ArtikelFilmFilm-ReviewHighlightNews

Review: Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben (spoilerfrei!)

Wie eine gute Rollenspielrunde

Machen wir uns nichts vor: Auch wenn wir Pen&Paper-Rollenspieler unser großartiges Hobby gerne für eine wichtige Sache halten und uns (meistens) um spannende Geschichten und glaubhafte Charaktere bemühen, ist Rollenspielen zwar mittlerweile etwas mainstreamiger, aber trotzdem nicht ganz zu unrecht als geekig bekannt. Trotzdem (oder gerade deswegen?) stürzen wir uns mit Begeisterung in epische Abenteuer, studieren unsere Charakterbögen, würfeln Proben, die über das Schicksal der Welt oder zumindest das der jeweiligen Figur entscheiden, und erzählen miteinander eine mehr oder weniger gelungene Handlung, bei der auch noch fleißig improvisiert werden darf – denn oft genug ist das, was der Meister/Dungeon Master/Erzähler vorbereitet hat, dann nicht das, was die Spieler planen. Bislang gelang es Filmen nicht, diese spezielle Atmosphäre gelungen umzusetzen – entweder machte man sich einfach über die Nerds mit ihren Fantasy-Abenteuern lustig, oder man versuchte aus den Rollenspielen jenes Epos zu machen, als das es sich in unseren Köpfen oft anfühlt – mit zweifelhaften Resultaten. Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben versucht nun einen anderen Ansatz und verfilmt ein episches Abenteuer so, wie es in vielen (wenn auch nicht allen) Runden am Spieltisch gespielt werden würde – mit einer gewissen Portion Humor, Augenzwinkern und viel Liebe zur Spielwelt. Ergibt dieser Mix ein Fest für Fans?

Fantasy-Heist

Ehre unter Dieben erzählt die Geschichte des Barden Edgin (Chris Pine), der sein ehrwürdiges Leben aufgegeben hat und mit einer illustren Runde von Gefährten seinen Unterhalt als Dieb verdient. Da der Diebstahl eines mächtigen Artefakts schiefgelaufen ist, verbrachte er die letzten Jahre im Gefängnis – und kaum frei, tut er alles, seinen damaligen Fehler wieder gut zu machen und seine Tochter Kira (Chloe Coleman) zurückzubekommen. Doch dafür braucht es einen guten Plan – und neue/alte Gefährten: Die kraftvolle Barbarin Holga (Michelle Rodriguez), den gutherzigen, aber von Selbstzweifeln geplagten Magier Simon (Justice Smith) und die formwandelnde Druidin Doric (Sophia Lillis) werden nach und nach in das Abenteuer hineingezogen. Ja, die Geschichte ist weder außergewöhnlich noch sonderlich überraschend (etliche Wendungen erahnt man schon nach wenigen Minuten); dennoch ist augenscheinlich, dass die Schauspieler mit viel Spaß bei der Sache waren und es genießen, ihre Rollenspielklischees und die Heist-Handlung im Fantasy-Universum zum Leben zu erwecken. Chris Pine trägt die Geschichte mit seinem Charisma, schnellen Sprüchen und schrägen Plänen, aber bis in die Nebenrollen machen die Darsteller viel aus dem Material (kleinere Aussetzer seien verziehen) und insbesondere Ex-Bridgerton-Schönling Regé-Jean Page als Paladin Xenk lebt nicht nur Rollenspielarchetypen (und parodiert eine gewisse Art von Rollenspieler gleich mit), sondern reißt genau wie Hugh Grant als Forge seine Szenen an sich. Nachteil: Durch den Humor bleibt manchmal die Spannung auf der Strecke.

Ein Film für alle?

Die Macher von Dungeons & Dragons, allen voran die Co-Autoren und -Regisseure John Francis Daley und Jonathan Goldstein, werden nicht müde zu betonen, dass sich der Film ausdrücklich nicht nur an Pen&Paper-Rollenspieler und D&D-Kenner richtet, sondern „für alle“ gedacht ist. Diesen Ansatz kann man durchaus unterschreiben: Ja, wer schon mal an einem Rollenspieltisch gesessen hat, wird so manche Charaktere, Situationen und Spielweisen aus seinen eigenen Abenteuern erkennen; wer D&D (konkreter die Vergessenen Reiche) kennt, freut sich über das Wiedersehen mit (oder zumindest Namedropping von) berühmt/berüchtigten Orten, Kreaturen und Fraktionen; doch selbst für all jene, die noch nie in Berührung mit einem Rollenspiel gekommen sind, bleibt der Film zugänglich: Weder werden wir mit übermäßiger Exposition erschlagen noch bleiben zu viele Fragezeichen über die Konzepte hinter der Story und Welt zurück. Es gelingt den Autoren über weite Strecken eine gute Balance zu halten, bei der D&D ohne Vorwissen eine Abenteuergeschichte mit Augenzwinkern in einer gut ausformulierten Welt wird, von der man jetzt vielleicht nicht zu viel Ahnung hat, diese Tatsache aber das Vergnügen des Films nicht schmälert, sondern eher dafür sorgt, dass die Ortschaften mehr sind als nur der Schauplatz für diese eine Geschichte. Und wer mehr Vorwissen mitbringt, freut sich über zahlreiche Eastereggs.

Nicht nur Kopfkino

Rollenspieler sind es gewohnt, dass die Fantasiewelten nur im Kopf entstehen. Auf der Leinwand dürfen wir hingegen die vergessenen Reiche, die Magie und die Kreaturen in ihrer ganzen Pracht bestaunen. Visuell ist das Resultat zwar ein wenig durchwachsen (einige CG-Effekte können nicht überzeugen), dafür punkten andere Momente, die mit Kamera-Tricks und Practical Effects umgesetzt wurden. Und auch die Musik gefällt, auch wenn sie sich wohl weniger ins Gedächtnis schreiben wird als jene aus anderen Serien. Dafür sind wir jetzt schon gespannt, ob so manche Idee dieses Films demnächst in der einen oder anderen Form am Rollenspieltisch auftauchen wird – einige verrückte Vorlagen dafür gäbe es in diesem Film durchaus. Genauso übrigens wie das Potenzial für weitere Geschichten in der Welt von D&D. Wir hätten nichts dagegen einzuwenden – zumindest wenn die Qualität so beibehalten wird …

Wertung

Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben ist weder ein episches Spektakel wie Der Herr der Ringe noch so politisch und düster wie Game of Thrones – und das will es gar nicht sein. Die Macher setzen vielmehr darauf, den Spaß, den eine Rollenspielrunde beim Zocken mit oft abgedrehten Ideen, dem Reagieren auf verpatzte Proben und der Interaktion der Charaktere untereinander hat, auf die Leinwand zu bringen – und das gelingt auch, sorgt aber auch für Abstriche: Die grundlegende Handlung ist vorhersehbar, und oft genug gelingt es einfach nicht, aus einer gefährlichen Szene Spannung zu ziehen, weil dafür der Humor zu tief fliegt. Doch wenn man sich auf das, was der Film sein will, einlassen kann, gelingt es Dungeons & Dragons zu punkten: Vor allem mit seinen Schauspielern, die ihre Charaktere genussvoll überzeichnen und uns dennoch eine Verbindung zu ihnen aufbauen lassen können; mit teilweise schrägen Situationen, wie sie wohl nur an einem Rollenspieltisch entstehen können; und mit dem Spaß, den eine Partie Dungeons & Dragons (oder welche Art von Pen&Paper-Rollenspiel ihr bevorzugt) machen kann. Und jetzt entschuldigt mich – ich muss meine Party zusammenrufen. Ich habe nach diesem Film Lust auf meine eigene Bande von verrückten Charakteren in umso schrägeren Abenteuern bekommen …

Kurzinformationen
Kinostart:  30.3.2023
Filmlänge: 134 Minuten
Land, Jahr: USA, 2023
Genre: Abenteuer/Fantasy
Regie: Jonathan Goldstein, John Francis Dailey

Copyright: © 2023 Paramount Pictures

Jetzt bestellen und SHOCK2 direkt unterstützen!

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"