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Review: Imagine Earth

Weltraum-Kolonialismus

In einer gar nicht so weit entfernten Zukunft: Die Ressourcen der Erde sind nahezu ausgebeutet. Zum Glück steht der Menschheit mittlerweile Technologie für interstellare Reisen zur Verfügung. Das Resultat? Ein Wettrennen verschiedener Konzerne, um die wertvollen Schätze der fremden Welten möglichst gewinnbringend zu nutzen. Und da kommt ihr ins Spiel: Könnt ihr euch als planetarer Administrator beweisen, Widerstände überwinden und die Ziele eurer Vorgesetzten erreichen? Willkommen bei Imagine Earth.

Think BIG!

In diesem Spiel wird in gewaltigen Dimensionen gedacht: Nicht eine kleine Gegend, sondern ein ganzer Planet (der als Kugel dargestellt und frei rotiert werden kann) dient in jedem Level als Schauplatz. Trotz dieser wahrlich weltumspannenden Perspektive kann man Imagine Earth eher mit einem City-Builder wie SimCity oder auch Wirtschaftssimulationen wie der ANNO-Reihe als mit Alpha Centauri vergleichen. Auf den (stark herausgezoomten und dadurch recht übersichtlichen) Weltkugeln geht es nämlich um optimales Ausnutzen der Umgebung, um Synergien zwischen Landschaft und Gebäuden bzw. auch der Bauwerke untereinander und ständiges Optimieren eurer Siedlungen – und das in Echtzeit. Ab und an kommt man sich beinahe vor, als wäre man in einem Puzzlespiel gelandet, wenn man überlegt, wie man auf dem beschränkten Platz Wohnblöcke zusammenschließen kann, um sie weiter ausbauen zu können, wie man ein Kraftwerk optimal platziert, sodass es Synergien aus der Umgebung nutzen kann, aber möglichst wenig Nachteile für die Wohnbezirke mit sich bringt, oder wo man noch ein wenig mehr Nahrung oder Güter produzieren kann. Denn in Imagine Earth dreht sich im Endeffekt alles um das, was ihr erzeugt – gibt es genügend (verschiedene) Nahrungsmittel, Rohstoffe, Energie und Luxusgüter? Dazu kommen dann noch Fragen wie: Ist der Wohnraum knapp? Ist das Konto gut gefüllt? Und natürlich: Sind die Bewohner glücklich? Und glaubt uns, wenn wir sagen, dass es gar nicht so leicht ist, alle Bedürfnisse zu befriedigen, wenn eure Siedlung erstmal beachtliche Größe erreicht hat – diese Kolonialisten können ziemlich anspruchsvoll werden …

Planets for Future

Ein großer Fokus neben all den kommerziellen Gedanken ist allerdings auch – gerade im Hinblick auf die Zufriedenheit der Bewohner – der Öko-Gedanke. Eine möglichst gesunde Umwelt – ob nun künstlich via Park oder weil wir unsere Industrien möglichst umweltbewusst arbeiten lassen oder gleich auf schonende Technologien setzen – sorgt dafür, dass sich unsere Kolonialisten wohl fühlen. Wer hingegen die neue Welt verdreckt, darf sich nicht wundern, wenn unsere Einwohner lieber nach Hause wollen und es zu einem großen Exodus kommt. Leider ist es oft gar nicht so einfach, umweltbewusst zu handeln – und auch hier haben wir es durchaus mit einem aktuellen Problem in der Zukunftsvision zu tun: Ja, in den 2080ern gibt es schon zahlreiche umweltschonende, moderne Technologien. Nein, diese stehen leider nicht jedem zur Verfügung, sondern verstecken sich hinter Patenten. Deshalb muss man als Spieler eine Entscheidung treffen, welche Schwerpunkte man setzen möchte (bzw. aufgrund der vorhandenen Rohstoffe auch kann): Nur mit beschränkt verfügbaren Tech-Lizenzen kann man die passenden Gebäude freischalten und so vielleicht die Energieversorgung von fossiler Energie auf nachhaltigere Quellen umstellen. Dieser Unlock gilt allerdings nur für den aktuellen Abschnitt – im nächsten Level, bei der nächsten Kolonialisierung könnt ihr bereits ganz andere Schwerpunkte setzen. Nur Forschungsresultate aus euren eigenen Labors bleiben euch über die ganze Kampagne erhalten.

Kennt man einen, kennt man alle?

Trotz all dieser Möglichkeiten und Details muss man allerdings festhalten, dass sich schon im Laufe der neun Planeten umfassenden Kampagne, die sich als Einstieg unbedingt empfiehlt, das Gameplay etwas zu wiederholend gestaltet. Ja, es kommen neue Features und Ideen dazu und die Planeten bieten andere Klimazonen und Voraussetzungen, aber das Grundkonzept bleibt von Kolonie zu Kolonie gleich. Ähnliches gilt für die zwei weiteren Modi, in denen ihr mit anderen Firmen um die Vorherrschaft auf einem Planeten streitet oder einfach ins Endlosspiel startet – trotz aller Feinheiten ist das Vorgehen dann doch zu ähnlich, um für langfristige Motivation zu sorgen. Das heißt nicht, dass man auf dem Weg dorthin nicht einiges an Spaß haben kann (und gerade Einsteiger finden hier vielleicht ein Spiel, mit dem sie sich dem Aufbau-Genre recht gemütlich annähern können), aber von der Dauermotivation mancher Genrekonkurrenten sind wir hier doch deutlich entfernt. Andererseits muss man aber auch festhalten: Wir reden von einer ganz anderen Preisklasse als bei der Konkurrenz und auch von einem deutlich kleineren Entwicklerteam. Hält man sich vor Augen, dass Imagine Earth von zwei deutschen Entwicklern erdacht und von einem nicht viel größeren Team entwickelt worden ist, ist man aber dann doch irgendwie sehr positiv überrascht, was hier spielerisch, soundtechnisch und auch grafisch geleistet wurde. Ja, die Gebäude könnten mehr Wiedererkennungswert haben und nicht jede Aufgabenbeschreibung so eindeutig, wie sie vielleicht sein könnte – aber für ein Indie-Spiel zum Nice Price ist Imagine Earth dennoch eine tolle Sache und erstaunlich gepolished. Respekt!

Fazit

Wertung - 8

8

City-Builder in Planeten-Größe

Imagine Earth führt Ideen, die man vor allem aus Städtebausimulationen kennt, gekonnt auf eine planetare Ebene und vergisst dabei aktuelle, durchaus nachdenklich stimmende Elemente wie „Umweltschutz vs. Kommerz“ nicht. Die lange Early Access-Phase (das Spiel war seit 2014 spielbar) merkt man auch daran, wie rund sich viele Dinge anfühlen, auch wenn man an anderen Stellen durchaus merkt, dass noch ein wenig mehr Polishing gutgetan hätte – zum Beispiel beim Tutorial-System, das so manchen relevanten Sachverhalt nicht genug erklärt. Hardcore-Städtebauern mag das Spiel darüber hinaus zu leicht und zu repetitiv geraten sein. Dennoch: Für Leute, die einen kleinen, planetaren City-Builder suchen und kein Problem mit einer Öko-Message haben, ist das Spiel auf jeden Fall einen Blick wert. Und wer unserer Welt etwas gutes tun will, kauft vielleicht auch gleich das Green Earth Bundle und schützt damit nicht nur virtuelle fremde Planeten, sondern auch die Wälder unserer Erde. Tolle Idee!

Genre: Aufbaustrategie
Entwickler: Serious Bros.
System: PC
Erscheint:: erhältlich
Preis: ca. 25 Euro

 

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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