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Review: Schneewittchen

Dass bei den Live-Action-Remakes von Disney-Klassikern im Vorfeld diskutiert wird, ist nichts Neues. Doch selten schwappten die Wellen im Meer der Fans so hoch wie im Fall von Schneewittchen. Auf sozialen Medien wurde heftig über Hautfarben, Kleinwüchsige, Wokeness, politische Aussagen der Hauptdarstellerinnen etc. diskutiert und kommentiert – und es war bewundernswert, wie viel Hass der Neuauflage einer beinahe 90-jährigen Disney-Version eines mehr als 200 Jahre alten Märchens entgegenbrannte. Wir haben uns angeschaut, ob sich die jüngste Variante der bekannten Märchen-Prinzessin gegen dieses Shitstorm-Ungemach behaupten kann.

Gerechtigkeit vor Schönheit

Bei Schneewittchen handelt es sich um eine jener Disney-Real-Verfilmungen, die weit vom Zeichentrick-Original abweichen und die Handlung um etliche frische Elemente erweitern. Dies beginnt schon in den ersten Minuten bei der Genese des ikonischen Namens der Protagonistin. Dieses Malist sie in einer rauen Winternacht geboren, was ihr das titelgebende „Schneewittchen“ einbringt. Jene Ausweitung bzw. Neuinterpretation des Stoffes setzt sich überdies in den grundlegenden Motivationen der Figuren fort: „Mirror, Mirror on the Wall – who is the fairest of them all?“ lautete die berühmte Frage der bösen Königin bereits 1937 und erkundigte sich damals in antiquierter Ausdrucksweise nach „Schönheit“. Im Jahr 2025 verstehen wir aber unter „Fairness“ eher „Gerechtigkeit“ – und den Sinn dafür hat Schneewittchen (Rachel Zegler) deutlich ausgeprägter als die böse Königin (Gal Gadot), die ihre Widersacher und Widersacherinnen gerne mal ermorden oder einkerkern lässt. 

Von den ersten Minuten des Films an geht es darum zu teilen, gut zu sein sowie Ungerechtigkeiten zu erkennen – und den Mut zu haben, diese anzusprechen. Es beginnt mit einer fulminant gesungenen und getanzten Eröffnungssequenz, in der Schneewittchens Eltern gemeinsam mit ihrer Tochter Apfelkuchen für das Dorf backen und bei einem Festmahl verspeisen. Und kurz darauf stellt sich das verwaiste und zur Dienerin degradierte Schneewittchen gegen ihre fieseStiefmutter, weil diese unfair handelt, wodurch der magische Spiegel auf sie aufmerksam und der klassische „Spieglein, Spieglein an der Wand …“-Plot losgetreten wird. 

Giftapfel & Küsse

In puncto Grundgerüst ist der Film mit seinen Elementen nah am Bekannten: der mit dem Mord beauftragte Jäger, die Zwerge, die hilfreichen Tiere, der Apfel, der Kuss – man muss nichts missen – darf sich aber über neue Story-Elemente freuen: Auf ihrer Reise, dem Königreich wieder Gerechtigkeit zu bringen, bekommt es die Heldin mit dem smarten Räuberhauptmann Jonathan (Andrew Burnap) und seiner bunt zusammengewürfelten siebenköpfigen Gang zu tun (Diese kennt man schon von den ersten geleakten Set-Fotos.). Der charmante Robin-Hood-Verschnitt übernimmt die Rolle des Prinzen und hat gemeinsam mit Schneewittchen eine moderne und interessante Dynamik – sowie mitreißende Gesangseinlagen. Dabei macht er seine Sache ebenso überzeugend wie Rachel Zegler als das liebenswerte, aber selbstbestimmte Schneewittchen und Gal Gadot als die böse Königin. Und auch die Sprecher der digitalen Zwerge vermögen es, Emotionen und Witz ins kunterbunte Märchentreiben zu bringen. Und das bringt uns auch schon zu den visuellen und auditiven Elementen des Streifens.

 

Top Disney-Look & -Feel

Visuell ist der Film Disney pur: Regisseur Mark Webb (The Amazing Spider Man) setzte bei der Produktion sichtbar auf reichausgestaltete, imposant gebaute Sets. Ein lebendiger Dorfplatz und das knarrige Zwergenhaus auf der idyllischen Waldlichtung schauen so stimmungsvoll aus, dass man gern selbst dort verweilen würde.  Aber auch die Kostüme und die CGI-Landschaften sowie -Tiere – überall sieht man die Liebe zum Detail und zur Materie. Wenn knuffige Igel, Vögelchen, Hasen und Eichhörnchen mit großäugigen Rehen gemeinsam um die Gunst von Schneewittchen wettsüßen, weiß man, dass man in einem Disney-Film sitzt. Einzig bei den Zwergen scheiden sich vermutlich die Geister, ob diese nun gruselig aussehen oder nicht. Fakt ist: Die sieben Gesellen sind computergenerierte Zwerge, die sich sehr nah an ihre Zeichentrick-Vorlagen halten. Und kleine bärtige Fabelwesen mit übergroßen Nasen und Mützen, die in Höhlen nach Schätzen schürfen, sind eben nicht auf dem Niedlichkeits-Niveau eines Baby-Löwen. Diese sieben Kerle aus dem Rechner schrammen knapp am Uncanny-Valley-Effekt vorbei, man gewöhnt sich aber rasch an ihr Erscheinungsbild. Und spätestens in den herzerwärmenden Momenten zwischen Schneewittchen und dem jüngsten Zwerg Seppl vergisst man als Publikum vor lauter Glückseligkeit, dass es sich dabei um keinen echten Schauspieler handelt. 

Apropos Glückseligkeit: Ein großer Teil der gelungenen Atmosphäre entspringt der begeisternden Musik des Films. Der Soundtrack glänzt mit einer ausgewogenen Mischung von bekannten Liedern wie „Heigh Ho“ sowie „The Silly Song“ und neuen Songs aus der Feder des melodischen Duos Pasek and Paul, die schon für die catchy Lieder aus La La Land, The Greatest Showman, Dear Evan Hansen oder den Song „Speechless“ aus der Real-Verfilmung von Aladdin verantwortlich zeichneten. Eine Wohltat, denn anders als bei Vaiana 2 wird man Songs wie „Waiting on a Wish“ oder „Good Things Grow“ auch nach dem Kinobesuch noch beschwingt nachpfeifen. 

Die – medial kolportiert – turbulente Produktion merkt man dem Endprodukt übrigens nur an, wenn man die Berichte dazu genau verfolgt hat. So wundert man sich dann z.B. warum es neben den CGI-Zwergen mit den sieben Banditen aus dem Gefolge von Jonathan quasi noch ein zweites Set an „Zwergen“ gibt, die eigentlich kaum Relevanz für die Handlung besitzen. Und auch manche klassische Handlungspunkte (Stichwort: Apfel) wirken in Anbetracht der sonst sehr schlau agierenden Hauptfigur gegen Ende ein ganz klein wenig gezwungen in die Geschichte integriert, sodass der Eindruck größerer Änderungen im Schneideraum entstehen könnte. Unterm Strich ist der Film allerdings in sich stimmig und das unvoreingenommene Publikum kann sich auf pure Disney-Magie einstellen.

Schneewittchen startet am 20. März in den heimischen Kinos!

Fazit

Wertung

Es macht mich froh, dass sich Schneewittchen trotz der turbulenten Produktion und dem teils großen Hass mancher „Disney-Fans“ als rundes Werk präsentiert, das unterhaltsam und musikalisch toll seine lobenswerte Botschaft vermittelt. Zwietracht und Ungerechtigkeit bringen uns als Gesellschaft halt nicht weiter – vielleicht nehmen sich das auch so manche Social-Media-Nutzende zu Herzen und geben dem Film bei seinem Release eine faire Chance. Also ab ins Kino und die frischeste Version dieses mehrere Hunderte Jahre alten Märchens genießen. Eltern sollten jedoch abwägen, allzu junge Kids mit in die Vorstellung zu nehmen: Wenn der Jäger etwa mit sich ringt, ob er den Auftrag, Schneewittchen zu ermorden, erledigen soll, und weitere düstere Elemente könnten im Dunkeln und Lärm eines Kinosaals zu viel für die ganz Kleinen werden.

Kurzinformationen
Land, Jahr: USA, 2025
Filmlänge: 109 Minuten
Genre: Fantasy/Märchen
Regie: Marc Webb

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