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Spiele, die ich vermisse #114: Star Wars: Rebellion

Es wird Zeit, mal wieder auf ein aktuelles Ereignis zu referenzieren: Nachdem sie lange Jahre ein wenig verschwunden waren, kehren die zahlreichen Star Wars-Spiele jetzt langsam via. GOG.com wieder auf den PC zurück. Nachdem schon 2014 Klassiker, wie X-Wing und TIE-Fighter, zurückkehrten, wurde nun die Liste ordentlich aufgestockt. Darunter sind nicht nur die beiden fehlenden X-Wing-Nachfolger X-Wing vs. TIE-Fighter und X-Wing Alliance, sondern auch jenes Spiel, das sofort mein Herz ein klein wenig strahlen ließ, als die Ankündigung kam: Star Wars: Rebellion.

Im Vergleich zu den meisten Titeln, die in dieser Welle dabei waren, ist Rebellion wohl der Underdog, der die meisten Spieler eher mit den Schultern zucken lassen wird. Warum? Aus mehreren Gründen. Einerseits hat es der Titel nie zur selben Bekanntschaft wie die anderen Spiele gebracht, andererseits ist Rebellion selbst bei denen, die es kennen (und gespielt haben), nicht unumstritten. Doch ich sollte wohl nicht zu sehr vorausgreifen – beginnen wir damit, all jenen, die Rebellion NICHT kennen, zu erklären, was sie verpasst haben.

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Kurz gesagt ist Rebellion das, was man bekommt, wenn man Masters of Orion mit Star Wars mischt. Klar liest man oft in den Genre-Listen etwas von „Echtzeitstrategie“, aber dennoch muss man klar machen, dass Rebellion nicht Force Commander oder Galactic Battlegrounds ist, sondern maximal (und auch hier nur in gewissen Punkten, wie dem Galaxie-Management) mit Empire at War verglichen werden kann. Wer deshalb eher Command & Conquer erwartet, wird hier enttäuscht werden – Rebellion ist ein 4X-Game, das seine Runden in Echzeit ablaufen lässt, und umfasst wesentlich mehr Ressourcenmanagement denn gewaltige Schlachten und spielt sich dadurch einerseits globaler, aber andererseits doch weiter weg und weniger „im Detail“.

Damit habe ich aber noch immer nicht so recht erwähnt, was Rebellion nun ist. Gut, beginnen wir von vorne: Rebellion beginnt nach der Schlacht von Yavin. Der Todesstern ist zerstört, die Rebellen auf der Flucht, das Imperium sinnt auf Rache. An diesem Punkt übernehmt ihr wahlweise die Leitung der Rebellion oder der imperialen Truppen und beginnt euren Feldzug. Das Ziel ist rasch klar: Zerstört das gegnerische Hauptquartier (auf der imperialen Seite ist das Coruscant, auf der Rebellen-Seite eine mobile Basis, die von Planet zu Planet ziehen kann) und nehmt die beiden wichtigsten Anführer (Mon Mothma und Luke Skywalker bzw. Darth Vader und den Imperator) gefangen. Mit dieser Aufgabe – und ein paar ersten Einheiten – werdet ihr allein gelassen, denn Rebellion ist vor allem ein Sandbox-Spiel, bei dem der Weg nicht vorgezeichnet ist, sondern ihr bestimmt, wie ihr an euer Ziel gelangt.

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Die meiste Zeit verbringt ihr in Rebellion in der Galaxien-Übersicht, in der ihr einzelne Systeme durch Anklicken in einem eigenen Fenster öffnen könnt. Die Systeme – und auch die Planeten – entsprechen im Großen und Ganzen dem Star Wars-Kanon, auch wenn es einige Ergänzungen bzw. Umordnungen gibt. Diese Planeten sind es auch, um die sich der Kampf um die Galaxis in Wahrheit dreht. Hier werden Gebäude gebaut (die Ressourcen bringen, aber auch Truppen und Raumschiffe herstellen, oder – Stichwort Schildgenerator und Orbitalkanonen – die Verteidigung eures Planeten leichter machen). Allerdings sollte man das „euer“ nie ganz sicher nehmen. Jeder Planet ist entweder unbewohnt, neutral oder hat sich zum Imperium oder der Rebellion bekannt. Diplomatie-Missionen (bei neutralen Planeten) oder brachiale Gewalt (also z.B. zuerst orbitale Bombardements gefolgt von einer Bodeninvasion) bei feindlichen Planeten) können diese wieder auf eure Seite ziehen. Aber genauso kann das die Konkurrenz – oder eure eigenen Fehlleistungen.

Auch wenn man es vielleicht anders erwartet, unterscheiden sich Rebellion und Imperium nicht so sehr, wie sie könnten. Klar, auf der Rebellenseite beginnt man eher im Outer Rim (statt im Zentrum der Galaxis) und die Flotten sind zu Beginn unterschiedlich stark, aber bis auf diese Ausgangssituation (und die schon erwähnten Unterschiede in der Siegbedingung) sind die Unterschiede eher kosmetischer Natur: Das Imperium hat kann natürlich Sternzerstörer und TIE-Fighter einsetzen (aber auch später weitere Todessterne bauen), während die Rebellion auf Mon Calamari-Kreuzer, X-Wings und Co. setzt. Klar gibt es auch hier Unterschiede (die großen Schiffe des Imperiums sind grundsätzlich eher stärker, dafür sind die Jäger schwächer), aber das Ungleichgewicht, das man vielleicht erwartet hätte, kommt nicht so stark auf – vor allem auf lange Sicht.

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Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Seiten sind allerdings die Charaktere, die ihr einsetzen könnt. Jede Seite startet mit einigen bekannten Figuren, doch durch Rekrutierungsmissionen, auf die ihr diese schicken könnt, könnt ihr die Reihen gewaltig aufstocken. Diese neuen Figuren stammen aus dem (mittlerweile ja offiziell nicht mehr relevanten) Extended Universe, weshalb sich darunter illustre Figuren wie Talon Karrde oder Thrawn finden, die eure Möglichkeiten erweitern, wenn ihr sie erst rekrutiert habt, indem er sie auf weitere Missionen schickt (oder als Generäle, Admiräle oder Commander einsetzt). Diese Rekrutierungsmissionen sind nämlich nicht die einzigen Missionen, die es im Spiel gibt: Manche Charaktere können mit Diplomatie-Missionen Planeten auf eure Seite ziehen, neue Gebäude und Einheiten erforschen, Sabotageakte durchführen (wobei das auch spezielle „normale“ Einheiten können) oder gar neue Jedis ausbilden. Hier ist übrigens die Rebellion ein wenig im Nachteil, denn während das Imperium von vornherein machtbegabte Streiter ausbilden kann, müssen die Rebellen warten, bis Luke irgendwann einmal nach Dagobah geht, um sich ausbilden zu lassen (und damit natürlich auch gleich eine Lücke im Charakterreigen hinterlässt). Auch sonst können einige aus den Filmen bekannte Ereignisse (zumindest auf Rebellenseite) auftreten, wie zum Beispiel Han von Kopfgeldjägern gefangengenommen werden oder Luke auf Vader treffen (oder sogar zum epischen Schlusskampf mit Imperator und Vader reisen). Allerdings können alle Charaktere auch getötet oder gefangengenommen werden.

Kommen die Flotten aus Rebellen und Imperium im selben System zusammen, kommt es zum bewaffneten Konflikt. Dabei gibt es zwei grundsätzlich Möglichkeiten: Ihr könnt euch auf die Zahlen verlassen und per Buttondruck automatisch berechnen lassen oder selbst das Kommando übernehmen und in einer 3D-Ansicht euren Flottenverbänden detailliert befehlen, was sie zu tun haben. Das erlaubt euch natürlich, die KI zu überlisten, dauert aber insgesamt natürlich länger – auch wenn die diversen Möglichkeiten, wie genau zu wählen, welche Systeme eines Schiffs man attackieren will, oder diverse Formationen, durchaus interessant sind (ganz zu schweigen vom Chaos, das man anrichten kann, wenn man einen Interdictor im Flottenverband hat und so die Flucht in den Hyperraum unmöglich macht) Leider handelt es sich dabei allerdings trotzdem um einen der schwächeren Teile des Gameplays, sodass zumindest ich diese Kämpfe gerne ausließ.

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Damit sind wir auch schon beim „ich“-Teil dieses Blogs. Ich habe mir Rebellion vor allem aufgrund des „Star Wars“ im Titel knapp nach dem Release 1998 gekauft – und zwar ohne viele Kritiken zuvor zu lesen, was im Nachhinein betrachtet wohl gut war, da die Wertungen eher durchwachsen waren. So hatte ich Gelegenheit, Rebellion eine Chance zu geben und den Titel besser kennenzulernen, bevor ich mich beeinflussen ließ (was ich gerne grundsätzlich so halte, was zugegebenermaßen ein wenig seltsam für jemanden ist, der selbst lange Jahre Reviews geschrieben hat). Denn das, was das Spiel mir bot, überzeugte mich in großen Teilen – wenn auch nicht hundertprozentig.

Was mich sofort ansprach, war die Reduktion auf die große Strategie der Eroberung der Galaxis sowie die (wenn auch oft kritisierte) Präsentation des Spiels samt dem eigentlich recht intelligenten Fenstermanager, der half, die Übersicht zu bewahren. Das alles motivierte mich, immer wieder die Rebellion zum Sieg führen zu wollen – allerdings zu Beginn mit wenig Erfolg, was nicht nur am Schwierigkeitsgrad, sondern auch am mangelnden Durchhaltevermögen lag – eine Partie Rebellion ist selbst in der kleinsten Galaxis-Größe eher Marathon denn Sprint und bis sich die Waagschale so richtig zu euren Gunsten neigt, kann einige Zeit vergehen). Außerdem stellte ich rasch fest, dass das Imperium mit seiner anfänglichen Übermacht die einfachere Variante für Spieleinsteiger ist, da man am Anfang weniger Boden verlieren kann, bevor sich das Machtverhältnis nach und nach verschiebt (oder eben auch nicht).

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Womit ich nie etwas anfangen konnte, waren hingegen die schon erwähnten Kämpfe. Zu Beginn wollte ich sie zwar unbedingt managen und sah sie eher als eine Erweiterung von X-Wing, aber rasch erkannte ich, dass ich lieber eine ordentliche Übermacht aufbaute und dann den Computer – unterstützt von Admiralen und anderen NPCs in gehobenen Positionen – kämpfen lasse. Dasselbe könnte man auch über das Ressourcenmanagement sagen – anstatt jeden Planeten einzeln zu kommandieren, überließ ich der KI das Kommando und sie meine Ressourcen-Gebäude bauen. Nur wenn ich der Meinung war, ein spezielles Bauwerk zu benötigen – Stichwort Schildgenerator oder Werft oder was auch immer – erledigte ich das manuell. So blieb ich wirklich auf der Makro-Ebene, kommandierte meine Helden und größere Ereignisse, stellte dazwischen die Spielgeschwindigkeit auf hoch (Reisen durch den Hyperraum können nämlich wirklich ewig dauern) und ließ die KI die Drecksarbeit machen. Das machte sich bezahlt und etliche Siege folgten.

Was hingegen nicht zündete, war der Multiplayer-Modus. Ähnlich einer Partie Civilization dauert es einfach zu lange, um eine sinnvolle Runde hin zu bekommen. Aber das machte nichts, denn auch wenn die KI nicht unfehlbar war, reichte sie doch aus, um interessante Partien hinzubekommen. Und ganz ehrlich: Diese kleine Phrase „nicht unfehlbar, aber interessant“ reicht auch aus, um den Rest des Spiels zu beschreiben.

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Und das führt mich schon zur abschließenden Frage: Warum vermisse ich Star Wars: Rebellion? Ich vermisse es als wohl einziges Star Wars-Spiel seiner Art. Raumjäger-Titel gibt es einige, auch Shooter, Strategiespiele und so weiter (wenngleich mein großer Wunsch nach einem Adventure im Star Wars-Universum nie erfüllt wurde). Aber diese eher langsame, groß angelegte Strategie in Rebellion gab es nie wieder. Klar, man könnte dem Spiel vorwerfen, trocken zu sein, aber das machte der Titel mit seinem Flair wett. Fehlerfrei war das Spiel natürlich nicht – bisweilen wartet man auf Rebellenseite geradezu darauf, dass Luke endlich nach Dagobah geht, flucht als Imperium darüber, dass sich die Rebellen schon wieder vor dem großen Angriff drücken, indem sie ihre Basis irgendwohin verlegen, und die Raumschlachten machen nicht gerade lange Spaß. Aber dennoch kehrte ich immer wieder zurück – und selbst heute, 17 Jahre nach dem ersten Release, denke ich gerne an dieses Spiel zurück – wenngleich wohl, um ehrlich zu sein, in einer Zeitraffervariante, in der die Highlights schneller aufeinander folgen und die längeren Durststrecken dazwischen zusammengefasst werden. Aber ganz ehrlich: Machen wir das nicht bei vielen Spielen?

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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