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Spiele, die ich vermisse #49: Stunt Car Racer

Ah, die Woche für Retro-Gamer – immerhin ist Larry: Reloaded endlich im Handel (ganz abgesehen davon, dass es nun Meldungen über ein Remake von The Chaos Engine gibt – Juchuu!). Das heißt aber leider nicht, dass ich endlich meinen Larry-Marathon mit Teil VI vorangebracht habe, denn ich war neben dem Test des Remakes auch mit einem ganz anderen Genre beschäftigt: dem Stunt-Racer, in diesem Fall repräsentiert durch TrackMania²: Stadium. Letzteres war es auch, das mich zu meinem Thema für die 49. Ausgabe meines Blogs brachte. Ich bin ja eigentlich kein besonderer Freund von Rennspielen (und vor allem kein besonders guter Rennspieler – sobald es aus „arcadig“ rausgeht, steck ich mehr im Kiesbett als sonst wo), aber zu jenen Racern, bei denen man springt und verrückte Dinge macht, habe ich einen besonderen Bezug. Der Urvater dieser besonderen Beziehung heißt Stunt Car Racer und will heute vermisst werden.


Jüngere Semester werden jetzt vielleicht ein wenig skeptisch schauen und sich fragen, von was für einem Spiel ich rede, während ein paar ältere Semester hoffentlich wissend nicken. Ja, Stunt Car Racer ist definitiv kein neues Spiel, sondern hat mittlerweile fast 25 Jahre auf dem Buckel (genauer gesagt erschien es 1989). Entwickelt wurde es von MicroStyle, der Designer war niemand geringeres als Geoff Crammond, der drei Jahre später mit der Formula One Grand Prix-Serie seinen Namen in die Spielgeschichte eintragen konnte. Die ersten Versionen erschienen für den C64, den Amiga, den Atari ST und das ZX Spectrum, später folgte noch eine DOS-Version, die übrigens von The Creative Assembly, heute wohl bestens bekannt durch Total War, entwickelt wurde. Jede Menge gute Köpfe also – doch worum geht es eigentlich?

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Stunt Car Racer dreht sich um eine Rennserie, die aus vier Ligen besteht. In jeder von ihnen gibt es zwei Strecken und drei Fahrer – und das Ziel ist, diese Karriereleiter hinauf zu klettern und am Ende die oberste Liga zu gewinnen. Das mag am Anfang noch leicht sein, später wird allerdings die KI besser und die Strecken kniffliger, was eurem Erfolg einige Steine in den Weg legt. Gespielt wird aus der Cockpitperspektive: Zu Beginn wird euer Truck mit einem Kran auf die Strecke gehoben, die auf den ersten Blick an eine Achterbahn erinnert – die in sich geschlossene Fahrbahn ist gegenüber der Umgebung erhöht (wer vom Kurs abkommt, fällt also tief und verliert Zeit, während euer Wagen wieder auf die Strecke gehoben wird) und es geht eigentlich ständig bergauf und bergab. Dargestellt wurde das alles in Vektorgrafik, die für heutige Verhältnisse armselig aussieht, damals aber eine technische Meisterleistung auf den schwachen Geräten darstellte. Die Steuerung war simpel – Gas, Bremse, links, rechts und der zuschaltbare Turbo, der allerdings pro Rennen nur eine begrenzte Zeit laufen konnte. Auf der Strecke zu bleiben war mit ein wenig Übung gar nicht übermäßig schwer (zumindest, solange es nur geradeaus ging), knifflig waren vor allem die Sprünge, die euch regelmäßig über Abgründe führten und von euch verlangten, mit der richtigen Geschwindigkeit über die Schanze zu gehen, wenn ihr nicht abstürzen oder zu weit springen wolltet. Denn harte Landungen führten zu Sprüngen in der Windschutzscheibe (die nach dem Rennen ausgebessert wurden) oder gar Löchern in der Karosserie (die euch die ganze Saison „erhalten“ bleiben) und damit näher zum Aus durch technisches K.O.

Neben den nicht gerade einfachen Kursen gab es aber auch immer noch einen Feind auf eurer Strecke – den Gegner. In jeder Liga wurde zwar eigentlich gegen zwei Fahrer angetreten, allerdings wurde das als „auf jeder Strecke gegen jeden Gegner einmal fahren“ umgesetzt – sprich, man fuhr jeden Kurs zwei Mal. Die KI war aber nur ein begrenzter Anhaltspunkt für das, was fahrerisch möglich war – denn die KI fuhr oft in ihrer eigenen, fehlerfreien, aber irgendwie dann doch gecheated wirkenden Liga. Besonders schwierig erwies sich das Überholen des Gegners auf den engen Strecken, denn Crashes waren dem Zustand eures Fahrzeuges nicht gerade zuträglich und der Abgrund meist gefährlich nahe. Dennoch war es wichtig, als erster über die Ziellinie zu gehen (bzw. eigentlich drei Mal um den Kurs zu fahren), denn nur der erste bekam die wichtigen zwei Punkte für die Tabelle. Immerhin einen Punkt gab es für jenen, der die schnellste Runde hinlegte. Und jeder Punkt entscheidet am Ende, denn nur der beste Fahrer darf in die nächste Liga – und der letzte muss absteigen …

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Ich weiß gar nicht mehr genau, wann Stunt Car Racer in mein Leben trat. Sicher ist nur, dass ich es zu C64-Zeiten entdeckte und dass das auch die einzige Fassung blieb, die ich jemals gespielt habe (dass es eine Amiga-Version gab, entdeckte ich erst bei den Recherchen zu diesem Blog). Auf der anderen Seite bringe ich gerade meine Jahre mit dem C64 in spielerischer Hinsicht oft gehörig durcheinander – liegt wohl an meinem Alter damals. Ja, ich weiß, dass Super Pipeline, Space Taxi oder der Flight Simulator schon sehr früh in meiner C64-Ära dabei waren. Aber irgendwie hat sich auch Stunt Car Racer so sehr eingebrannt, dass ich fast annahm, dass ich es sehr früh gespielt hatte, was sich allein aufgrund des Releasedatums gar nicht ausgehen kann (der C64 kam zu Weihnachten 1987 in unser Haus).

Vielleicht liegt es daran, wie beeindruckt ich war. Halbwegs flüssige 3D-Grafik war damals bei weitem noch nicht so selbstverständlich wie heute und meist war die Spielwelt selbst dann einfach flach. Hier waren allerdings die Höhenunterschiede ein wichtiges Spielelement – und darüber, dass die Umgebung rund um den Kurs flach war, konnte man sich nur wenig beschweren, denn darum ging es ja nicht. Das Design der Strecken, mit ihren Sprungschanzen und Abgründen, war für mich – als jemand, der Achterbahnen gern mochte, aber vor Loopings (die es hier nicht gab) zurückschreckte – ein echter Grund, einige Proberunden zu wagen. Dabei blieb es aber auch lange Zeit. Die Steuerung mag simpel gewesen sein, aber so flüssig war das Gameplay nun auch wieder nicht, dass es deshalb leicht zu meistern gewesen wäre (schließlich musste man mit einer gewissen Trägheit durch die etwas zu langsame Framerate rechnen), und den richtigen Speed für eine Rampe zu finden war eine Aufgabe für sich. Aus diesem Grund war ich lange Zeit im eigentlichen Liga-Spiel nur wenig erfolgreich, während ich im Trainingsmodus auch nicht die Geduld aufbrachte, mir eine Strecke in allen Details anzusehen (so bin ich bis heute) sondern versuchte, irgendwie auf jeder durchzukommen.

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Irgendwann gab es dann aber den Durchbruch, sodass ich mich dann doch an die Liga heranwagte. Ich gebe zu, dass es ein regelmäßiger Kampf und nie wirklich leicht war war und ich öfter wieder abgestiegen bin (was dann meistens zu einem Frust-Quit führte). Trotzdem kam ich regelmäßig wieder für einen neuen Versuch. Mehr als zwei Ligen hinauf bin ich zwar trotzdem nie gekommen, aber die Motivation, es wieder und wieder zu probieren, war dennoch da. Es war zwar vielleicht nie mein C64-Lieblingstitel, aber den Spaß, den es mir gemacht hatte, bemerkte ich erst dann, als meine Zeit mit dem Commodore-Rechner vorbei war: In Amiga- und den frühen PC-Zeiten suchte ich nach einem Spiel mit ähnlichen Qualitäten (und ja, heute weiß ich, ich hätte nur gründlicher suchen müssen, denn es gab durchaus ähnliche Titel, wie Stunts). Aber abgesehen von Motocross Madness (dem ich ja schon einmal einen Eintrag gewidmet habe) war es erst TrackMania, das mir wieder die alten Tugenden näher brachte …

Und das sind auch die Dinge, die ich an dem Spiel vermisse: Dieses unglaubliche Gefühl, eine Achterbahn mit einem durchaus schweren Auto entlang zu fahren (TrackMania hat im Vergleich dazu ja eher schnellere, wendigere Wagen). Die abgedrehten Strecken mit ihren zum Teil gewaltigen Sprüngen; das Liga-System … und das Öffnen einer neuen Welt der 3D-Grafik. Vektorgrafik mag nie die schönste gewesen sein, aber sie zeigte einen Blick in die Zukunft, die wir heute haben. Dass das Spiel so nebenbei heute ein Blick in meine eigene Vergangenheit ist, kommt ihm natürlich auf meiner persönlichen Nostalgieskala auch zugute …

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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