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Review: Wo Long: Fallen Dynasty

Sekiro trifft Nioh in Team Ninjas neuem Action-RPG

Deren großen Erfolg nachstrebend, versuchte bereits so manches Entwicklerteam From Softwares Rezept von knochenharten aber hochpräzisen Fantasy-Rollenspielen nach zu brauen. Einer der besseren Copycat-Braumeister war dabei definitiv das japanische Team Ninja, deren Ninja Gaiden-Serie ja auch bereits Jahre vor der Souls-Reihe mit ähnlichen Stärken aufwartete. Nachdem ihr Nioh-Franchise durch die Hinzugabe von Dungeon Crawler-Elementen, die potentiell leichtere Alternative zu der Souls-Reihe darstellte, wechseln die Entwickler nun in potentiell weiser Voraussicht den Gang. Anstatt wie Elden Ring auf die Open World-Schiene zu setzen, nimmt sich Team Ninjas neues Werk Wo Long: Fallen Dynasty, nämlich das nochmal extra knackige Sekiro: Shadows Die Twice zum Vorbild und stellt damit wieder die Gegenbewegung zu dem in diesem Fall vielleicht etwas zugänglicher ausgefallenen From Software-Epos dar.

Wo gehts long?

Wo Long präsentiert sich dabei vom ersten Moment an als inoffizielle Fortsetzung des Nioh-Franchise und ist selbst auf den zweiten Blick nicht direkt von dem 2021 erschienen Nioh 2 zu unterscheiden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich nicht so einiges verändert hat. Tatsächlich spielt Wo Long nämlich nicht im feudalen Japan, sondern strikt seine düstere Handlung rund um die Kriege der späten Han Dynastie Chinas.

Dynasties die Twice

Hier übernehmen Spieler die Rolle eines namenlosen Soldaten, der mittels eines magischen Amuletts dem Tod von der Schippe springt und sich anschließend diversen bekannten Helden der chinesischen Mythologie und Geschichte anschließt, um einen mysteriösen dunklen Taoisten das Handwerk zu legen. Dieser strebt nämlich danach das durch Krieg und Leid entstehende dämonische Chi zu ernten und in das ultimative Elixir zu verwandeln, welches bei der Einnahme übermenschliche, magische Kräfte verleihen soll.

Geschichte als Souls-like

Spielern wird somit wieder die Möglichkeit geboten über diverse schön gerenderte Zwischensequenzen und eine nach und nach freischaltbare Enzyklopädie, tief in die Geschichte und Mythen dieser Epoche einzutauchen. Wen dies nicht interessiert, der bekommt einfach eine netten Rahmenhandlung geliefert, um sich in magisch verstärkte Zweikämpfe mit dämonischen Tigern, Drachen und legendären Kriegsfürsten wie dem fliegenden General Lü Bu zu stürzen.

Counter or Die

Im Gameplay unterscheidet sich Wo Long dabei insofern deutlich von seinen geistigen Vorgängern, dass das Wechseln zwischen verschiedenen Kampfstilen restlos gestrichen und stattdessen ein starker Fokus auf das Wechsel-Spiel aus Konter-Angriffen und dem Brechen des gegnerischen Stands gelegt wurde. Das System ist dabei deutlich von Sekiros rhythmischen Nahkämpfen inspiriert und so gibt es zwar sowohl die Möglichkeit Angriffe Abzuwehren also auch diesen Auszuweichen, beides ist allerdings selten sinnvoll und wird häufig eher bestraft. Wer sich entsprechend nicht auf das dynamische Kontern von Angriffen im letzten Moment einlässt, wird wohl spätestens bei dem ersten Boss-Gegner an eine unüberwindbare Grenze stoßen.

Loot tut trotzdem gut

Manche charakteristischen Teile des Nioh-Franchise haben es aber dennoch ins Spiel geschafft. So wird die Selbstverwirklichung des eigenen Charakters auch in Wo Long wieder großgeschrieben und es werden einem stets hunderte Belohnungen in Form von vielfältigen Ausrüstungsgegenständen zugespielt. Diese kommen jeweils mit Kombinationen von Dutzenden verschiedenen Effekten und Spezialangriffen daher und können sowohl visuell als auch durch ihre Boni ganz auf den eigenen Spielstil angepasst werden.

Ich bin super Stark in Erde!

Ein Level-Up darf diesmal anstatt in Stärke oder Geschicklichkeit, in jeweils unterschiedliche Elemente wie Erde, Wasser oder Metall investiert werden. Diese ermöglichen dann nicht nur das Wirken von immer stärkerer Elementar-Magie, sondern erhöhen auch Werte wie das maximal tragbare Gewicht und geben jeweils nur manchen der 13 Nahkampf-Waffentypen bzw. derer Dutzenden Variationen einen Schadensbonus. Ab einem gewissen Spielfortschritt können die vergebenen Punkte jedoch jederzeit umverteilt werden.

Finish him!

Da es in Wo Long weder eine Ausdauer noch eine Mana-Leiste gibt, werden sämtliche Aktionen mit Geistes-Energie ausgeführt, die jeweils in einen positiven als auch einen negativen Bereich ausschlagen kann. Verwendete Magie, Ausdauer-Rollen oder eingesteckter Schaden bringen die Leiste ins negative, während gelandete Treffer und Konter diese ins positive und die gegnerische ins Negative befördern. Wird ein gewisser Wert unterschritten, tritt entweder bei einem selber oder beim Gegner ein Betäubungszustand ein, der einen jeweils für besonders Starke Spezial-Angriffe offen lässt.

Feuer, Stein, Papier!

Die wirkbare Magie ist dabei tendenziell eher minimalistisch gehalten, weiß aber massive Wirkung gegen die jeweiligen elementaren Schwächen von Gegnern zu zeigen und kann unterlegene Magie sogar in der Luft auslöschen. Die tödlichen Flammenwellen eines Feuermagiers lassen sich so durch die eigenen Wasserzauber vernichten, bevor sie einen überhaupt erreichen. Da die meisten Zauber einen relativ starken Einschlag auf die eigene Geistes-Energie haben, ist Magie in Wo Long aber dennoch mehr als zusätzliches Werkzeug zu verstehen und am effektivsten als elementarer Schadensbonus eingesetzt. Außerdem gibt es dann noch im Spielverlauf freispielbare, mythische Geistertiere, die jeweils kurzfristig einen mächtigen Bonus geben oder sogar für kurze Zeit mit einem zusammen Kämpfen können.

Ich hab noch keine Lust zu zaubern

Zusätzlich zu dem Charakterlevel, gibt es in den jeweils separierten Arealen ein sogenanntes Moral-Level. Dieses startet meistens bei Null und definiert im Verhältnis zum Moral-Level der Gegner, wieviel Schaden beide Parteien bei einem Treffer erleiden. Zusätzlich ist stärkere Magie wie das Verzaubern der eigenen Waffe mit Elementar-Effekten oft an ein gewisses Moral-Level gebunden, wodurch auf diese nicht immer sofort zu Missions-Beginn zugegriffen werden kann.

So ein Tod ist schon ziemlich demoralisierend

Um das Moral-Level in der jeweiligen Mission zu erhöhen, können entweder Gegner besiegt als auch teils sehr gut versteckte Flaggenpfosten gefunden und eigenommen werden. Im Falle eines Ablebens erhöht sich der Moral-Level des Gegners, während der eigene auf ein gewisses Minimal-Level hinuntergesetzt wird. Dieser wird durch die Anzahl der gefundenen Flaggenpfosten definiert. Gelingt es einem nun ohne noch ein weiteres Mal zu sterben, Rache an besagtem Gegner zu üben, kann die verlorene Moral aber wiedererlangt werden.

Ich bin endlich motiviert genug, dich zu töten

Das System bringt eine frische und interessante Dynamik mit sich, da sich der typische Spielverlauf in dem Gegner zuerst brandgefährlich und später kein größeres Problem mehr sind, dadurch mit jeder Mission wiederholt. Das fühlt sich überraschend befriedigend an, da die Gegner die einem noch vor Minuten die Hölle heiß gemacht haben, plötzlich wie die Fliegen fallen, während der große Drache, der zu Beginn der Mission noch wie eine Naturkatastrophe gewirkt hat, nun ein besiegbarer Gegner wird. Alle Flaggenpfosten zu finden motiviert außerdem, fast sogar mehr als die zusätzliche Beute, jeden Winkel der vielfältigen Levels zu erforschen.

Gemeinsam stirbt sichs schöner

Im Gegensatz zur Vorlage Sekiro müssen die gnadenlos harten Missionen von Wo Long außerdem nicht alleine bewältigt werden. So werden einem in jedem Areal ein bis zwei KI-Kumpanen an die Seite gestellt, die auf Wunsch jederzeit durch echte Spieler ersetz werden können. Im Koop mit Fremden oder Freunden wird dabei auch der Story-Fortschritt geteilt und gefallene Mitstreiter können für eine kurze Zeit Wiederbelebt werden. Durch die rasanten und weitreichenden Angriffe der Gegner, die gerne mal unverhofft ihren Fokus auf einen beliebigen anderen Spieler wechseln, bleibt der Schwierigkeitsgrad aber dennoch überaus knackig und ohne gut gesetzte Konter aller Beteiligten wird einem ein Boss kaum erliegen.

Nicht Alptraum genug

Visuell beeindruckt Wo Long zumindest wieder mit seinem fulminant guten Charakter-Editor und kann durchaus auch mit dem ein oder anderen netten Monsterdesign und zumindest soliden magischen Effekten punkten. Im Gesamten betrachtet kann der Titel aber optisch genauso wenig wie seine beiden Vorgänger mit den liebevoll komponierten Arealen und alptraumhaften Fantasie-Wesen diverser From Software-Titel mithalten.

Fazit:

Wertung: - 9

9

Besser gut kopiert

Team Ninja liefert auch mit Wo Long wieder eine solide Alternative zum aktuellen From Software-Titel ab. Statt massen-tauglicher Open World wird der Fokus aber auf noch gnadenlosere Konter-Kämpfe ála Sekiro gelegt. Das Resultat präsentiert sich erneut durchwegs solide, auch wenn weiterhin weder das Gegner- noch das Umgebungs-Design wirklich in der selben Liga wie die große Vorlage spielen. Der Fokus auf die chinesische Mythologie, sowie frische Ideen wie das neue Moral-System machen aber Spaß und in Sachen Charaktergestaltung kann auch Wo Long neben Hausmarke-Nioh wohl kein Konkurrent das Wasser reichen. Genre-Fans dürfen also durchaus den Seiten-Sprung riskieren, während Neulinge aufgrund des stark erhöhten Schwierigkeitsgrades wohl eher einen Bogen um den Titel machen sollten.

Genre: Action Rollenspiel
Entwickler: Koei Tecmo/ Team Ninja
System: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series S/X
Erscheint:  3. März 2023
Preis: ca. 70€ (gratis im Xbox Gamepass)

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