Review: Two Point Museum
Spitäler, Vergnügungsparks, Flughäfen, Bordelle, was durften wir nicht schon alles bauen und managen? Museen vielleicht? Ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung, denn wenn man nach Aufbauspiel und Museum googelt, dann stößt man aktuell nur auf Two Point Museum, dem neuen Titel der Two Point Studios, die uns schon Spitäler und sogar Uni-Campus aufbauen (hier findet Ihr das Shock2-Review) ließen.
Einführung in die Museumspädagogik
Aber was braucht ein gutes Museum alles? Am wichtigsten sind wohl interessante Schaustücke, die auch gut präsentiert werden, und fachkundiges Personal, das zu den präsentierten Themen Auskunft geben kann. Ein kleiner Souvenirshop schadet auch nicht, ein bisschen Gastronomie wäre auch fein, einige Toiletten sollten auch nicht fehlen. Wichtig, aber für die Besucher*innen oft nicht einsehbar, sind auch die Räumlichkeiten für das Personal sowie Einrichtungen für die wissenschaftliche Arbeit, sofern es sich um ein seriöses Museum handelt. Und genau das und mehr muss in Two Point Museum gebaut und verwaltet werden, was für sich genommen vielleicht etwas trocken klingen mag, im Spiel aber sehr frisch und auf Two Point Art umgesetzt ist.
…Kurator sein dagegen sehr!
In Two Point Museum stehen euch mit der Kampagne und der Sandbox zwei Spielmodi zur Verfügung, wobei zweiterer sich selbst erklärt und erster als riesengroßes Tutorial für die Sandbox dient, in dem wirklich jeder Aspekt des Spiels ausführtlichst erklärt und angewandt wird.
Insgesamt stehen dabei Museen mit fünf Ausrichtungen zur Verfügung, wobei man mit der Urzeit beginnt, dann in die Wasserwelt eingeführt wird, sich anschließend der Wissenschaft im allgemeinen und dem Übersinnlichen im Speziellen widmet, um am Ende auch noch Exponate aus dem Weltall auszustellen. Die Themen können dabei sogar kombiniert werden, was aber mit einem nicht unerheblichen Aufwand einhergeht.
Der Spielablauf ist dabei immer recht ähnlich, wird dabei aber (meist) nicht langweilig. Zu Beginn gilt es einen Eingangsbereich zu gestalten, in dem Tickets verkauft werden, die ersten Ausstellungsstücke werden platziert, die dann am besten auch vielfältig zu dekorieren sind, um deren Begeisterungswert zu steigern. Und schon können sich die ersten Besucher*innen an eurem Museum erfreuen. Jetzt geht es aber erst so richtig los.
Die Exponate gibt es nämlich nicht einfach beim Händler eures Vertrauens zu kaufen, sondern müssen auf Expeditionen gefunden werden. Dazu gibt es auf fünf Maps dutzende Orte, an denen verschiedene Herausforderungen auf euch und eure Experten warten. Dabei wird immer bestimmtes Personal mit verschiedenen Fähigkeiten benötigt, wobei man zwar immer etwas findet, Mitarbeiter*innen aber im Besten Fall nach einer Expedition nur müde sind, im schlimmsten Fall aber verloren gehen oder sich zumindest verletzten, krank oder gar verflucht werden. Letzteres benötigt man sogar um einen bestimmten Ort in der Unterwelt zu erreichen.
Expeditionen führen uns um die ganze Welt
Die Spielmechanik an sich macht schon Spaß und fühlt sich auch stimmig an, es ist jedes Mal eine große Freude zu sehen, was die Experten dieses mal mitgebracht haben, jedoch hat das ganze einen kleinen Hacken. Die Exponate verfügen über verschieden gute Qualitätsstufen, wobei sie trotzdem immer gleich aussehen. Um so manche Aufgabe in der Kampagne zu lösen, benötigt man jedoch ein besonders gutes Exponat, was dazu führen kann, dass man ein und die selbe Expedition teilweise sehr oft durchführen muss, was etwas eintönig werden kann. Praktisch ist dabei, dass man überzählige Exponate im Analysezimmer erforschen kann, was wiederum neue Dekorationen freischaltet.
Wissen ist Macht
Innerhalb der fünf Wissensgebiete finden sich dann natürlich auch eine Vielzahl an verschiedenen Dingen. Gibt es im Bereich der Urzeit natürlich Dinoskelette und Fossilien, finden sich auch urzeitliche Pflanzen. Diese benötigen wiederum besonders feuchte Luft, manchmal warmes, dann wiederum kaltes Klima, was auch durch Gerätschaften innerhalb des Museums bedacht werden muss. Außerdem müssen sie regelmäßig von Experten gegossen werden.
In der Unterwasswelt gibt es neben den herkömmlichen Exponaten auch Fische, die klarerweise in Aquarien präsentiert werden müssen. Und natürlich muss man auch hier auf viele Details achten: Brauchen die Viecher warmes oder kaltes Wasser, welches Futter benötigen sie und könnte es eventuell sein, dass größere Fische sich auf kleinere stürzen?
Und im Museum der Unterwelt werden dann kurioserweise Geister ausgestellt, die aber dazu neigen auszubrechen und die Besucher zu verschrecken. Und so haben diese ganz spezielle Anforderungen an ihre letzte Ruhestätte, manche wollen allein sein, andere stehen auf ein spezielles Interieur und wieder andere benötigen Musik, eine Feuerstelle oder gar die gesamte verstorbene Familie um sich.
Innendesign leicht gemacht
Ebenso umfangreich ist dabei das Sortiment an Dekorationen, verschiedenen Böden und Tapeten, Wände können frei platziert werden, Schönbauer*innen finden hier jede Menge um sich auszutoben. Das Bauen an sich funktioniert dabei super easy und flott. Es gilt zwar einige prinzipiell Dinge zu bedenken, die Besucher*innen verlangen z.B. Infotafeln zu den Schaustücken, aber sonst hat man freie Hand. Und möchte man nicht schön, sondern vor allem effizient bauen ist das auch kein Problem. Meine ersten Museen sahen alle ziemlich zusammengewürfelt aus, da ich ja noch nicht alle Funktionen kannte. Und möchte man seinen Gästen noch mehr bieten, kann man in der Werkstatt auch interaktive Attraktionen bauen, die dann jeweils andere Gäste ansprechen. In Two Point Museum gibt es Kinder, Professoren, Goths und viele mehr, die alle ganz besonders versorgt werden wollen.
Im Laufe des Spiels benötigen die Mitarbeiter*innen, es gibt Experten, Hausmeister (ja, alle männlich), Assistent*innen und Sicherheitskräfte, die sich im Pausenraum für Mitarbeiter*innen erholen und im Ausbildungszimmer weiterbilden können, was vor allem für Expeditionen notwendig ist aber auch für Motivation am Arbeitsplatz sorgt. Denn sind eure Leute einmal unzufrieden, kündigen diese schon mal und ihr steht ohne Personal da.
Eine besondere Rolle haben dieses mal die Sicherheitskräfte bekommen, die nicht nur das Geld aus den Spendenbehältern einsammeln, die ihr großzügig bauen solltet, sondern auch klarerweise für Sicherheit sorgen. Den neben Vandalen lockt so ein Museum auch schon mal Diebesbanden an, die es natürlich aufzuhalten gilt. Mithilfe von Überwachungskameras, gekoppelt an einen entsprechenden Überwachungsraum, habt ihr so das Museum stets im Auge. Denn klarerweise können Exponate auch gestohlen werden, was natürlich sehr bitter ist, vor allem wenn ihr lange danach gesucht habt.
Keine Bildung ohne Kohle
Wichtig für die Museumskassa sind neben den Spenden und Eintritten natürlich auch Einnahmen durch Souvenirläden oder Restaurants, wobei ihr auch hier verschiedene Dinge verkaufen könnt. Die Bandbreite an Anpassungsmöglichkeiten ist enorm. Und habt ihr immer noch Geldsorgen, was in Two Point Museum fast schon ein Kunststück ist, könnt ihr entweder Kredite aufnehmen oder gar gesponserte Exponate ausstellen, Werbetafeln anbringen oder Produkte verschiedener Marken im Shop verkaufen. Das kann jedoch wiederum die Begeisterung der Besucher*innen schmälern, da diese es gar nicht mögen mit zu viel Zeug zugemüllt zu werden.
Dabei habt ihr eure Geschäftszahlen dank der übersichtlichen Grafiken stets gut im Blick. Zusätzlich dürfen die Preise für alle Produkte nachjustiert werden, wobei auch das bei mir nie notwendig war. Selbst schnell zusammengepfuschte Museen waren stets sehr rentabel und ich wusste nie wohin mit meinem Geld. Auch wenn zig Hausmeister gegen den ständig präsenten Müll eine Menge Geld kosten, es blieb (meist) mehr als genug übrig.
Ach ja, der Müll, muss es wirklich sein, dass das die einzige große Herausforderung ist? Das beklage ich mittlerweile bei fast jedem Aufbauspiel, egal von wem und egal in welcher Branche angesiedelt. So viele Mistkübel kann ich gar nicht bauen, dass die Leute selbst ein Museum nicht einsauen.
Mir fallen keine Überschriften mehr ein
In der Kampagne selbst gilt es zwischen den fünf Museen auch einige Pop-Up Ausstellungen zu betreuen. So kann zum Beispiel einmal ein Museum nur durch gezielte Werbung mit Hilfe des Marketingbüros zum Erfolg geführt werden. Ein anderes Museum hat dagegen massive Probleme mit Verbrechern, wobei ihr nur die Sicherheitssituation koordinieren und besonders viele Diebe aufhalten müsst. Das sind meist ganz gute Fingerübungen für die Museen, die ganz witzig sind und auch nicht allzu lange dauern.
Das Aufbauen der Museen und Pop-Up Ausstellungen macht sehr viel Spaß, das Management der Mitarbeiter*innen geht leicht von der Hand, aber vor eine richtige Herausforderung wurde ich nie gestellt. So manche Aufgabe, die erfüllt werden muss um Sterne für seine Museen zu sammeln, sind zu Beginn vielleicht ein wenig verwirrend und es ist nicht gleich klar an welchen Schrauben gedreht werden muss, jedoch lässt sich das meist schnell herausfinden. Die Challenge ist somit eher sich ein Museum zu bauen, das einem selbst gefällt, das funktioniert und den Leuten gefällt, als wirklich das Spiel „durchzuspielen“, das ist nämlich absolut kein Problem.
Präsentation, Charme und kleine Autschis
Grafisch hält sich Two Point Museum an seine Vorgänger, es wuselt wie in einem Ameisenbau und die Menschen, Exponate sowie alles drumherum sieht einfach knuffig aus. Auf der PS5 Pro lief alles stets flüssig, egal wie viele Besucher*innen im Museum waren.
Gut getroffen ist auch wieder der typische Two Point Humor, der manchmal sehr lustig, oftmals ziemlich bissig, hie und da aber auch schon nervig gemein ist. Nicht nur einmal erfuhr ich von der Sprecherin, dass mein Museum fad sei, obwohl alle Besucher*innen glücklich waren, mein Konto überquoll und sogar die Mitarbeiter*innen gerne ihrer Arbeit nachgingen. Etwas freundliches hörte ich leider nie. Selbst mir, als ewigem Pessimisten, war das irgendwann zu negativ.
Technisch lief eigentlich alles sehr rund, bis auf einen kompletten Absturz und einem ab und zu wiederkehrendem Bug blieb ich von Problemen verschont. Der Bug trieb mich zwar dann komplett in den Wahnsinn, weil man nicht mehr ins Baumenü wechseln konnte, ohne vorher auf die Expeditionskarte zu wechseln, wobei der Fehler nach einem Update viel seltener vorkam und nach einem Neustart meist verschwunden war.
Pros and Cons
+ Aufbau geht leicht und flott von der Hand
+ der bekannte Two Point Humor zieht meistens
+ trotz enormen Gewusel immer volle Übersicht
+ Schönbauer können sich voll austoben
+ viel zu entdecken und auszustellen
+ TOP Preis/Leistungsverhältnis
– viel zu leicht
– Expeditionen liefern oft willkürliche Ergebnisse, kann nerven
– Besucher müllen immer noch alles zu, trotz zig Mistkübel
Fazit
Wertung - 8
8
Mir bleibt eigentlich wenig zu sagen, außer das Two Point Museum ein ganz wunderbares und humoriges Aufbauspiel ist, und das wahrscheinlich mit dem besten Preis/Leistungsverhältnis aller Zeiten. Für gerade mal 30 Euro bekommt ihr massenhaft Content, fünf tolle Museumstypen die auch kombiniert werden können und eine 15-20h lange Kampagne, die dann natürlich in den Sandbox-Modus mündet. Ebenso darf man wahrscheinlich mit weiterem Content rechnen, auch Two Point Campus und Hospital bekamen noch tolle Inhalte spendiert. Die kleinen Macken muss man dem Spiel einfach verzeihen, denn in Summe bietet das Gesamtpaket jede Menge leicht zugänglichen Spaß.
Entwickler: SEGA, Two Point Studios
System: PS5, Xbox Series X/S, PC, MacOS
getestet auf: PlayStation 5 Pro
Erscheint: 04.03.2025 (EA seit 27.02.2025)
Preis: ab 30 Euro