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Review: Forgotten Fables: Wolves on the Westwind (Das schwarze Auge)

Das wohl, bei Swafnir!

Phex steh uns bei, wie sind wir bloß in diesen Schlamassel hineingeraten? Eben noch waren wir friedlich zu unserem Ziel unterwegs, plötzlich gerieten wir in einen Überfall und entkamen nur mit Müh und Not den Banditen. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, geht es nun noch vom Regen in die Traufe: Zwar scheint die auf der Flucht erreichte Thorwaler-Siedlung wie ein sicherer Hafen, doch schon bald liegt ein Fluch auf uns, den wir nur gemeinsam mit neuen Freunden und widerwilligen Verbündeten loswerden können …

Ein neuer Ansatz für Das schwarze Auge

Einmal mehr heißt es mit Forgotten Fables: Wolves on the Westwind „Willkommen in der Welt des Schwarzen Auges“, denn trotz seines englischen Titels ist das Spiel im bekannten deutschsprachigen Rollenspielsetting angesiedelt. Vielleicht ist es gerade deshalb auf den ersten Blick etwas überraschend, dass es sich dabei um kein Rollenspiel handelt; stattdessen haben Ulisses (der Rollenspielverlag ist hier zum ersten Mal als Publisher eines Videospiels mit DSA-Setting aktiv) und das Wiener Entwicklerteam Owned by Gravity eine Visual Novel abgeliefert. Wolves on the Westwind ist also eine sehr textlastige Erfahrung, bei der jede Menge Lesestoff mit passenden Hintergründen, Figurendarstellungen und Musik untermalt wird und ihr in regelmäßig Entscheidungen treffen müsst, wie die Handlung nun weitergeht. Spätestens da wird allerdings der Connex zur Rollenspielerfahrung zumindest manchen Spielern klar werden: Man könnte diese Visual Novel auch als „Choose your own Adventure“-Buch beschreiben – oder so ganz im Rollenspieljargon als „Soloabenteuer“, wie sie wohl einige Recken aus Aventurien in ihrem Heldenleben erlebt haben.

Zwei Helden, ähnliche Story

Anders als man das vielleicht von einem Solo-Abenteuer gewohnt ist, habt ihr allerdings nicht die Möglichkeit, eure eigenen Charaktere ins Abenteuer zu schicken. Stattdessen gibt es zwei vorgegebene Figuren – einmal den erfahrenen Söldner Alrik Durenwald, einmal die junge Magierin Nedime. Trotz der unterschiedlichen Charaktere läuft die Story recht ähnlich ab – auch wenn sich natürlich im Detail die Ansätze, wie man ein Problem aus der Welt schaffen kann, unterscheiden. Generell könnte man Wolves on the Westwind vorwerfen, dass es zwar gut darin ist, die Illusion der Freiheit zu vermitteln – immerhin müsst ihr euch ständig entscheiden, was ihr sagt oder tut -, aber abgesehen von Details steckt man dann doch fast dauerhaft in einem Korsett fest, das über weite Strecken kaum größere Abweichungen zulässt. Ausnahmen bestätigen im Rahmen der rund sechs Stunden, die ihr braucht, um zum Ende zu gelangen, allerdings die Regel und sind willkommene Überraschungen. Klar: Diese Problematik ist durchaus dem Genre an sich geschuldet, trotzdem ist es schade, dass selbst die zweite Figur weniger Abwechslung für zumindest einen zweiten Durchlauf bringt, als man vielleicht denkt. Das geht zu Lasten der Replayability.

Lese-, Schau- und Hörvergnügen

Bei aller Kritik muss man allerdings festhalten, dass die Story an sich gut geschrieben ist, gekonnt leichtere mit schwereren Momenten verknüpft und auch die Atmosphäre eines Thorwal-Abenteuers gut einfängt. Auch wenn das Gameplay sich auf die Auswahl der nächsten Entscheidung beschränkt, wurden wir in die Action-Sequenzen und Gefechte hineingezogen, während wir in anderen Momenten unsere Worte gegenüber unseren Begleitern gegenüber wohl abwägen wollten – ein klarer Pluspunkt für die Macht der Worte. Leider bleibt es beim geschriebenen Wort, eine qualitativ hochwertige Sprachausgabe wäre – vor allem für die NPCs – noch ein grandioser Bonus gewesen. Positiv vermerken wollen wir die musikalische Untermalung, die zum Setting passt und das nördliche Aventurien heraufbeschwört. Und auch optisch gibt man sich alle Mühe, dem „Visual“ in Visual Novel alle Ehren zu machen: Malerische Hintergründe, ein paar Special Effects, nett gezeichnete Charaktere reichen aus, um aus dem Kopfkino auch eine tatsächlich schön anzusehende Erfahrung zu machen, die zwar trotz allem technisch simpel abläuft (erwartet euch keine animierten Actionsequenzen oder ähnliches, sondern eher Darstellungen eurer Gesprächspartner vor Hintergründen), aber ihren Zweck mehr als erfüllt.

Fazit

Wertung - 7

7

atmosphärisch, aber nicht völlig geglückt

Im Laufe der letzten fast 30 Jahre haben wir etliche Höhen und Tiefen in Sachen DSA und Videospiele erlebt. Angefangen von ersten Höhenflügen (der Nordland-Trilogie), über große Rollenspiele (die beiden Drakensang-Teile) bis hin zu spannenden Point’n’Click-Adventures (Satinavs Ketten, Memoria) gab es einige Highlights, aber leider auch einige Abstürze. Umso gespannter war ich, was passiert, wenn nun der aktuelle Verlag auch die Zügel bei den Spielen übernimmt. Auch wenn Forgotten Fables: Wolves on the Westwind rein vom Titel her schon aufgrund der englischen Sprache nicht besonders nach einem Aventurien-Abenteuer klingt, merkt man dem Spiel selbst durchaus an, dass die Entwickler und vor allem Autoren das Setting genau kennen. Die Texte sind atmosphärisch und fangen vor allem in Kombination mit Optik und Musik das Setting gut ein. Und selbst das Genre Visual Novel, das sich zu Beginn wie eine seltsame Wahl für eine klassisches DSA-Saga anfühlt, macht mit seinem Solo-Abenteuer-Vibe durchaus Sinn. Alles eitel Wonne? Nein, dann doch nicht. Dafür ist die Geschichte dann doch zu kurz und dazu deutlich linearer, als die zahlreichen Möglichkeiten uns vorgaukeln würden. Zumindest eine andere Entwicklung mit der zweiten Figur wäre ein klarer Pluspunkt gewesen, um näher an die Genrekrone heranzukommen. Trotzdem: DSA- und vor allem Thorwaler-Fans dürfen durchaus zuschlagen, wenn sie kein Problem mit viel Text haben. Das wohl, bei Swafnir!

Genre: Visual Novel
Entwickler: Ulisses/Owned by Gravity
System: PC/iOS
Erscheint: 25. Mai 2022
Preis: ca. 20 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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