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Review: Spider-Man – Schwarz, Symbiont und Blut

Wenn das rot-schwarze Gewissen lauter wird

Der Netzschwinger im Symbionten-Anzug feiert Jubiläum – und wir sind gerne mit Anlauf kopfüber hinterher. Dieses schicke Panini-Album im Großformat (Hardcover, ca. 23,4 × 33 cm, 136 Seiten) versammelt die komplette US-Mini Spider-Man: Black Suit & Blood #1–4 – eine Anthologie neuer Kurzgeschichten aus der wohl düstersten Ära von Peter Parker. Inszeniert werden sie im „Black, White & Blood“-Stil: reduzierte Farbpalette, maximaler Kontrast, atmosphärische Härte. Passend zum 40-jährigen Jubiläum des schwarzen Anzugs.

In jeweils abgeschlossenen Vignetten erleben wir Spider-Man im Alien-Anzug, oft mitten in den Achtzigern verortet – mal als psychologisches Kammerspiel, mal als ruppige Straßengeschichte. Alte Bekannte wie Mysterio, Shocker, Tombstone oder Morbius kreuzen seinen Weg; ebenso Weggefährten und Gegenspieler wie Black Cat, Daredevil und Bullseye. Auch Mary Jane bekommt ihren Moment – denn der Symbiont ist nicht nur ein Kostüm, sondern eine Versuchung. Spoilerfrei genug? Wir glauben schon.

Das Konzept: „Black, White & Blood“ – reduziert, aber nicht kleinlaut

Die Limitierung auf Schwarz, Weiß und akzentuiertes Rot ist kein Gimmick, sondern Programmatik: Schatten werden tiefer, Bewegungen kantiger, Moral grauer. Das passt perfekt zur Ambivalenz des Symbionten – er macht Peter schneller, stärker, kompromissloser. Die Anthologie feiert genau diese Reibung zwischen Verantwortung und Verführung, die den schwarzen Anzug seit seinem Debüt prägt.

Das Line-up ist ein kleines Who’s who aus Vergangenheit und Gegenwart: J.M. DeMatteis kehrt mit einer neuen Perspektive auf die Kraven’s Last Hunt-Ära zurück, J. Michael Straczynski setzt auf inneren Konflikt statt Krawall, Dan Jurgens erzählt klassisch-geradlinig, Al Ewing spielt mit Secret Wars-Mythos, G. Willow Wilson liefert einen raffinierten Black Cat-Heist – und David Michelinie erinnert daran, warum sein Name untrennbar mit Venom verknüpft ist. Visuell reicht das Spektrum von Elena Casagrande und Juann Cabal (präzise Dynamik) über Leonardo Romero (retro-klar) bis Dustin Nguyen (malerisch-fiebrig) und Hayden Sherman (kantig, nervös). Dass jede Ausgabe mehrere Kurzgeschichten bündelt, sorgt für Tempo – und ja, auch für die unvermeidliche Schwankung in Ton und Trefferquote.

Ton & Härtegrad: Mehr Noir als Splatter

Der Reihentitel schreit „Blut!“, die Hefte flüstern eher „Noir“. Heißt: Beklemmung, Paranoia, moralische Grauzonen – weniger Gedärme. Wer explizite Splatter-Symbionten erwartet, bekommt stattdessen stilisierte Intensität und psychologischen Druck. Uns gefällt dieser Ansatz, auch wenn die Erwartungshaltung mancher Leser:innen anfangs kollidieren dürfte.

Druck & Aufmachung

Das große Albumformat ist hier Gold wert: Linienarbeit, Flächen-Schwarz und die roten Akzente knallen sichtbar stärker als im Heftformat. Die deutsche Ausgabe von Panini Comics kommt als Hardcover-Anthologie mit allen vier US-Heften (#1–4); die Spezifikationen (HC, ca. 23,4 × 33 cm, 136 Seiten) und der faire Ladenpreis für ein lizenzstarkes Großformat (UVP um die 26 €) sind aus unserer Sicht gelungen – und für Sammler:innen wirkt das Teil im Regal genau so edel, wie man es sich wünscht.

Funktioniert das auch, wenn man Spider-Man „nur so“ mag?

Ja – weil die Geschichten bewusst zugänglich bleiben. Vorwissen erhöht den Spaß (Anspielungen auf Secret Wars, Kraven, Black Cat), ist aber keine Pflicht. Wer Spidey als leichtfüßigen Sprücheklopfer liebt, erlebt hier die kontrolliert-kalte Variante: witzig, wenn’s passt, aber mit bleiernem Nachhall. Für Symbiont– und Noir-Fans ohnehin Pflicht.

Kritik mit Spinnenseide

Anthologien leben von Vielfalt – und leiden an ihr. Ein, zwei Beiträge fühlen sich skizzenhaft an oder enden eine Seite zu früh; gelegentlich wünscht man sich einen stärkeren roten Faden zwischen den Miniaturen. Gleichzeitig gibt’s mehrere echte Höhepunkte, in denen Text und Bild die Palette perfekt nutzen und der schwarze Anzug nicht bloß Look, sondern Aussage ist. Dass die Reihe die 40-Jahre-Aura eher feiert als dekonstruiert, ist Geschmackssache – wir nehmen die stilistische Konsequenz gerne mit.

Meinung

Schwarz, Symbiont und Blut ist keine nackte Nostalgieshow, sondern ein sorgfältig kuratiertes Stimmungsbarometer für Spider-Man’s dunkelste Phase: formal pointiert, inhaltlich unterschiedlich gewichtet, insgesamt aber mit klarer Empfehlung – vor allem in Paninis großformatigem Hardcover, das den „Black, White & Blood“-Look buchstäblich größer denken lässt. Wer den Symbionten liebt, bekommt hier feine Facetten zwischen Versuchung und Verantwortung; wer Peter Parker lieber hell und leicht hat, entdeckt eine angenehm schattige Abkürzung durch die Ära.

Info
Seiten:  136 Seiten
Preis: ca. 26 Euro
Zeichner:Dustin Nguyen, Elena Casagrande, Juann Cabal, Leonardo Romero
Autor:
Dan Jurgens, J.M. DeMatteis, Alyssa Wong, J. Michael Straczynski, G.Willow Wilson, Al Ewing, David Michelinie
Verlag: Marvel/Panini

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