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Review: Torchlight 3

Solide Action-RPG-Kost - nicht mehr, nicht weniger

Spiele, die sich verzögern, oft umgearbeitet werden und am Ende ohne viel Rummel erscheinen, haben eines gemeinsam: sie sind meist nicht der Überkracher. So auch Torchlight III, das trotz alledem seine Fans finden wird.

Long and winding road

Der Vorgänger ist bereits 8 Jahre alt und eigentlich hätte Torchlight III sicher früher auf dem nicht geringen Erfolg der ersten beiden Teile aufbauen sollen. Zu ehrgeizige Pläne, das Spiel hätte ein MMO mit dem Untertitel Frontiers werden sollen, haben den Release jedoch verzögert. Nach diversen Umbauten und der Reduktion auf ein sehr bekanntes Action-RPG Gerüst, kam das Spiel im Juni als Early Access auf den Markt. Nach unzähligen schlechten Bewertungen, nahmen sich die Entwickler bis 13. Oktober Zeit (Switch bis 22. Oktober), um das Spiel jetzt der breiten Masse vorzustellen.

Wer die Vorgänger bzw. die Diablo-Serie kennt, weiß, was ihn/sie erwartet. Vier Klassen (Sharpshooter, Dusk Mage, Forged, Railmaster) decken einigermaßen das erwartete Spektrum an Helden ab und lassen sich zudem optisch ein wenig individualisieren (Haarfarbe, Geschlecht, usw.). Danach wählt ihr noch eines von fünf Relikten, das euren Skill-Pfad für das rund 12 Stunden dauernde Spiel schwerpunktmäßig festlegt. Damit verknüpft sind etliche passive und aktive Skills, die ihr im Laufe des Spiels erlernt. Nicht ganz glücklich gelöst, schließlich wüsste man zu einem späteren Zeitpunkt besser, wie man gerne spielen möchte. So muss man sich früh entscheiden und notfalls neu starten, wenn man mit den gegebenen Vorgaben/Skills nicht leben kann.

Danach gilt es noch ein Haustier zu wählen (Hund, Eule, Alpaka), die euch ebenfalls im Laufe des Spiels aktive und passive Skills einbringen. Was das Alpaka genau macht wusste ich zum Start nicht so recht, aber ich musste es nehmen – es ist ein Alpaka!

All you need is loot

Nach der Wahl eines von fünf Schwierigkeitsgraden geht es dann endlich los. Schnell sind wir im “Diablo/Torchlight”-Gameplay. Erste Monster stürzen auf uns ein und wir erledigen sie mit zwei Standard-Attacken. Das Alpaka kann offenbar kämpfen und deckt unsere Helden-Wahl, den Magier, heroisch mit seinem wuscheligen Körper. Wir sammeln Loot und bekommen unseren ersten Skillpunkt mit einem Level-Up geschenkt.

Im Menü wird es unübersichtlich. Wie man zwischen den Reitern/Tabs umschaltet, steht nicht. Man muss rumprobieren. Offenbar noch ein Relikt der PC-Version. Wir können in einen von drei Talentbäumen investieren. Neben dem Lernen von neuen Fähigkeiten, können wir bereits bekannte Skills stärker machen. Das Inventory wächst ebenfalls. Während graue Gegenstände zerstört werden, legt man neues Equipment an oder verkauft es in der nächsten Stadt, wo man später auch Verbesserungen für einzelne Items erstehen kann.

In den vielen Kämpfen, die jetzt auf uns warten, droppen schon bald die ersten violetten und orangen Gegenstände und man kommt in diesen berühmten Flow, den das Genre so auszeichnet. Zunächst sind weder die Umgebungen noch die Gegner besonders kreativ gestaltet. Erst im letzten der drei Abschnitte, wenn ihr auch schon ein größeres Portfolio an Fähigkeiten einsetzt, zieht die Motivation aufgrund eines runderen Erlebnisses an. Während Standardgegner erst in großen Scharen Probleme machen, sind es speziell die (Zwischen-)Bosskämpfe, die euch fordern – von denen es nur leider zu wenige gibt.

Im Endgame wartet dann Fazeer’s Dun’djinn, in Form von mehreren Challenges, die es zu meistern gilt und aufgrund des höheren Schwierigkeitsgrades auch eingespielte Partys fordern.

Come together

Wie im Genre üblich, könnt ihr das Spiel nicht nur alleine bestreiten, sondern auch zusammen mit bis zu drei Freunden. Achtung: Charaktere werden für ein Online- oder ein Offline-Game angelegt. Es kann nicht zwischen den Modi “gesprungen” werden. Witzig, denn im Offline-Game habt ihr nicht einmal den Vorteil, das Spiel pausieren zu können. Wollt ihr nur mal schnell die neue Waffe anlegen, können euch jederzeit Gegner attackieren. Warum ist das so, liebe Entwickler? Auch ein Offline-Multiplayer-Modus fehlt.

Richtig Spaß macht das Spiel erfahrungsgemäß als Gruppe, denn da machen dann auch die zahlreichen Buffs weit mehr Sinn und überhaupt ist das Genre ja mehr oder weniger für das Spiel mit Freunden gemacht. Da verzeiht man auch die dem Spielprinzip geschuldeten Eintönigkeit, die sich irgendwann einschleicht, wenn man seine Skills einmal richtig verteilt hat und schon primär auf “Autopilot” die Gegnermassen erledigt.

Something

Was die Inszenierung betrifft ist das Spiel absolute Geschmackssache. Der Stil ist, wie aus der Serie bekannt, eher bunt und Comic-haft. Der Sound unaufgeregt, aber mit netten Sprach-Samples angereichert.

Als Schlusspunkt sei noch das “Fort” erwähnt. Dieses könnt ihr euch mit gesammelten Ressourcen nach euren Wünschen gestalten und im späteren Verlauf sogar mit Schreinen versehen, die euch Buffs wie etwa erhöhte Widerstandswerte ermöglichen. Ihr könnt Forts von befreundeten Spielern besuchen und den Schreinen Ressourcen spenden. Dafür gibt es kurze Buffs, etwa erhöhtes Glück beim Finden von magischen Gegenständen. Nette Idee, aber aufgrund der limitierten Möglichkeiten ein Beispiel mehr, wie viel Potenzial im Spiel verschenkt wird.

Fazit

Wertung - 6.5

6.5

Torchlight III hat wohl viel mit Erwartungshaltung zu tun. Geht ihr mit der Prämisse in den Kampf, dass ihr etwas Neues erleben wollt, dann ist Enttäuschung vorprogrammiert. Zu sehr merkt man neben dem sehr klassischen Gameplay, dass auf dem langen Entwicklungsweg Kompromisse eingegangen wurden - sei es bei der Charakterentwicklung, aber auch beim Level-Design. Wenn ihr die alte Diablo-Formel noch nicht satt habt und eine comic-hafte Inszenierung euch mehr anspricht als abstößt, dann werdet ihr mit dem Spiel in jedem Fall Spaß haben. Speziell zusammen mit Freunden.

Genre: Action-RPG
Entwickler: Echtra Games
System: PS4, Xbox One, Nintendo Switch, Windows PC
Erscheint: erhältlich / Switch: 22. Oktober 2020
Preis: ca. 40 Euro

Alexander Amon

Alexander Amon war jahrelang Chefredakteur beim Gaming-Magazin consol.AT, ist noch immer leidenschaftlicher Gamer und außerdem Ressortleiter bei Red Bull Games. Neben dieser Kolumne ist er hier auf SHOCK2 auch regelmäßig als einer der beiden Gameminds im gleichnamigen Podcast zu hören.
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