Serien-Review: Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft + Schau dir die erste Folge Gratis an
Besser als Tom Holland?
Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft bietet uns eine simple Prämisse: Was wäre, wenn im Marvel Cinematic Universe statt Tony Stark eines Tages Norman Osborn auf Tante Mays Couch Platz genommen hätte, um Peter zu rekrutieren?
Die Antwort ist überraschend komplex.
Zunächst einmal: Nein, diese Serie spielt nicht im selben Universum wie „Spider-Man Homecoming“. Alles, was ihr in dieser Show sehen werdet, findet komplett unabhängig von der MCU-Timeline statt. Einzelne Parallelen zu den Ereignissen aus „Civil War“ und den Filmen davor gibt es trotzdem, und so mancher Charakter kommt in beiden Universen vor, aber das hier ist trotzdem eine maßgebliche Neuinterpretation von Peter Parkers Ursprüngen.
Eigentlich wollte Marvel uns ja nur die Ursprungsgeschichte von Peter Parker zum x-ten Mal in Cartoon-Form aufwärmen. In „Captain America: Civil War“ besucht Tony Stark recht spontan einen Peter Parker, der bereits einiges an Spider-Man-Erfahrung sammeln konnte, um diesen für sein Team im Kampf rund um die Sokovia-Akkorde anzuheuern. So trat vor knapp zehn Jahren Tom Hollands Spider-Man nach einem jahrelangen und überaus komplizierten und noch immer nicht abgeschlossenen Rechtsstreit mit den Filmrechtinhabern Sony in das Marvel Cinematic Universe ein. Aber wie dieser Spider-Man überhaupt erst zu seinen Kräften gekommen ist, haben wir nie gesehen.
Und genau das sollte uns „Spider-Man: Freshman Year“ eigentlich bieten. Stattdessen beharrte das kreative Team hinter der Serie darauf, dass dieses Konzept für sie zu einschränkend und langweilig sei, und entwickelte etwas ganz Eigenes. Dies führte schließlich auch zu einer Namensänderung der Serie.
Peters Heranwachsen zum Spider-Man beginnt nicht mit einem Besuch bei Oscorp, sondern mit einer Alien-Invasion. Während eines Kampfes zwischen einem Alien-Symbionten und Doctor Strange landet eine Spinne auf Peters Nacken, und schon kurz darauf springen wir ein Jahr in die Zukunft. Parker muss Schule, Sozialleben und seine Pflichten als Spider-Man jonglieren… alles vertrautes Zeug. Spannender wird es, wenn wir uns ansehen, wer Peter dabei begleitet. Statt Ned Leeds ist Spideys bester Freund Nico Minoru – bekannt aus den Runaway Comics! Seine große Flamme an seiner High School ist nicht Mary Jane Watson, sondern Pearl Pangan – auch dieser Charakter dürfte Comic-Fans ein Begriff sein. Auch Lonnie Lincoln – Pearls Freund – ist eine wichtige Figur im Spider-Man-Universum, die wir hier nicht verraten wollen. Ihr seht: Hier wird einiges durchgemischt und verändert. Norman Osborn ist nicht die einzige große Veränderung im Vergleich zum MCU, sondern fast jeder Charakter wurde grundsätzlich stark verändert oder komplett durch eine spannende neue Person aus den Comics ersetzt.
Dieser Ansatz – nämlich dass das kreative Team als Grundlage das MCU genommen hat und dann wild damit rumspielen durfte – führt dazu, dass wir uns nie sicher sein können, was – oder wer – uns in der nächsten Folge erwartet. Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft bietet eine ganz eigene Spider-Man-Origin-Story, welche MCU-Kennern jedoch den einen oder anderen Knochen hinwirft. So müssen wir nicht erst lernen, was es mit den Avengers auf sich hat oder was die Sokovia-Akkorde sind – immerhin wurden diese schon oft genug in Filmen wie „Captain America: Civil War“ besprochen. Stattdessen können wir uns hier voll und ganz auf Peter Parker, seine Freunde und seine Feinde innerhalb einer etablierten Welt konzentrieren. Das führt dazu, dass der fantastische Cast an Persönlichkeiten rund um Spider-Man herum genug Zeit bekommt, ausgearbeitet zu werden, und jeder wichtige Charakter einen eigenen Handlungsbogen erhält. Am Ende der ersten Staffel wissen wir, wer Nico ist, was Pearl ausmacht, und sind mindestens so interessiert an Lonnie wie an Spider-Man selbst. Von den ganzen spannenden Widersachern, die wir im Verlauf der Staffel kennenlernen, ganz zu schweigen.
Norman Osborn ist Spider-Mans bekanntester Widersacher. Dass ausgerechnet dieser zu Spideys Mentor wird, klingt wie ein Rezept für ein sehr schnelles Disaster. Aber ohne zu viel zu verraten: Die Dynamik zwischen den beiden ist die gesamte erste Staffel hindurch spannend und unterhaltsam. Auch Normans Sohn Harry ist Teil der Serie und mischt das Geschehen auf. Norman Osborn bekommt viel Rampenlicht geschenkt, und es ist spannend, ihn in einer untypischen Rolle zu sehen, die viele neue Aspekte seines Charakters präsentiert. Parker ist und bleibt der gute alte Peter, aber in dieser Version sind es vor allem die Menschen, die ihn umgeben und prägen, welche die Serie zu etwas ganz Besonderem machen.
Ein Punkt, der bereits im Vorhinein für viel Aufsehen gesorgt hat, ist die Animation der Serie. Der Cell-Shading-Stil ist ungewöhnlich für eine moderne 3D-animierte Serie. Vor allem nach „X-Men ’97“, welches wesentlich polierter und flüssiger wirkte, sahen die Trailer von Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft aus, als hätte es hier an Budget gefehlt. Und auch wenn der Stil gewöhnungsbedürftig ist – vor allem im Bezug auf manche Gesichter – er funktioniert spätestens ab der ersten Kampfsequenz, welche 5 Minuten nach Beginn der ersten Folge stattfindet. Angelehnt an die ersten Spider-Man-Comics wird hier etwas ganz Eigenes ausprobiert und es funktioniert. Das Team hinter der Show lässt sich regelmäßig visuell spannende Situationen ausdenken, und jede Folge hat mindestens eine Szene, welche hervorhebt, wieso dieser Stil gewählt wurde und besonders beim Schwingen durch die Straßen von New York möchte man ihn nicht missen. Gebt der Animation eine Chance – die abgeschnittenen Clips aus den verschiedenen Trailern machen einen schlechten Eindruck, man muss sie wirklich in Aktion erleben, um sie zu verstehen.
Meinung:
Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft ist womöglich die beste Spider-Man-Version, die wir jemals am Bildschirm erleben durften. Fans werden hier regelmäßig mit großartigen Überraschungen versorgt, die Charaktere sind alle wunderbar und haben eine großartige Chemie untereinander. Mit viel Herz, Humor und Spannung werden hier Seiten an Spider-Mans Universum adaptiert, welche bisher den Comics vorbehalten waren – aber vor allem die ganz eigenen Ideen dieser Spidey-Version sind es, die jede Folge zu einem absoluten Must-See für alle Spidey-Fans machen. Alles, was diesen Charakter so beliebt gemacht hat, lässt sich in den 10 Folgen dieser Show finden – und noch viel mehr. Die Serie verspricht Großes für die nächsten beiden Staffeln, welche bereits in Entwicklung sind, und wir können es kaum erwarten, diese zu sehen.
Schau dir hier die erste Folge von Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft Gratis an!
Disney hat die erste Episode der neuen Animationsserie „Der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft“ kostenlos auf YouTube hochgeladen. Die Veröffentlichung erfolgte passend zum Staffelfinale auf Disney+ am 19. Februar und ermöglicht es Interessierten, unverbindlich in die Serie reinzuschnuppern.
Einziger Haken: Die auf YouTube verfügbare Episode ist im englischen Originalton. Wer die Serie lieber auf Deutsch sehen möchte, kann sich alle zehn Folgen mit deutscher Synchronisation auf Disney+ ansehen.