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Review: Immortals: Fenyx Rising

Prometheus und Zeus gehen in eine Bar ...

Bei den Göttern! Typhon, der Sprössling von Gaia und Tartaros, bedroht nicht nur den griechischen Götter-Pantheon, sondern hat auch die Menschheit in Stein verwandelt. Die letzte Hoffnung der Götterwelt? Ein Mensch namens Fenyx, der unvermittelt das Schicksal der Welt auf seinen sterblichen Schultern trägt und sich in ein Abenteuer voller Mystik und Mythen begibt – und dabei nicht auf den Humor vergisst.

Breath of the Creed …

Doch wie soll Fenyx (ihr könnt sein bzw. ihr Aussehen und Geschlecht übrigens nach Belieben in einem allerdings nicht besonders umfangreichen Editor anpassen – wir haben uns für eine weibliche Heldin entschieden und werden deshalb entsprechende Pronomen verwenden) sich gegen ein ausgewachsenes Monster stellen, das selbst Zeus zu seinen Glanzzeiten fast eine Nummer zu groß war? Mit göttlichem Beistand: Vier Götter (Aphrodite, Ares, Hephaistos und Athene) wurden von Typhon ihrer Essenz beraubt – und gelingt es unserer Heldin, diesen Gottheiten zu helfen, haben wir eine Chance gegen das riesenhafte, schreckliche Monster.

Nicht nur diese Prämisse brachte dem bei der Ankündigung noch Gods & Monsters getauften Spiel rasch den Ruf ein, Ubisofts Antwort auf Zelda: Breath of the Wild zu sein – die Ähnlichkeiten gehen viel weiter: Eine Ausdauerleiste beschränkt eure Angriffe und Kletterausflüge, an allen Ecken und Enden der Welt gibt es diverse Aufgaben – und das gilt vor allem für die Abgründe des Tartaros, die ähnlich der diversen Schreine aus BotW euch vor allerhand knifflige Probleme stellen. Beim Spielen offenbart sich allerdings recht rasch, dass Immortals: Fenyx Rising dann doch nicht einfach nur ein Klon von Zelda im Götter-Gewand ist. So wie das jüngste Abenteuer rund um Link einiges aus der Ubisoft-Formel aufgriff, haben die Entwickler von Ubisoft Quebec Ideen aus Zelda mit der Ubisoft-Formel vermischt und danach mit eigenen Elementen abgerundet. So fliegt Fenyx dank ihrer Schwingen einerseits wie zuletzt Link per Gleitschirm durch die Welt, kämpft aber andererseits eher wie jüngst Eivor: Da werden per Schultertasten Schwert und Axt geschwungen, Spezialfähigkeiten ausgelöst, auf Tastendruck geblockt, ausgewichen oder auch der Bogen zum Einsatz gebracht. Dennoch ist das Kampfsystem deutlich schneller als in der Assassinen-Saga und im Detail anders genug, um gerade bei jenen, die zuletzt mit den Wikingern unterwegs waren, kurz für Verwirrung zu sorgen. Dennoch geht die Steuerung bald in Fleisch und Blut über und kann mit einigen interessanten taktischen Möglichkeiten und einem guten Fluss aufwarten – vom steigenden Kombo-Bonus bis hin zur Zeitlupe nach dem richtig getimten Ausweichen habt ihr mit Fenyx so einiges zu meistern. Oh, und seid beruhigt, eines hat man nicht aus BotW übernommen: Eure Waffen zerbrechen niemals.

… oder Assassin’s Breath?

Typisch Ubisoft-Formel spielen auch hohe Orte eine wichtige Rolle – aber auch hier hat man sich bei Breath of the Wild etwas abgeschaut und danach angepasst: Statt einfach zu synchronisieren und dann alle Map-Points im Umfeld zu sehen, könnt ihr jederzeit – aber eben vorzugsweise weit genug oben – auf die Fernsicht wechseln und so interessante Orte markieren. Während ihr in Zelda aber auf jedem Punkt einen generischen Marker hinterlassen konntet, lässt euch Immortals nur jene Orte auswählen, die auch tatsächlich interessant sind, und gibt euch auch gleich bekannt, ob es sich zum Beispiel um eine Truhe, eine Herausforderung oder um einen Abgrund des Tartaros handelt. Hier haben wir es also gewissermaßen mit einem Mechanismus zu tun, der etwas umständlicher ist als jener in Assassin‘s Creed (denn das Absuchen der Map ist keine besonders spannende Angelegenheit), aber auf wirklich wichtige Orte fokussiert ist – und deshalb dann doch zu dem klassischen Ubisoft-Formel-Phänomen der heillos mit Icons übersäten Weltkarte führt.

Generell verstecken sich an allen Ecken und Enden der Spielwelt Items, die eure Heldin besser für die Aufgaben vor ihr rüsten können: So sammelt ihr diverse Früchte, Pilze, etc. ein, aus denen ihr in bestimmten Kesseln Tränke brauen könnt, die stark und schnell einsetzbar sind. Das spannende daran: Habt ihr das allerdings vergessen oder nicht genug Zutaten vor eurem aktuellen Abenteuer gesammelt, könnt ihr Früchte, die Ausdauer oder Lebensenergie regenerieren, auch direkt zu euch nehmen – das dauert länger und ist auch vergleichsweise wenig effektiv, kann aber manchmal eure letzte Rettung sein. Damit aber noch nicht genug gesammelt: Findet ihr Ambrosia, könnt ihr damit ihre Lebensenergie steigern, mit anderen Ressourcen eure Waffen oder Rüstungen stärken (übrigens stärkt ihr hier die gesamte Waffen- bzw. Rüstungsgattung, auch wenn verschiedene Items unterschiedliche Boni mit sich bringen); und mit Münzen lernt bzw. verbessert ihr göttliche Gaben. Letztere sind oft für die Lösung der vielen Puzzles, die sich in der Spielwelt verstecken, essenziell – und natürlich auch in den Abgründen des Tartaros und den Dungeons, die euch vor Physikrätsel, trickreiche Bogenschüsse (die oft den Einsatz des Lenkpfeils erfordern), Hindernisparcours, aber auch Kampfarenen stellen, die von „einfach“ bis „wie zum Geier soll das gehen“ reichen. Der Lohn der Mühen sind (neben oft optionalen Schätzen) Blitze des Zeus, mit denn ihr Fenyx‘ Ausdauer stärken könnt.

Die Götter müssen verrückt sein

All diese Mechanismen sorgen dafür, dass ihr nicht schnurstracks durch das Abenteuer laufen könnt. Denn auch, wenn das Spiel euch immer klar sagt, was als nächstes zu tun ist, um in der Story (oder eventuellen Sidequests) voranzukommen, werdet ihr, wenn ihr nur diesem roten Faden folgt, recht bald unterpowered sein. Rechnet dennoch nicht damit, dass die Welt von Immortals in derselben Größenordnung wie jene aus Assassin’s Creed Valhalla einzuordnen ist: Die Spielwelt ist für ein Openworld-Spiel eher knackig und kompakt statt nur weitläufig – wer sich ranhält und sich vor allem an der Story orientiert, kann in rund 30 Stunden den Abspann sehen. Ja, die Welt ist ein wenig leer (immerhin sind alle Menschen zu Stein geworden), bietet aber eine abwechslungsreiche, wunderschön anzusehende, bunte, stilisierte Märchenwelt fernab vom eher düsteren Realismus der anderen aktuellen Ubisoft-Titel mit jeder Menge vertikalen Elementen, die eure Ausdauer und Flugkünste auf die Probe stellen werden.

Die märchenhafte, eher lockere Stimmung ist aber nicht nur optisch Programm, denn Immortals: Fenyx Rising nimmt sich nicht bierernst. Das beginnt schon bei der Prämisse, denn wir spielen eine Geschichte nach, die der an einen Felsen angekettete Prometheus dem Göttervater Zeus erzählt. Beide fungieren als Off-Erzähler und kommentieren Ereignisse sowie unsere Taten pointiert. Ja, der Humor ist Geschmackssache und nicht jede Pointe sitzt, aber so mancher Spruch, der die vierte Wand mit aktuellen Anspielungen durchbricht oder auch die antike Götterwelt kommentiert (hier ist aber manchmal Vorwissen hilfreich), hat uns beim Testen zum Lachen gebracht. Aber auch die diversen Götter, denen wir im Zuge unserer Reisen helfen, sind nicht einfach mächtige, ernsthafte Wesen, sondern überzeichnete Figuren. Und selbst Fenyx hat so manchen Lacher auf ihrer Seite, erweist sie sich doch manchmal zu deutlich als Götter-Fangirl mit Persönlichkeit.

Nicht ganz so göttliche Technik

Die stilisierte Grafik kommt auch den etwas älteren Plattformen entgegen. Auch wenn Immortals natürlich auf einer PS5 oder Series X am besten aussieht (hier habt ihr einmal mehr die Wahl zwischen höherer Framerate und besserer Optik), überzeugt das Spiel im Test auch auf der PS4 und One S und läuft mit stabiler, wenn auch im Vergleich zu den neuen Konsolen im Performance-Modus geringerer Framerate – und lädt natürlich auch bedeutend langsamer. Anders sieht dies auf der Switch aus: Ja, auch dort kann die Optik grundsätzlich überzeugen, aber die Abstriche sind vor allem im Vergleich deutlich: Die Weitsicht ist deutlich geringer, was durch den Einsatz von Nebel nur ungenügend verschleiert wird; gleichzeitig ploppen regelmäßig Details auf und die Texturen sind deutlich verwaschener. Dazu kommen Kantenflimmern und Probleme mit den Schatten – und trotzdem bricht die Framerate gerade bei Gefechten oft ein. Das heißt nicht, dass Immortals auf der Switch unspielbar ist – aber wer die Wahl hat und auf den Handheldmodus verzichten kann, sollte die anderen Konsolenfassungen bevorzugen. Generell möchten wir noch anmerken, dass unsere Testversion noch ein paar Stabilitätsprobleme hatte und gelegentliche Abstürze vorkamen, die hoffentlich ein Day-One-Patch noch beheben kann. Dank zahlreicher Autosaves haben wir aber bis auf eine Ausnahme (ein Crash beim Speichern) dabei nie viel Fortschritt verloren.

Fazit

Wertung - 8.5

8.5

Zelda trifft Assassin's Creed

Auch wenn ich sonst schon das Fazit für persönliche Worte nutze, möchte ich diesmal noch etwas persönlicher werden: Als mir das Review zu Immortals: Fenyx Rising angeboten wurde, wollte ich ablehnen. Die Vergleiche zu Breath of the Wild waren überall zu lesen und dass ich mit diesem Zelda-Titel meine Probleme habe, wissen treue Leser dieser Seite oder Hörer des Podcasts natürlich. Dennoch habe ich mich überreden lassen – und das keine Sekunde bereut. Das liegt daran, dass Fenyx‘ Abenteuer zwei meiner großen persönlichen Kritikpunkte an Breath of the Wild ausräumt: Die Welt ist kompakter, ohne das Open World-Feeling zu verlieren, und es gibt einen roten Faden, bei dem immer klar ist, was das nächste Short-Term-Ziel ist. Dennoch bleibt das Spiel ebenso der Ubisoft-Open World-Formel verhaftet und verführt dazu, aktuelle Aufgabe aktuelle Aufgabe sein zu lassen und einfach Nebenaufgaben und die Landschaft zu genießen, wie es eindeutig Ideen aus Breath of the Wild aufgreift, ohne ganz dessen Klasse zu erreichen. Gerade die Tartaros Abgründe oder ähnliche Rätselabschnitte sind nicht immer ganz so ausgefeilt wie jene, die Link lösen musste – ab und an ist nicht ganz klar, was als nächstes zu tun ist, an anderen Stellen gibt es deutliche Spitzen im Schwierigkeitsgrad, gerade bei den Hindernisparcours. Deshalb: Nein, nicht alles an Immortals: Fenyx Rising ist perfekt. Aber es macht dennoch sehr viel richtig und dabei auch sehr viel Spaß. Wer mit der Ubisoft-Formel klar kommt, den Mix aus Breath of the Wild und Assassin’s Creed ansprechend findet, aber eine kompaktere Welt bevorzugt, wer einen roten Faden braucht – ihr alle seid hier richtig und könnt euch mit Fenyx ins Abenteuer stürzen.

Genre: Action-Adventure
Entwickler: Ubisoft Quebec
System: PS4/PS5/Xbox One/Xbox Series S|X/PC/Switch
Erscheint: 3. Dezember
Preis: ab 60 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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