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Review: Spider-Man: Reign – Das Regime

Eine drastische Vision von Spider-Mans letzter Schlacht in einer Welt, die ihn nicht mehr braucht

Spider-Man gehört zu jenen Superhelden, deren Geschichten schon unzählige Male erzählt wurden – von humorvoll und leichtfüßig bis dramatisch und herzzerreißend. Doch mit Spider-Man: Reign wagte sich Autor und Zeichner Kaare Andrews Ende 2006 beziehungsweise Anfang 2007 auf einen besonders düsteren und mutigen Pfad. Die Miniserie zählt zu den umstrittensten Spider-Man-Geschichten überhaupt – nicht zuletzt, weil sie stilistisch und thematisch stark an Frank Millers legendäres Werk Batman: The Dark Knight Returns erinnert. Doch wie gelungen ist diese düstere Zukunftsvision rund um einen gealterten Peter Parker wirklich?

Spider-Man als gebrochener Held

Die Geschichte von Spider-Man: Reign spielt Jahrzehnte nach den klassischen Spider-Man-Abenteuern. Peter Parker ist alt, einsam und hat sich längst vom Heldendasein verabschiedet. New York ist zu einer düsteren, totalitären Stadt geworden, in der Bürgermeister Waters mit eiserner Faust regiert. Superhelden wurden verboten, der Alltag ist grau, unterdrückend und brutal. Parker lebt zurückgezogen und hat mit schwerwiegenden Schuldgefühlen zu kämpfen – insbesondere durch den tragischen Tod seiner großen Liebe Mary Jane Watson.

Kaare Andrews gelingt es eindrucksvoll, Peters innere Zerrissenheit darzustellen. Der Leser erlebt einen Spider-Man, der von Trauer, Reue und Versagensängsten regelrecht erdrückt wird. Diese psychologische Dimension ist tiefgründig ausgearbeitet und macht den Comic zu einer intensiven Charakterstudie.

Die dunkle Seite der Macht

Im Gegensatz zu vielen Spider-Man-Serien, die durch Leichtigkeit und Humor punkten, zeigt Spider-Man: Reign eine schonungslose Realität. New York ist kalt und menschenfeindlich geworden – eine dystopische Vision, in der die Polizei als skrupellose Vollstrecker einer tyrannischen Regierung auftritt. Die Atmosphäre erinnert bewusst an Millers Gotham aus Batman: The Dark Knight Returns, allerdings wirkt Andrews‘ Version weniger nuanciert. Manchmal fehlt es der Story hier an subtilen Zwischentönen, und die Gesellschaftskritik wirkt stellenweise etwas plakativ.

Zeichnungen mit markantem Stil

Visuell weiß Spider-Man: Reign definitiv zu überzeugen. Kaare Andrews‘ Zeichnungen sind rau, kantig und düster. Die Kolorierung wirkt bewusst blass und unterstreicht die depressive Grundstimmung des Comics. Actionsequenzen sind dynamisch umgesetzt, und besonders eindrucksvoll sind jene Panels, in denen die innere Welt von Peter Parker durch surreale, symbolhafte Bilder dargestellt wird. Die zeichnerische Gestaltung passt perfekt zur schweren Thematik und trägt wesentlich zur Gesamtwirkung der Serie bei.

Kontroversen und Diskussionen

Ein Grund, warum Spider-Man: Reign häufig diskutiert wurde und bis heute polarisiert, liegt in der Darstellung der Ursachen für Mary Janes Tod. Andrews traf hier eine erzählerische Entscheidung, die für viele Fans zu drastisch und verstörend wirkte. Gleichzeitig sorgte genau diese Kontroverse dafür, dass der Comic im Gedächtnis blieb. Ob man die kreative Wahl nun gelungen oder überzogen findet – sie beweist, dass Andrews bereit war, mutige Risiken einzugehen und Spider-Man erzählerisch neue Facetten abzugewinnen.

Das Vermächtnis eines Helden

Neben all der Düsternis und Tragik erzählt Spider-Man: Reign letztlich auch eine Geschichte von Erlösung und Hoffnung. Als sich die Unterdrückung zuspitzt und ein alter Feind wiederkehrt, muss sich Peter Parker seiner Vergangenheit und seiner Verantwortung stellen. Das Finale ist emotional intensiv und bietet Momente echter kathartischer Kraft. Andrews gelingt hier eine eindrucksvolle Verbindung aus klassischer Heldenreise und schonungsloser Dystopie.

Meinung: Mutig, düster und denkwürdig

Spider-Man: Reign ist sicherlich keine gewöhnliche Spider-Man-Geschichte. Sie ist rau, emotional schonungslos und bewusst kontrovers. Kaare Andrews erzählt mit beeindruckender Konsequenz von einem Helden, der weit über seine Grenzen hinausgetrieben wird und dabei tiefe Narben offenbart. Trotz vereinzelter Schwächen in der gesellschaftlichen Allegorie und der bewusst gewählten Provokation bleibt Spider-Man: Reign als kompromissloses und denkwürdiges Werk in Erinnerung. Wer bereit ist, Spider-Man von einer ganz anderen, düsteren Seite kennenzulernen, findet hier eine Geschichte, die nachhallt – lange nachdem die letzte Seite umgeblättert wurde.

Info
Seiten:  156 Seiten
Preis: ab 20 Euro
Zeichner: Kaare Andrews
Autor:
Kaare Andrews
Verlag: Marvel/Panini

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