 (über das ich schon einmal geschrieben habe) ist SMB 3 ein ganz klares Sequel zum ersten Teil der Hüpf-Saga. Gemüse-Ausreißen, Gegner werfen – all das war gestern, hier wird wieder Gegnern auf die Mütze gehüpft, mit Feuerbällen geworfen und so manche knifflige Passage gemeistert, bevor uns die Feinde (und die stets tickende Uhr) den Garaus machen. Neben den Pilzen waren auch die Feuerblumen wieder zurück, genauso wie Unterwasserwelten und die grünen Röhren, die uns bisweilen in verborgene Abschnitte entführten. So weit, so vertraut, so weit, so sicher. Dennoch wagte es SMB3, diese eigentlich simple Formel (im Sinne von „leicht zu begreifen, aber schwer zu meistern“) gewaltig aufzupeppen und etliche neue Features einzuführen.

Die offensichtlichste sieht man gleich zu Spielbeginn: Anstatt Levels linear aneinander zu reihen, starteten wir nun nicht in einem Level, sondern auf einer Übersichtskarte, die uns die aktuelle Spielwelt von oben zeigte. Zwar waren die Pfade teilweise auch hier linear, aber ab und an gab es Abzweigungen, Levels, die nur gespielt werden mussten, wenn man an einen Bonus gelangen wollte oder schlicht und ergreifend die Wahl zwischen A oder B. Das machte die einzelnen Welten auch gleich viel umfangreicher – kamen die acht Welten von Mario 1 mit jeweils vier Levels aus, hatte schon die erste (und kleinste) Karte acht davon, von denen man auf dem Weg zum Schloss (dem Ziel fast jeder Karte) maximal zwei auslassen konnte.

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Hatte man sich erst einmal für ein Level entschieden, wechselte man in eine deutlich vertrautere Umgebung, die jedem, der Super Mario Bros. kannte, sofort vertraut vorkommen musste. Doch neben den altbekannten (und schon weiter oben erwähnten) Ideen kamen neue dazu. Zum Beispiel war der nächste Schritt vom „großen“ Mario nicht zwangsläufig der Feuerball-schießende Mario. Sammelte der rote Klempner ein Blatt ein, wurde er zu „Waschbär-Mario“, der einige Vorteile hat: Dank seinem langen Schwanz kann er durch mehrfaches Drücken von A der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen und ein wenig langsamer dem Boden entgegen fallen – eine wichtige Hilfe in schwierigen Sprung-Abschnitten. Den Schwanz kann er außerdem nutzen, um Gegner per Schwanzschlag zu besiegen (was im Gegensatz zu den Feuerbällen bedeutet, dass man diese nahe an sich herankommen lassen muss) und – genügend Anlauf vorausgesetzt – kann der gute Klempner in dieser Form sogar fliegen. Das führt auch zur nächsten Neuerung im Spiel, die zwar Spielern von SMB 2 nicht neu war, aber in einem Titel der „klassischen“ Mario-Formel durchaus: Die Levels konnten nun auch in der Höhe scrollen und es war diesmal auch möglich (abgesehen von den automatisch  scrollenden Abschnitten) im Level zurück zu laufen.

Die anderen Verwandlungen waren weitaus seltener zu finden: Der Waschbär- (AKA Tanooki-)Anzug brachte dieselben Vorteile wie die Waschbär-Form, erlaubte es Mario allerdings auch, sich kurzfristig in eine unverwundbare Steinstatue zu verwandeln. Ein Froschanzug war vielleicht an Land nicht die erste Wahl, aber im Wasser konnte man den Klempner so deutlich besser (und schneller) steuern als ohne. Noch seltener waren der Goomba-Schuh und der Hammer-Bruder-Anzug. Diese Gegenstände konnte man allerdings (bis auf einzelne Ausnahmen) nicht nur in den Levels selbst finden, wo sie Mario sofort anlegte, sondern auch in Minispielen (darunter Memory und ein Spiel, bei dem man drei Ebenen stoppen musste, dass ein Symbol herauskommt) gewinnen oder in Toad-Häusern (wo man sich zwischen drei Kisten entscheiden muss) einsammeln. Diese Items wurden allerdings nicht sofort verwendet, sondern wanderten in einen speziellen Speicher, über den man sie in der Oberwelt anwenden konnte. So war es möglich, dass man sich vor einem schwereren Level mit Power-ups ausstattete oder den Abschnitt gleich ganz ausließ. Auch Hindernisse, wie Felsbrocken, ließen sich mit den passenden Items entfernen. Und wer genau wusste, was er tat, konnte mit den schwer zu findenden Flöten ganze Welten auslassen und eventuell gleich auf die achte und letzte Karte vorstürmen …

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Das war natürlich (auch mangels einer Speicheroption, die erst mit Mario All-Stars Einzug in dieses Spiel halten sollte) verlockend, aber andererseits entging einem so viel Spielspaß, denn die einzelnen Welten und Levels waren abwechslungsreich designed und immer einem Thema unterstellt. In der zweiten Welt ging es z.B. in die Wüste, in Welt 4 befanden wir uns im Reich der Riesen, und so weiter und so weiter. Außerdem sollte man besser nicht vergessen, genügend Leben einzupacken, bevor man sich in die achte Welt wagt, denn haucht man das letzte davon aus, ist das Spiel zwar nicht endgültig verloren, aber man landet am Beginn jener Karte, auf der man zuletzt war, und muss alle Level auf ihr von vorne beginnen. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Die Mini-Festung, die etwa in der Hälfte der Map lauert, bleibt nicht nur zerstört, sie öffnet auch noch das dazugehörige Tor, was oft Abkürzungen erlaubt. Endgültige Sicherheit brachte es allerdings nur, das Schloss zu erreichen und das dortige Luftschifflevel zu absolvieren – gelang dies, war die Karte nämlich abgeschlossen. Schaffte man das nicht, bewegte sich das Luftschiff an einen neuen Ort, den man erst erreichen musste – und dass es zusätzlich noch Feinde auf der Weltkarte (darunter die berüchtigten Hammer-Brüder) gibt, macht es bisweilen gar nicht so einfach, zum neuen Standort des Schiffs zu reisen …

Anders als im ersten Teil der Serie brachte übrigens der Zweispielermodus hier einen echten Vorteil: Zwar konnte man noch nicht wie später in New Super Mario Bros. zu zweit durch die Levels rennen, sondern musste im Hot-Seat-Modus nacheinander antreten, aber da man sich die Oberweltkarte teilte, reichte es, wenn einer der Spieler ein Level überstand – für den anderen war es damit nämlich auch automatisch gelöst. Der größte Vorteil steckte hier in einem eventuellen Game-over: Verlor z.B. Luigi alle Leben, wurden nur jene Level, die er gelöst hatte, zurückgesetzt, während jene von Mario weiter frei überschreitbar blieben. Damit machte es durchaus Spaß, auch mit jemandem zu spielen, der in den Mario-Spielen nicht das eigene Können mitbrachte. Das heißt, solange er einem nicht die Power-Ups wegschnappte, denn wer das Level vor einem Toad-Haus löste, konnte danach oft nur zuschauen, wie der feine Mitspieler sich dieses schnappte. Rache war allerdings auch möglich – statt Koopa und seine Brut (erstmals traten nämlich seine Kinder als Bosse in den Luftschiffen auf) zu vermöbeln, konnte man auch einfach gegeneinander eine Runde Mario Bros. spielen. Das macht nicht nur Spaß, sondern lässt euch auch Karten von eurem Gegner klauen, die ihr am Ende eines Levels bekommt und je nach Dreier-Kombination in Leben umgewandelt werden …

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So, doch nun genug des allgemeinen Rückblicks – wie bin ich mit Super Mario Bros. 3 zusammengekommen? Wer den Blog zu Mario Bros 2 gelesen hat, weiß, dass meine Geschichte mit dem Klempner eigentlich mit diesem Spiel beginnt, und tatsächlich kam Mario Bros 3 erst spät in meine NES-Sammlung: Nach Super Mario Bros., Zelda II und The Legend of Zelda war Super Mario Bros. 3 das vierte (von fünf) Spielen für die Konsole (das letzte Spiel war dann meine eigene Version von Super Mario Bros. 2). Ihr erkennt ein Muster? Ja, „Nintendo-Konsolen sind vor allem für Mario und Zelda da“ ist bis heute Kaufargument für jede Nintendo-Konsole und war sogar lange Zeit die einzige Daseinsberechtigung für eine Konsole in meinem Spielerhaushalt (für alle anderen Spiele gab es schließlich C64, Amiga und PC). Natürlich weiß ich heute, dass mir mit dieser Einschränkung viele großartige NES-Titel entgangen sind, aber als armer Schüler, der sich gerade mal von den Eltern zu Weihnachten und zum Geburtstag ein Spiel wünschen durfte, beschränkte man sich eben auf die Highlights. Eltern ist auch ein gutes Stichwort, denn Mario Bros. 3 ist aus genau diesem Grund eines der wenigen „Gebrauchtspiele“ in meiner Sammlung. Während ich schon damals es einfach viel zu sehr schätzte, Spiele frisch vom Händler auszupacken, bevorzugten es meine Eltern, billiger zuzuschlagen. Und so kam Super Mario Bros. 3 aus irgendeinem Privatverkauf und nicht direkt vom Händler.

Das sollte meine Erlebnisse mit dem Spiel allerdings nicht trüben, in das bald Stunden um Stunden hineinflossen. Wie man vielleicht herausgelesen hat, war Mario Bros. 3 nämlich ein sehr umfangreiches Spiel. Zwar wusste ich bald, wo ich zwei der drei Flöten finden konnte (was es ermöglicht, schon nach dem ersten Mini-Palast in die letzte Welt aufzurücken), aber dort gingen mir viel zu rasch die Leben aus, fehlten mir die Power-Ups, um die kniffligen letzten Level zu überstehen. Ohne Speicherfunktion gab es daher nur eine Möglichkeit: In einer Session möglichst viel des Spiels in zu überstehen. Lasst euch gesagt sein: So ein Trip durch acht Welten frisst jede Menge Zeit – und selbst dann ist der Sieg nicht garantiert. Meine erste Begegnung mit Bowser ist nämlich eine Anekdote in meiner Spielgeschichte für sich: Mit mehr als 40 Leben stellte ich mich der fiesen Echse, die jedoch alle dahinschmolzen, bis nur noch ein Game Over blieb. Was war passiert? Tja, man sollte sich nicht immer auf Schulkollegen verlassen, denn einer von ihnen hatte mir „verraten“, wie man Bowser besiegt – und mir damit eine völlig falsche Taktik in den Kopf gesetzt. Wirklich durchgespielt wurde der Titel deshalb dann doch erst mit Super Mario All-Stars – Speicherfunktion sei Dank.

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Und da wir damit schon bei Anekdoten sind, ist wohl der Zeitpunkt gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen: Warum ist Super Mario Bros. 3 für mich ein Spiel, an das man sich erinnern muss? Weil es für mich lange Jahr das „definitive“ Mario war. Ich habe ja den Super NES und damit Super Mario World erst sehr spät nachgeholt, sodass das State-of-the-Art-Mario für mich immer Teil drei blieb. Damit verbunden ist auch, dass es jener Teil ist, den ich am häufigsten aus der Schublade gekramt habe – wenn ich Zeit und Lust auf Mario hatte, wanderte am ehesten Teil 3 in den Modulschacht. Die diversen Anzüge haben sich natürlich tief in meinen Gamer-Sinn eingebrannt – dagegen wirkte Mario 1 mit seiner Feuerblume ja regelrecht featurearm (was für mich auch daran lag, dass ich vor Mario Giana Sisters spielte, das ja deutlich mehr konsekutive Power-ups kannte) und Waschbär-Mario gehörte definitiv zu jenen Power-Ups, die mir in späteren Spielen fehlten. Aber eine Erinnerung gibt es noch, die mich an den Beginn dieses Blogs zurückführt: Damals stand mein Rechner (ich glaube, es war noch der C64) auf einem rollbaren Computertisch in meinem Zimmer und der NES teilte sich mit dem Computer den Monitor. Wenn ich krankheitsbedingt das Bett hütete, konnte ich den Tisch soweit drehen, dass ich vom Bett aus spielen konnte. Während der Computer dafür immer wieder die Tastatur gebraucht hätte (was Aufstehen bedeutet hätte), war es ein leichtes, mit einem Controller bewaffnet Jagd auf Bowser & Co. zu machen. Aus diesem Grund ist SMB 3 für mich auch ein wenig ein Spiel für gesundheitlich schwache Tage geworden. Und jetzt entschuldigt mich, ich sollte zurück ins Bett, mich auskurieren und aus den weichen Federn hinaus meiner Spieleleidenschaft frönen (übrigens interessanterweise auch Mario – und zwar Mario & Luigi: Dream Team … aber das ist eine andere Geschichte und soll vielleicht ein anderes Mal erzählt werden).

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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