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Spiele, die ich vermisse #119: Snoopy

Schon einmal habe ich darüber gesprochen, dass manchmal Musik der Weg zu spielerischen Erinnerungen ist. Paganinis 24. Capriccio aus den 24 Capricci wird mich für alle Zeiten an Super Pipeline erinnern – und das ist bei weitem nicht das einzige Musikstück, das mich in meine spielerische Vergangenheit versetzt. Eher zufällig bin ich diese Woche beim Aufräumen meiner Notensammlung über Scott Joplins „Entertainer“ gestolpert – und dieser Titel hat sich in meinen jungen Jahren untrennbar mit einem ganz bestimmten frühen Jump’n’Run verbunden und gibt mir die Gelegenheit ein Spiel zu vermissen, das wohl nicht jeder auf seinem Retro-Radar hat. Sein Name? Snoopy.

Snoopy erschien 1984 für den C64. Entwickelt wurde es – wie man während des Spiels wunderbar und öfter lesen kann, da es Teil der Titelzeile ist – von C. Kramer und ein holländischer Publisher namens Radarsoft (den, wie meine Recherchen ergeben haben, es angeblich noch gibt, wenngleich er sich mittlerweile aus dem Spielemarkt zurückgezogen hat) brachte den Titel in den Handel.

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Im Jahr 1 vor Super Mario Bros. war das Jump’n’Run-Genre oft noch deutlich simpler. Levels bestanden oft nur aus einem einzigen Screen, auf Scrolling wurde verzichtet, stattdessen auf einen neuen Bildschirm umgeklappt, wenn man das Ziel erreicht hatte. Das war ressourcenschonender als scrollende Titel, von denen es aber natürlich auch einige gab (Super Mario Bros. war – entgegen einiger anderslautender Meinungen – nicht das erste Spiel dieser Art. Allerdings war es wohl zweifelsohne einer der wichtigsten Titel, um diese Art von Platformer so richtig populär zu machen). Das heißt aber nicht, dass diese Single-Screen-Jump’n’Runs uninteressanter oder weniger anspruchsvoll wären – immerhin gehören Titel wie Impossible Mission oder Prince of Persia in genau diese Kategorie. Doch um nach all dieser Vorrede wieder zurück zu Snoopy zu kommen: Kann Snoopy mit diesen Titel mithalten? Ähm… nun… nein.

Snoopy dreht sich – wie der Name schon sagt – um den namensgebenden Beagle aus dem Comic-Strip Peanuts, der Spielerfigur und gleichzeitig einzige Figur im gesamten Spiel ist – wer auf Auftritte von Charlie Brown & Co. hofft, wird hier sicherlich enttäuscht. Eure Aufgabe ist es, auf insgesamt 20 Screens von der linken auf die rechte Seite zu gelangen, was euch durch diverse Hindernisse nicht gerade leicht gemacht wird. Jedes Level hat einen Titel (und ein Thema), der zum Teil einen Hinweis gibt, was euch erwartet oder wie man die „Rätsel“ dieses Raums löst. Eure Aufgaben beginnen simpel – mal ist ein Graben zu überspringen, mal eine Wasserfläche auf einer treibenden Plattform zu überqueren – und werden im Laufe der Zeit ein wenig anspruchsvoller. Später gibt es nämlich (unter anderem) Laserbarrieren, zu breite Abgründe (ja, hier versteckt sich ein Geheimnis) und Unsichtbarkeitseffekte. Allerdings auch ein absichtlich „uninspiriertes“ Level, das man tatsächlich einfach durchlaufen muss.

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Das klingt jetzt alles nicht so übel, sagt ihr? Ist es auch nicht – wenn man davon absieht, dass es eben nur zwanzig Räume sind, die man dann doch recht schnell durchschaut und durchgespielt hat. Klar, dann beginnt das Spiel von neuem und läuft schneller ab, aber das erhöht den Wiederspielfaktor auch nicht gerade. Die größte Schwierigkeit auf dem Weg zum Ende beläuft sich einfach darauf, zu erkennen, wie die Muster im jeweiligen Level ablaufen (was mangels Zeitlimit oft einfach nur ein bisschen Beobachtungsgabe erfordert) und dann diese Muster auszunutzen, ohne der etwas dümmlichen Sprungphysik auf den Leim zu gehen, „dank“ der Snoopy abhebt und landet, als würde er auf dem Mond rumhüpfen (wobei man ehrlich sagen muss, dass die Animation der Sprünge recht süß gelungen ist – sobald es bergab geht, stellen sich Snoopys Ohren auf. Ein liebenswertes Detail.). Zugegebenermaßen stört die Sprungphysik allerdings erst dann so richtig, wenn man „moderne“ Jump’n’Runs mit deutlich besserer Physik gewohnt ist – allerdings kann ich mich durchaus erinnern, schon deutlich vor meiner ersten Begegnung mit Mario an diesen Sprüngen gescheitert zu sein.

Damit bin ich auch schon bei meinen persönlichen Erinnerungen angekommen. Snoopy war eines der ersten Spiele, die ich auf meinem eigenen C64 zu spielen bekam. Ich war zwar kein großer Peanuts-Fan (ich war damals schon eher auf der Garfield-Welle), aber der Beagle war mir bekannt genug, dass ich ihm auf seiner Reise (ohne Grund, denn eine Story gab es nicht) begleiten wollte. Die großen Sprites, die simplen Levels – all das war eigentlich gut für mich in meinen jungen Jahren ohne großartige Jump’n’Run-Erfahrung – und dass mir diese fehlte, merkte ich wohl vor allem daran, dass ich tatsächlich einige Wochen und Monate brauchte, bis ich das Spiel beendet hatte. Erst recht spät machte es hier „klick“ – und kaum hatte ich gelernt, die Sprünge wirklich richtig einzuschätzen (immerhin gab es hier keine Möglichkeiten, Sprünge zu korrigieren oder überhaupt noch zu steuern – man gab das Sprungkommando und hoffte, dass der Beagle am richtigen Punkt wieder aufsetzte), war das Spiel auch schon beendet (oder so beendet, wie man das Spiel beenden konnte). Klar gab es dann einige Anläufe auf höheren Geschwindigkeiten, aber das machte bald auch keinen Sinn mehr – irgendwann waren die Levels (zumindest für mich) einfach nicht mehr zu knacken.

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Mal wieder also jede Menge harsche Kritik an einem Spiel, das ich eigentlich vermisse… also wie war das nochmal mit Snoopy? Tatsache ist, dass mir Snoopy tatsächlich viel Spaß gemacht hat. Damals, in dieser Zeit, als Frust zu Videospielen gehörte und nicht einzigartiges Selling-Feature war, kehrte ich immer wieder zu Snoopy zurück. Genoss die Animationen. Genoss die Musik, diesen wunderbaren Ragtime von Joplin (auch wenn er aus heutiger Sicht in seiner Synth-Umsetzung furchtbar gestaltet wurde). Und hüpfte… und scheiterte … lachte darüber… und hüpfte erneut. Und selbst als ich das Spiel durchgespielt hatte, kam ich immer wieder zurück, einfach nur, um noch einmal meinen Skill zu testen, auch wenn ich in anderen Spielen bessere Erfahrungen gemacht hatte. Irgendwie wuchs mir der kleine Beagle dann eben doch ans Herz. Und auch wenn ich das Spiel heute wohl nicht mehr spielen würde – in meinem Gamer-Herzen hat der Titel einen festen Platz erobert, wo immer ein Platz für einen kleinen, hüpfenden Comic-Hund sein wird.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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