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Review: The Surge

Das Studio Deck13 in Frankfurt versucht seit jeher, Genres einen neuen Twist zu verleihen. Während ihr Erstlingswerk Ankh eine interessante Herangehensweise an ein 3D Point-and-Click-Adventure bot, versuchte Venetica die Fable-Formel mit Elementen aus A Link to the Past zu kombinieren. Lords of the Fallen war Deck13 eigener Versuch, die Dark Souls-Formel umzusetzen, wurde aber von vielen als eine zu seichte Verwässerung der Materie aufgefasst. Mit The Surge versucht Deck13 nun ein weiteres Mal, an den Erfolg von From Softwares Kultserie anzuschließen und stellt sich dabei dank eigenem Sci-Fi-Setting und gut durchdachten neuen Mechaniken deutlich geschickter an.

Unser Gründer Steve Sundar Musk
Ihr schlüpft in die Haut des (nicht selbst erstellbaren) Warren, der gerade bei CREO – einem gigantischen Unternehmen mit dem augenscheinlichen Ziel die Ozonschicht zu retten – anheuert. Creo präsentiert sich dabei ähnlich wie die realen Silicon Valley-Äquivalente Google oder Apple und baut von den ersten Minuten einen Personenkult rund um den Gründer Jonah Guttenberg auf, der zumindest anfänglich viele an Elon Musk erinnern dürfte.

Ein mieser erster Arbeitstag
Schon an eurem ersten Arbeitstag in einem der gigantischen Fabrikkomplexe des Unternehmens wirkt alles etwas komisch und spätestens als ihr gänzlich ohne Narkose einen Exo-Anzug an euren Körper geschraubt und mit eurem Gehirn verbunden bekommt, steht fest: Hier geht etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen zu. Als ihr aufwacht ist die Fabrik in absolutes Chaos versunken. Maschinen handeln nach eigenem Ermessen und die meisten Angestellten sind dem Wahnsinn verfallen und stürzen sich, von ihren Exo-Anzügen verstärkt, mit schweren Gerätschaften auf euch, sobald ihr nur in ihre Nähe kommt.

Industrie 3.0
Der Creo-Komplex selbst teilt sich in mehrere erforschbare und überraschend abwechslungsreiche Gebiete. Durch diese werdet ihr von einem Hologramm und den wenigen, nicht dem Wahn verfallenen Angestellten immer tiefer in das Innere der Fabrik geleitet und deckt dabei durch Audio-Logs und die Umgebung selbst langsam aber stetig auf, wie es zu der augenscheinlichen Katastrophe kommen konnte. Die Gebiete sind dabei ähnlich der Dark Souls-Serie verschachtelt aufgebaut, geben aufmerksamen Spielern eine Vielzahl an Geheimnissen preis und ziehen ihr Sci-Fi-Industrie-Setting mit lobenswerter Konsistenz durch sämtliche Räume.

Tanzen bis die Fetzen fliegen
Für das Gameplay dient ähnlich wie bei Lords of the Fallen die Souls-Reihe als großes Vorbild. So geht es auch in The Surge um rasante Nahkämpfe mit schnellen Ausweichmanövern, gut getimte Attacken und gnadenlosen Strafen für Versagen oder Selbstüberschätzung. Die Umsetzung gelingt diesmal jedoch deutlich besser und Kämpfe gestalten sich präzise und adrenalingeladen, präsentieren sich geradezu choreographisch und fühlen sich wuchtig und gehaltvoll an. Ein sehr netter und vor allem innovativer Touch entsteht außerdem aus der Möglichkeit, gezielt Körperteile eures Gegenübers anvisieren zu können und so beispielsweise mit konzentrierten vertikalen Schwüngen den ungeschützten linken Arm eures Gegners zu malträtieren. Viel wichtiger ist dieses System jedoch für die ausführbaren Finishing-Moves. Mit diesen könnt ihr euren Gegnern auf äußerst brutale, aber filmisch inszenierte Art und Weise vorher gezielt geschwächte Körperteile mitsamt den dazu angeschraubten Rüstungen und Waffen „abnehmen“ und so Baupläne und Teile zur Herstellung selbiger erhalten. Das bringt eine gehörige Portion an Taktik und Spannung in die ohnehin schweißtreibenden Kämpfe und motiviert oft dazu, sich selbst sogar bei besonders schwierigen Gegnern noch ein Handicap zu geben, da gerade diese meist auch die besten Rüstungen und Waffen tragen.

Nicht mein schöner Schrott!
Außerdem erhaltet ihr für gelungene Finishing-Moves auch mehr Schrottteile, die ähnlich den Seelen in Dark Souls für Updates ausgegeben werden können. Statt eines Leuchtfeuers gibt es in The Surge die sogenannten MedBays in denen ihr gänzlich geheilt werdet, während nahezu sämtliche Gegner in dem Gebiet wieder auferstehen. Angenehmerweise könnt ihr hier sogar nicht verwendete Schrottteile zwischenlagern. Oft gibt es nämlich nur einen dieser gesicherten Räume pro Areal und wer auf dem Weg dorthin das zeitliche segnet, darf anschließend sogar unter Zeitdruck zur Stelle seines Ablebens zurückkehren, um die verlorenen Schrottteile wieder aufzusammeln oder sie für immer zu verlieren.

Schrott –> ? –> Energie
Anstatt aber einfach auf Werte wie Geschicklichkeit und Stärke zu setzen, investiert ihr den besagten Schrott in Upgrades eures Energiekerns. Sämtliche Rüstungen und statverändernden Implantate sowie die mitgeführten Heilinjektionen verlangen jeweils einen bestimmte Menge an Energie, die zusammenaddiert nicht höher sein darf, als der Level eures Kerns. Dieses System erlaubt es euch faktisch bei jedem MedBay-Besuch euren Charakter neu umzuskillen, was wiederum zum Experimentieren mit den unterschiedlichen Waffentypen einlädt und zu deutlich mehr Dynamik führt, als es in der Souls-Reihe der Fall ist.

Dieser riesige Roboter ist langweilig!
Während sich Charaktere, Ausrüstungsgegenstände und Szenerien auch grafisch mit hübschen Lichteffekten und gutem Design präsentieren, schwächelt der Titel leider bei einer der größten Stärken seiner Vorlage: Den Bosskämpfen. Diese gestalten sich meistens relativ uninspiriert und präsentieren sich meist als riesige, durchgedrehte Maschinen. Zwar wurde das Fehlen der Möglichkeit, spezifische Teile dieser Gegner abschneiden zu können, durch sogenannte Hardcore-Kills ersetzt, bei denen der Spieler meistens nicht mehr auf die naheliegendste Taktik zum Erledigen des Bosses zurückgreifen darf und dafür besseren Loot erhält, dieses Substitut fühlt sich jedoch deutlich weniger natürlich an und oft ist selbst für besagte Hardcore-Kills die beste Taktik schnell gefunden. Daher äußern sich viele der Kämpfe gegen die „normalen“ Gegner der Areale taktisch deutlich anspruchsvoller als die nur etwa fünf Bosskämpfe des Titels.

WHERE IS MY WAPONS?!?
Hinzu kommt, dass sich die fünf im Spiel verfügbaren Waffentypen zwar durch gänzlich differente Attacken und Finishing-Moves unterscheiden, zwischen den einzelnen Waffen eines Typs aber -von Optik und Werten abgesehen – kaum Unterschiede merkbar sind und mit nur etwa 35 verschiedenen (im Vergleich zu den über 100 im ersten Dark Souls) auch nicht sonderlich viel Abwechslung geboten wird. Da sich die Waffen auch lediglich auf eine Art und Weise und in vier Stufen upgraden lassen, gibt es so letztendlich pro Waffentyp und Gebiet genau eine Waffe, die gerade die naheliegende Wahl darstellt. Zumindest wurden die vorhandenen aber jeweils sehr liebevoll designt und übertrumpfen sich im voranschreitenden Spielverlauf auch äußerlich. Außerdem werden euch im Verlauf des Spiels noch insgesamt sechs verschiedene Drohnen zur Verfügung gestellt, die für jeweils eine Attacke heraufbeschworen und taktisch überraschend sinnvoll eingesetzt werden können. Durch ihre jeweilige Beschränkung auf nur eine Aktion und fehlende Upgrademöglichkeiten schaffen es jedoch leider auch diese nicht, den fehlenden Tiefgang in diesem Bereich auszugleichen.

Review Overview

Wertung: - 7.5

7.5

Industrie-Souls

Mit The Surge ist es Deck 13 beinahe gelungen, an die große Vorlage Dark Souls heranzureichen. Das Kampfsystem ist innovativ, gut durchdacht und befriedigend, das Setting präsentiert sich frisch und unverbraucht, die Story weiß zu motivieren und wirft viele Fragen auf, die teils nur für besonders aufmerksame Spieler und durch die Areale selbst aufgeklärt werden. Die „abgekupferten“ Elemente wurden zumindest gut in das Szenario implementiert und die Änderungen passen nahezu an allen Ecken. Leider trüben die enttäuschenden Bosskämpfe und die abwechslungsarmen Waffen mitsamt deren deutlich seichteren Upgradesystem ein wenig das Gesamtbild. Dennoch bleibt The Surge ein spaßiger Souls-Klon und ein reizvoller Lückenfüller für Fans, die auf den nächsten From Software-Titel warten oder vielleicht einmal ein Souls-like in anderem Setting probieren möchten.

Genre: Action-Rollenspiel
Entwickler: Deck13
Preis: ca. 60 Euro
System: PS4, Xbox One, PC
Erscheint: Erhältlich

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